Martin Kippenberger: Ein Dinosaurier-Ei

Martin Kippenberger Ei

Seit den achtziger Jahren wird das Ei zum Symbol in den Werken Martin Kippenbergers und zugleich ist es das Symbol für den Schutz des ungeborenen Lebens und der Fruchtbarkeit. Das Dinosaurierbaby in seinem Ei symbolisiert zugleich die Ewigkeit, das Werden von Fossilen und Monstern und ist damit ein Rückgriff auf eine längst vergangene Urzeit, die Kippenberger mit diesem Gemälde deutlich in das Jetzt holt. Im Mai 1996 brachte die National Geographic Society eine Ausgabe mit dem Titel ‚Dinosaur Eggs‘ heraus. (National Geographic, vol 189, no 5). In dem Artikel werden zahlreiche Repliken von Dinosauriereiern der Modellbauer Brian Cooliy und Marr R. Smith abgebildet. Eines der dort abgebildeten Eier scheint Martin Kippenberger so fasziniert zu haben, dass er es zur Vorlage des Dinosaurier-Eies in dem vorliegenden Bild „Ohne-Titel“ machte.

 

Martin Kippenberger: „Der Eiermann und seine Ableger“

Diese Ur-Eier-Motive integriert er selbstverständlich in seine große Sammlung an „Eier-Material“, um sie als weitere Vorlagen für seine Eier-Bilder zu verwenden, sowie als zusätzliches Abbildungsmaterial für den Katalog zur Ausstellung „Der Eiermann und seine Ableger“ 1997 im Städtischen Museum Abteiberg in Mönchengladbach. Diese Ausstellung zeigt, wie Kippenberger aus einem scheinbar einfachen Motiv ein überaus buntes, vielseitiges und facettenreiches künstlerisches Universum zu entfalten verstand. Zudem wird in der Ausstellung deutlich, auf welch mannigfaltigste Weise er das Ei verarbeitete, mal als das Hühnerei in Schale, wie auch auf seinem Dreirad, als Spiegelei, als Ei das mit Inhalt gefüllt ist und Schutz bietet für das ungeborene Leben und auch das Ei aus der Werbung adaptiert er für seine Kunst.

Plakat zur Ausstellung, 1997
Plakat zur Ausstellung, 1997

Einfach ein Ei?

Das einfache Gebilde des weißen Eies, eine Keimzelle des Lebens, das in seinem Inneren, die faszinierendsten biologischen und physikalischen Vorgänge birgt, macht Kippenberger um 1996 zum Schlüsselmotiv seiner Kunst und auch zum Schlüsselmotiv seines Selbst. Das Ei ist somit nicht nur ein einfaches Motiv mit viel Inhalt, den kleinen Dinosaurier sieht Manfred Hermes als Selbstporträt Kippenbergers.

 

Traumhaft geborgene Lebendigkeit

Das „Bild zeigt den pränatalen Zustand eines ausgestorbenen Tiers, ein Fossil in traumhaft geborgener Lebendigkeit. Wenn es zutrifft, dass das Motiv Ei bei Kippenberger ganz vom Körper her gedacht ist, dann wäre damit vor allem der konkrete Bezug auf sich selbst als Person und Künstler gemeint.“ (Manfred Hermes, Das Ovale im Eckigen, in: Dorotheum my Art Magazine Nr. 10, Wien 2017, S. 9)
Neben dem Ei sind die Laternen in Kippenbergers Werken eines der zentralen Motive. Die besoffene Laterne ist für den Maler Symbol des Alkoholismus, des Nachtschwärmers und fröhlich, komischen Nachtmenschen, der sowohl im/ mit/ am Alkohol wie auch an dem Mast der Laterne Halt und Trost findet. Einen ganz gezielten Hinweis auf den Alkoholkonsum gibt Kippenberger dem Betrachter, indem er den Torso seines Strichmännchens in Form eines Bierkrugs gestaltet.
Der sich an der Laterne festhaltende Nachtschwärmer, vermutlich ebenfalls ein Selbstporträt, diesmal als Strichmännchen, das sich an eine sehr geradestehende ‚nüchterne‘ Laterne anschmiegt wird in dem Gemälde als Gegenpart zu dem Schutz suchenden Dinosaurierbaby in seinem Ei, umschlossen von lebens- und kraftgebenden Materialien, dargestellt.

„Die Kunst war nicht Abbild seines Lebens, sie war sein Leben“

… so sah Kippenberger sein Wirken bis zuletzt.

Manch schwer erträgliche Lebensphase wird von ihm in ein heiteres Bildmotiv verwandelt, das aber zugleich Hinweis auf die drastische und unbarmherzige Seite des Lebens gibt. Bis zu Letzt war Martin Kippenberger daran gelegen allen Widrigkeiten des Lebens ein farbiges buntes Bild abzugewinnen, das seine eigene Komik und seinen immer positiven Charakter nur allzu deutlich verbildlichte.

 

Bild oben:

Martin Kippenberger
Ohne Titel, 1996
Öl auf Leinwand, 120 x 120 cm
erzielter Preis € 430.742

Information: Petra Schäpers, Expertin für moderne und zeitgenössische Kunst

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