Lot Nr. 17


Lombardische Schule, spätes 15. oder frühes 16. Jahrhundert


Lombardische Schule, spätes 15. oder frühes 16. Jahrhundert - Alte Meister

Madonna mit Kind und den Heiligen Petrus, Ambrosius, Klara von Montefalco und einem nicht identifizierten Heiligen, möglicherweise Josef von Arimathäa, sowie einem Stifter,
Tempera auf Holz, 92,5 x 146,5 cm, gerahmt

Das vorliegende Gemälde war möglicherweise einmal ein Triptychon und wurde später als Einzelbild gerahmt (1956 wurde mit Bramantinos sogenanntem Triptychon von San Michele in der Ambrosiana in Mailand ähnlich verfahren). Das Bild entspricht dem lang gestreckten Querformat einer Sacra Conversazione mit der Madonna im Zentrum, neben der ein Stifter kniet, der hier vom heiligen Ambrosius präsentiert wird; der Heilige lässt vermuten, dass der Stifter aus Mailand kam. Auch der Stil des Gemäldes weist eindeutig auf seinen Ursprung in der Lombardei: vermutlich in das Gebiet um Lodigiana bei Pavia. Der Heilige außen rechts der Madonna ist schwer zu identifizieren; seine genaue Bestimmung mag weitere Auskunft über die ursprüngliche Provenienz des Gemäldes geben. Vorläufig könnte man in ihm Josef von Arimathäa sehen, der sein Grab für die Beisetzung Christi zur Verfügung gestellt hatte. Tatsächlich wird er oft im orientalischen Gewand und mit Turban dargestellt, und fast immer ist ihm eine Monstranz beigegeben, in der die heilige Hostie als Zeichen für das Opfer Christi aufbewahrt wird.

Im vorliegenden Werk ist deutlich der stilistische Einfluss Bergognones zu spüren, der mehrere Jahre im Kloster von Certosa di Pavia tätig war: Auch dieser Umstand weist darauf hin, dass der Maler aus dem Gebiet um Pavia stammte.

Mauro Lucco, dem wir für seine Unterstützung danken, hat einen Vergleich mit Bernardino Fasolos großem Polyptychon für den Hochaltar der neu errichteten Kirche von Cassano d’Adda vorgeschlagen. Er sieht Parallelen zwischen der Gestalt des heiligen Ambrosius im vorliegenden Gemälde und einer Figur im Altarbild von Cassano. Zudem weist Lucco auf Ähnlichkeiten in der Gestaltung der Wolken und auf die vergleichbaren Gesichtstypen der heiligen Klara im vorliegenden Gemälde und der Madonna der Geburt Christi im Zentrum des Polyptychons hin. Darüber hinaus zeigen die auf dem Boden ausgebreiteten Faltenwürfe und die kleinen sichtbaren Bereiche des dunstigen Landschaftshintergrunds eine ähnliche Auffassung. Als das Polyptychon 1565 bei einem Pastoralbesuch in der Kirche von Cassano d’Adda dokumentiert wurde, befand sich am Saum des Mantels der Madonna die Signatur Bernardino Fasolos. Heute ist diese nur mehr fragmentarisch erkannbar, doch noch 1852 war sie für Ignazio Cantù deutlich lesbar (siehe Vicende della Brianza, Mailand 1852, I, S. 290/291). Die Datierung „1516“ ist mittlerweile gänzlich verschwunden.

Bernardino Fasolo (Pavia, um 1485 – nach 1526/vor 1528 Genua) war der Sohn des ebenfalls als Maler tätigen Lorenzo Fasolo. Um 1495 folgte er seinem Vater nach Genua, 1515 ist seine Tätigkeit im Kloster von San Sebastiano in Pavia dokumentiert. In diesem Jahr führte Fasolo möglicherweise auch das Triptychon von San Francesco aus, das ihm von Cavalcaselle zugeschrieben wird (siehe A History of Painting in North Italy, London 1871, II, S. 72), während Marco Tanzi eine versuchsweise Zuschreibung an den Cremoneser Künstler Bernardino Gatti, genannt Il Sojaro, vorschlägt (in: Pittura a Pavia dal Romanico al settecento, Mailand 1988, S. 225). Die Figuren im vorliegenden Gemälde lassen sich auch mit jenen in Fasolos Gemälde Madonna mit Kind im Louvre vergleichen, das signiert und mit 1518 datiert ist, ebenso mit einer signierten und mit 1521 datierten Geburt Christi mit Heiligen in der Pinacoteca Malaspina in Pavia. In diesem wie im vorliegenden Gemälde ist auch der Einfluss Luca Baudos erkennbar. Bernardino Fasolo übernahm 1511 Baudos Werkstatt in Genua. Urkunden belegen, das Fasolo am 8. November 1526 noch lebte, doch muss er der Pest von 1528 zum Opfer gefallen sein, da er danach nicht mehr dokumentiert ist.

Wir danken Mauro Lucco für seine Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes.

Technische Untersuchung
Das vorliegende Gemälde weist eine freihändig mit dem Pinsel ausgeführte Unterzeichnung der Umrisse auf. Die wenigen Schraffuren treten vor allem in den Inkarnaten, im Thron und im roten Gewand der Madonna zutage. Die Komposition scheint ohne Übertragungsmethoden wie Kartons oder Pauspapier ausgeführt. Mittels IRR sind kleine Veränderungen zu erkennen.

Die spektroskopische Untersuchung (VIS-RS) befundet folgende Pigmente: Azurit für die Blautöne, Zinnober und Rotlack für die Rottöne, Grünspan, Ocker und vermutlich Auripigment/Realgar für den orange-braunen Mantel des heiligen Petrus.

Wir danken Gianluca Poldi für die technische Untersuchung des vorliegenden Gemäldes.

25.04.2017 - 18:00

Schätzwert:
EUR 150.000,- bis EUR 180.000,-

Lombardische Schule, spätes 15. oder frühes 16. Jahrhundert


Madonna mit Kind und den Heiligen Petrus, Ambrosius, Klara von Montefalco und einem nicht identifizierten Heiligen, möglicherweise Josef von Arimathäa, sowie einem Stifter,
Tempera auf Holz, 92,5 x 146,5 cm, gerahmt

Das vorliegende Gemälde war möglicherweise einmal ein Triptychon und wurde später als Einzelbild gerahmt (1956 wurde mit Bramantinos sogenanntem Triptychon von San Michele in der Ambrosiana in Mailand ähnlich verfahren). Das Bild entspricht dem lang gestreckten Querformat einer Sacra Conversazione mit der Madonna im Zentrum, neben der ein Stifter kniet, der hier vom heiligen Ambrosius präsentiert wird; der Heilige lässt vermuten, dass der Stifter aus Mailand kam. Auch der Stil des Gemäldes weist eindeutig auf seinen Ursprung in der Lombardei: vermutlich in das Gebiet um Lodigiana bei Pavia. Der Heilige außen rechts der Madonna ist schwer zu identifizieren; seine genaue Bestimmung mag weitere Auskunft über die ursprüngliche Provenienz des Gemäldes geben. Vorläufig könnte man in ihm Josef von Arimathäa sehen, der sein Grab für die Beisetzung Christi zur Verfügung gestellt hatte. Tatsächlich wird er oft im orientalischen Gewand und mit Turban dargestellt, und fast immer ist ihm eine Monstranz beigegeben, in der die heilige Hostie als Zeichen für das Opfer Christi aufbewahrt wird.

Im vorliegenden Werk ist deutlich der stilistische Einfluss Bergognones zu spüren, der mehrere Jahre im Kloster von Certosa di Pavia tätig war: Auch dieser Umstand weist darauf hin, dass der Maler aus dem Gebiet um Pavia stammte.

Mauro Lucco, dem wir für seine Unterstützung danken, hat einen Vergleich mit Bernardino Fasolos großem Polyptychon für den Hochaltar der neu errichteten Kirche von Cassano d’Adda vorgeschlagen. Er sieht Parallelen zwischen der Gestalt des heiligen Ambrosius im vorliegenden Gemälde und einer Figur im Altarbild von Cassano. Zudem weist Lucco auf Ähnlichkeiten in der Gestaltung der Wolken und auf die vergleichbaren Gesichtstypen der heiligen Klara im vorliegenden Gemälde und der Madonna der Geburt Christi im Zentrum des Polyptychons hin. Darüber hinaus zeigen die auf dem Boden ausgebreiteten Faltenwürfe und die kleinen sichtbaren Bereiche des dunstigen Landschaftshintergrunds eine ähnliche Auffassung. Als das Polyptychon 1565 bei einem Pastoralbesuch in der Kirche von Cassano d’Adda dokumentiert wurde, befand sich am Saum des Mantels der Madonna die Signatur Bernardino Fasolos. Heute ist diese nur mehr fragmentarisch erkannbar, doch noch 1852 war sie für Ignazio Cantù deutlich lesbar (siehe Vicende della Brianza, Mailand 1852, I, S. 290/291). Die Datierung „1516“ ist mittlerweile gänzlich verschwunden.

Bernardino Fasolo (Pavia, um 1485 – nach 1526/vor 1528 Genua) war der Sohn des ebenfalls als Maler tätigen Lorenzo Fasolo. Um 1495 folgte er seinem Vater nach Genua, 1515 ist seine Tätigkeit im Kloster von San Sebastiano in Pavia dokumentiert. In diesem Jahr führte Fasolo möglicherweise auch das Triptychon von San Francesco aus, das ihm von Cavalcaselle zugeschrieben wird (siehe A History of Painting in North Italy, London 1871, II, S. 72), während Marco Tanzi eine versuchsweise Zuschreibung an den Cremoneser Künstler Bernardino Gatti, genannt Il Sojaro, vorschlägt (in: Pittura a Pavia dal Romanico al settecento, Mailand 1988, S. 225). Die Figuren im vorliegenden Gemälde lassen sich auch mit jenen in Fasolos Gemälde Madonna mit Kind im Louvre vergleichen, das signiert und mit 1518 datiert ist, ebenso mit einer signierten und mit 1521 datierten Geburt Christi mit Heiligen in der Pinacoteca Malaspina in Pavia. In diesem wie im vorliegenden Gemälde ist auch der Einfluss Luca Baudos erkennbar. Bernardino Fasolo übernahm 1511 Baudos Werkstatt in Genua. Urkunden belegen, das Fasolo am 8. November 1526 noch lebte, doch muss er der Pest von 1528 zum Opfer gefallen sein, da er danach nicht mehr dokumentiert ist.

Wir danken Mauro Lucco für seine Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes.

Technische Untersuchung
Das vorliegende Gemälde weist eine freihändig mit dem Pinsel ausgeführte Unterzeichnung der Umrisse auf. Die wenigen Schraffuren treten vor allem in den Inkarnaten, im Thron und im roten Gewand der Madonna zutage. Die Komposition scheint ohne Übertragungsmethoden wie Kartons oder Pauspapier ausgeführt. Mittels IRR sind kleine Veränderungen zu erkennen.

Die spektroskopische Untersuchung (VIS-RS) befundet folgende Pigmente: Azurit für die Blautöne, Zinnober und Rotlack für die Rottöne, Grünspan, Ocker und vermutlich Auripigment/Realgar für den orange-braunen Mantel des heiligen Petrus.

Wir danken Gianluca Poldi für die technische Untersuchung des vorliegenden Gemäldes.


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+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 25.04.2017 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 15.04. - 25.04.2017