Lot Nr. 82


Kota (oder Bakota), Gabun, Republik Kongo: Ein seltener, großer und sehr alter Reliquien-Wächter ‘Mbulu Ngulu’. Typ: Obamba. 19. Jahrhundert.


Kota (oder Bakota), Gabun, Republik Kongo: Ein seltener, großer und sehr alter Reliquien-Wächter ‘Mbulu Ngulu’. Typ: Obamba. 19. Jahrhundert. - Tribal Art

Die Kota(oder Bakota) leben im Osten und Südosten von Gabun, ein kleiner Teil auch im Kongo. Die ursprüngliche Religion der Kota war ein ausgeprägter Ahnenkult.
Die Schädel bedeutender Häuptlinge und Klangründer wurden mit anderen ErinnerungsStücken in große Körbe gelegt.
Diese Körbe wurden verschlossen und in eigenen Hütten aufbewahrt. Wurde das Dorf verlegt, kamen die Körbe mit den Knochen der Ahnen mit und im neuen Dorf wurde für sie wieder ein eigener ‘Schrein’ errichtet.

Die Reliquien-Wächter:
Auf jedem dieser Körbe mit den Ahnen-Knochen ‘saß’ ein Reliquien-Wächter, der ‘Mbulu Ngulu’ (‘Reliquienkorb mit Figur’). Sie waren aus Holz geschnitzt und mit Messingund/oder Kupfer-Platten (oder -Lamellen) beschlagen. Diese Figuren ragten aus jedem Korb. Ihre unteren Rauten reichten in den Behälter hinein und wurden dort befestigt. Sinn dieser ‘Wächter’ war es, dass kein Unbefugter die Ruhe der Ahnen stört!
Nur für wichtige Zeremonien wurden die ‘Wächter’ abgenommen, die Körbe geöffnet, die Reliquien präsentiert, erklärt und verehrt. Man nimmt heute allgemein an, dass der Ahnenkult der Kota, mit den Körben und den berühmten Reliquien-Wächtern, im 18. Jahrhundert entstanden und um 1940 erloschen ist.

‘Ikonen’ der modernen Kunst:
Seit gegen Ende des 19. Jh. s die ersten Reliquien-Wächter der Kota nach Europa kamen, gehörten sie zu den begehrtesten SammlerStücken im Bereich der afrikanischen Kunst. Bis heute! Besonders die Künstler der ‘Klassischen Moderne’, im Paris des frühen 20. Jh. s, waren von der radikalen Abstraktion des menschlichen Körpers bei den ‘Mbulu Ngulu’ der Kota fasziniert. ‘Superstar’ Pablo Picasso hatte einen großen Reliquien-Wächter in seiner Sammlung. Alberto Giacometti hatte einen und auch der kubistische Maler und Picasso-Freund Juan Gris war davon so begeistert, dass er sich 1922 selbst einen ‘Mbulu Ngulu’ aus braunem Karton bastelte.

Ein sehr altes Stück:
Der vorliegende, große (69 cm) und typische Reliquien-Wächter stammt wohl aus dem Süden des Siedlungs-Gebietes der Kota (Oberlauf des Ogowe-Flusses) und ist der Untergruppe Kota-Obamba zuzuordnen. Sein ‘Körper’ ist aus einem Stück, samt der unteren Raute, aus hartem, braunem Holz geschnitzt und schwarz gefärbt. Das lang-ovale, nach innen konkav gewölbte Gesicht ist von der Fläche der halbmondförmigen ‘Frisur’ oben und von den seitlichen ‘Wangen’ etwas hervorgehoben (ca. 2 bis 3 cm). Das Gesicht trägt mandelförmige Augen und eine kurze, hervortretende Nase mit dreieckigem Querschnitt, alles aus Messing. Zudem ist das Gesicht durch je einen senkrechten und einen waagrechten Messing-Streifen in vier Sektoren geteilt. In diesen Teilen bilden fein linierte Kupfer-Platten ein ‘Sonnenstrahlen-Motiv’ (keine Kupfer-Lamellen!). Auch der flache Messing-Beschlag an ‘Frisur’ und ‘Wangen’ ist an seinen Rändern mit linearen Bändern im Relief dekoriert und zeigt altersbedingte, kleine Risse und Knicke. Die beiden Fortsätze unter den ‘Wangen’ sind mit Messingblech ummantelt. Hals und Schultern sind mit Rauten verziert. Die Rückseite des Objektes hat keinen Metall-Beschlag und zeigt eine senkrechte, erhabene Raute mit einem linear beschnitzten Quer-Wulst. Auf der Rückseite befinden sich auch zwei alte Sammlungs-Etiketten und ein früher Ausbruch (oben), der mit einer alten Original-Reparatur fixiert worden ist. Besonders die Rückseite, wie auch die freien Holz-Teile an der unteren Raute, beweisen das hohe Alter dieses Reliquien-Wächters mit ihrer eindrucksvollen, teils leicht krustigen, natürlich ‘gewachsenen’ Patina. Zweifellos ein ‘museales’ Objekt!
H: 69 cm; B: 38 cm.
19. Jahrhundert.

Provenienz:
Nach Angaben der Einbringer aus der Sammlung des belgischen Ethnologen Frans M. Olbrechts (1899–1958); dann: Sammlung Stephan L., München; dann: Galerie von Miller, Frankfurt; dann: Deutsche Privatsammlung.(ME)

Lit.:
‘Chefs-d’oeuvres d’Afrique, dans les collections du Musée Dapper’, Musée Dapper Paris, Abb. S. 42; ‘Ancestral Art of Gabon’ von Louis Perrois, Abb. S. 191, 192; ‘L’Art Kota’ von Alain & Francoise Chaffin, Abb. S. 169, 170, 171, 174; ‘Eternal Ancestors’, Metropolitan Museum of Art New York, von Alisa Lagamma, Abb. S. 259; u. v. a.

Experte: Prof. Erwin Melchardt Prof. Erwin Melchardt
+43-1-515 60-465

erwin.melchardt@dorotheum.at

20.02.2017 - 14:00

Rufpreis:
EUR 30.000,-

Kota (oder Bakota), Gabun, Republik Kongo: Ein seltener, großer und sehr alter Reliquien-Wächter ‘Mbulu Ngulu’. Typ: Obamba. 19. Jahrhundert.


Die Kota(oder Bakota) leben im Osten und Südosten von Gabun, ein kleiner Teil auch im Kongo. Die ursprüngliche Religion der Kota war ein ausgeprägter Ahnenkult.
Die Schädel bedeutender Häuptlinge und Klangründer wurden mit anderen ErinnerungsStücken in große Körbe gelegt.
Diese Körbe wurden verschlossen und in eigenen Hütten aufbewahrt. Wurde das Dorf verlegt, kamen die Körbe mit den Knochen der Ahnen mit und im neuen Dorf wurde für sie wieder ein eigener ‘Schrein’ errichtet.

Die Reliquien-Wächter:
Auf jedem dieser Körbe mit den Ahnen-Knochen ‘saß’ ein Reliquien-Wächter, der ‘Mbulu Ngulu’ (‘Reliquienkorb mit Figur’). Sie waren aus Holz geschnitzt und mit Messingund/oder Kupfer-Platten (oder -Lamellen) beschlagen. Diese Figuren ragten aus jedem Korb. Ihre unteren Rauten reichten in den Behälter hinein und wurden dort befestigt. Sinn dieser ‘Wächter’ war es, dass kein Unbefugter die Ruhe der Ahnen stört!
Nur für wichtige Zeremonien wurden die ‘Wächter’ abgenommen, die Körbe geöffnet, die Reliquien präsentiert, erklärt und verehrt. Man nimmt heute allgemein an, dass der Ahnenkult der Kota, mit den Körben und den berühmten Reliquien-Wächtern, im 18. Jahrhundert entstanden und um 1940 erloschen ist.

‘Ikonen’ der modernen Kunst:
Seit gegen Ende des 19. Jh. s die ersten Reliquien-Wächter der Kota nach Europa kamen, gehörten sie zu den begehrtesten SammlerStücken im Bereich der afrikanischen Kunst. Bis heute! Besonders die Künstler der ‘Klassischen Moderne’, im Paris des frühen 20. Jh. s, waren von der radikalen Abstraktion des menschlichen Körpers bei den ‘Mbulu Ngulu’ der Kota fasziniert. ‘Superstar’ Pablo Picasso hatte einen großen Reliquien-Wächter in seiner Sammlung. Alberto Giacometti hatte einen und auch der kubistische Maler und Picasso-Freund Juan Gris war davon so begeistert, dass er sich 1922 selbst einen ‘Mbulu Ngulu’ aus braunem Karton bastelte.

Ein sehr altes Stück:
Der vorliegende, große (69 cm) und typische Reliquien-Wächter stammt wohl aus dem Süden des Siedlungs-Gebietes der Kota (Oberlauf des Ogowe-Flusses) und ist der Untergruppe Kota-Obamba zuzuordnen. Sein ‘Körper’ ist aus einem Stück, samt der unteren Raute, aus hartem, braunem Holz geschnitzt und schwarz gefärbt. Das lang-ovale, nach innen konkav gewölbte Gesicht ist von der Fläche der halbmondförmigen ‘Frisur’ oben und von den seitlichen ‘Wangen’ etwas hervorgehoben (ca. 2 bis 3 cm). Das Gesicht trägt mandelförmige Augen und eine kurze, hervortretende Nase mit dreieckigem Querschnitt, alles aus Messing. Zudem ist das Gesicht durch je einen senkrechten und einen waagrechten Messing-Streifen in vier Sektoren geteilt. In diesen Teilen bilden fein linierte Kupfer-Platten ein ‘Sonnenstrahlen-Motiv’ (keine Kupfer-Lamellen!). Auch der flache Messing-Beschlag an ‘Frisur’ und ‘Wangen’ ist an seinen Rändern mit linearen Bändern im Relief dekoriert und zeigt altersbedingte, kleine Risse und Knicke. Die beiden Fortsätze unter den ‘Wangen’ sind mit Messingblech ummantelt. Hals und Schultern sind mit Rauten verziert. Die Rückseite des Objektes hat keinen Metall-Beschlag und zeigt eine senkrechte, erhabene Raute mit einem linear beschnitzten Quer-Wulst. Auf der Rückseite befinden sich auch zwei alte Sammlungs-Etiketten und ein früher Ausbruch (oben), der mit einer alten Original-Reparatur fixiert worden ist. Besonders die Rückseite, wie auch die freien Holz-Teile an der unteren Raute, beweisen das hohe Alter dieses Reliquien-Wächters mit ihrer eindrucksvollen, teils leicht krustigen, natürlich ‘gewachsenen’ Patina. Zweifellos ein ‘museales’ Objekt!
H: 69 cm; B: 38 cm.
19. Jahrhundert.

Provenienz:
Nach Angaben der Einbringer aus der Sammlung des belgischen Ethnologen Frans M. Olbrechts (1899–1958); dann: Sammlung Stephan L., München; dann: Galerie von Miller, Frankfurt; dann: Deutsche Privatsammlung.(ME)

Lit.:
‘Chefs-d’oeuvres d’Afrique, dans les collections du Musée Dapper’, Musée Dapper Paris, Abb. S. 42; ‘Ancestral Art of Gabon’ von Louis Perrois, Abb. S. 191, 192; ‘L’Art Kota’ von Alain & Francoise Chaffin, Abb. S. 169, 170, 171, 174; ‘Eternal Ancestors’, Metropolitan Museum of Art New York, von Alisa Lagamma, Abb. S. 259; u. v. a.

Experte: Prof. Erwin Melchardt Prof. Erwin Melchardt
+43-1-515 60-465

erwin.melchardt@dorotheum.at


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Tribal Art - Afrika, Orient, Asien, Indonesien, Ozeanien
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 20.02.2017 - 14:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 11.02. - 20.02.2017