Ernst Wilhelm Nay – Rhythmus im Einklang

Ernst Wilhelm Nay Einklang Auktion am 27.11.2018

Ernst Wilhelm Nay gehört zu den wichtigsten deutschen Vertretern der Nachkriegskunst. Seine „Rhythmischen Bilder“ bedeuten die endgültige Abkehr des Künstlers von der gegenständlichen Kunst – so auch das zur Auktion kommende Werk „Einklang“ von 1953.

Von Petra Schäpers und Susanne Zimmermann

Ernst-Wilhelm Nay, Einklang , 1953, Öl auf Leinwand, 100 x 120 cm Schätzwert € 200.000 – 300.000

Befreiung von der Gegenständlichkeit

Ernst Wilhelm Nay (1902–1968) gehört jener Künstlergeneration an, deren Œuvre sich von der Gegenständlichkeit vor dem Zweiten Weltkrieg, in dem es zu einer Verfemung ihres Werkes kam, hin zur abstrakten Kunst entwickelte.

Er verstand es, seine durchkonstruierte Theorie der Malerei in eine meisterhaft freie Setzung der Farbe umzuwandeln. Für Nay war die schöpferische Theorie niemals eine Fessel, sondern ein Regulativ für das „Machen“ des Bildes – „Bilder kommen aus Bildern“ (Nay 1962).

Im Nationalsozialismus als „entartet“ diffamiert, verbrachte Nay Zeit im Ausland, auf den norwegischen Lofoten. Mit den frühen Lofoten- und Hekate-Bildern, benannt nach einem mythologisch geprägten Bild des Künstlers, bewegte sich Ernst Wilhelm Nay in den 1940er- und 1950er-Jahren noch im expressionistisch-surrealistischen Bereich der Malerei, wobei das Figürliche zugunsten des Ausdrucks der reinen Farbe immer weiter in den Hintergrund drängte.

Der Umzug 1951 aus dem ländlichen Taunus in das in Wiederaufbau- und Aufbruchstimmung befindliche Köln bewirkte bei Nay die endgültige Befreiung von allen gegenständlichen Bildformen. 

Einklang

Das Werk „Einklang“ von 1953 ist der Phase der „Rhythmischen Bilder“ zuzuordnen.
Das kompositorische Prinzip steht bei dieser Serie ab 1952 im Vordergrund. Der bewegte Rhythmus der Serie drückt sich in kleineren, vereinzelt und in Relation gesetzten elementaren Farbformen aus, die von den schwarzen Linienstrukturen taktgebend umspielt werden.

Die Primärfarben Blau, Gelb und Rot bilden bei „Einklang“ den Auftakt im oberen linken Bilddrittel. Die auf die Fläche getupften roten ovalen Formen treffen auf ein kaltes Grün, das durch den schwarzen Tupfen mittig wiederum in Verbindung mit den zwei dunkelblauen Farbformen steht. Unterstrichen wird die Verbindung durch das durchlaufende schwarze Liniengefüge.

Das Goldocker ist das verbindende Element der kalten und warmen Farben und verknüpft die einzelnen Form- und Farbelemente miteinander. Die auf die schwarzen Flächen aufgelegten kleinteiligen weißen Strichformen führen zu einer flüchtigen Beunruhigung der Komposition, ähnlich einem Staccato in der Musik.

Zitat Ernst Wilhelm Nay

Komposition

Durch die intensive Auseinandersetzung mit klassischer, aber auch mit progressiver Musik tritt das improvisatorische Element immer weiter in den Hintergrund, aus der strengen Komposition ergibt sich eine Staffelung des Flächenreliefs.

Der Gestaltwert der Farbe – so auch der Titel von Nays theoretischem Manifest von 1955 – spielt in seinen „Rhythmischen Bildern“ eine ausschlaggebende Rolle. Der erste Farbtupfen, den Nay setzt, macht aus der Fläche einen Grund; kommt ein zweiter hinzu, wird der Illusionswert der Farbe sichtbar.

Über seine Arbeiten zu Beginn der 1950er schreibt Nay 1955 in seinem Manifest:

„Warm und Kalt stehen sich im Verhältnis 3:2 gegenüber. […] die Balance der gesamten Farbfläche entwickelt sich durch Greifen und Hinübergreifen der Farben zu einander. Eine Farbkomposition entsteht.“

AUKTIONEN

Post-War und Zeitgenössische Kunst I
27. November 2018, 18 Uhr
Palais Dorotheum Wien

Post-War und Zeitgenössische Kunst II
29. November 2018, 17 Uhr
Palais Dorotheum Wien

Besichtigung ab 17. November 2018

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