Lot Nr. 207


Shuar (oder Jivaro), Ekuador: Ein zeremonieller Schrumpfkopf’Tsantsa’, mit langen Haaren, verschlossenem Mund, sowie mit Ohr-Schmuck und Trageband. 19. Jh.. Sehr selten!


Shuar (oder Jivaro), Ekuador: Ein zeremonieller Schrumpfkopf’Tsantsa’, mit langen Haaren, verschlossenem Mund, sowie mit Ohr-Schmuck und Trageband. 19. Jh.. Sehr selten! - Stammeskunst / Tribal-Art; Afrika

Die Stammesgruppe der Shuar, früher auch ‘Jivaro’ genannt, leben am Ost-Abhang der Anden, in der Dreiländer-Ecke von Ekuador, Peru und Brasilien. Die Shuar sind weltweit das einzige Volk, das einst traditionell Schrumpfköpfe hergestellt hat (bis ins 19. Jh.!).
Der Grund für diesen Brauch liegt in den religiös-sakralen Glaubens-Vorstellungen der Shuar. Sie glauben, dass jeder Mensch 3 Seelen besitzen kann:
1.: Die angeborene Seele, die man nicht beeinflussen kann. Nach dem Tod des Menschen wird sie eine Wolke am Himmel.
2.: Die zweite Seele heißt ‘Arutam-Seele’ und sie ist die wichtigste Seele für die Krieger der Shuar. Diese ‘Arutam-Seele’ muss man sich selbst erwerben. Durch Zeremonien an ‘heiligen Orten’, durch Askese und Visionen. Dann musste man diese erworbene ‘Arutam-Seele’ selbst vermehren und vergrößern. Durch das Töten anderer, feindlicher Shuar-Krieger, deren ‘Arutam-Seele’ man übernahm. Dadurch wurde man zu einem ‘großen Mann’, zu einem ‘Kakaram’. Diese Seelen-Vorstellung war der eigentliche Grund für die Kopfjagd der Shuar!
3.: Im Moment des Todes eines Kopfjagd-Opfers entstand in seinem Körper die gefährliche Rache-Seele (‘Muisak wakani’). Deshalb musste der Kopf des Opfers so schnell als möglich zu einem Schrumpfkopf verarbeitet werden.
Das geschah so: Der Kopf wurde am Hals vom Körper getrennt, die Haut samt Haaren von den Knochen gezogen. Haut und Haare wurden lange in einem speziellen Pflanzensud gekocht. Dadurch schrumpfte die Haut auf ca. ein Drittel ihrer ursprünglichen Größe. Die Haare blieben gleich lang. Dann wurde die Haut mit heißem Sand zu einem, nunmehr faustgroßen ‘Kopf’ gefüllt und ein ‘neues’ Gesicht geformt. Überm Feuer wurde der ‘Tsantsa’ getrocknet und die lederharte, steife Haut abschließend mit Ruß gefärbt. Auf dem Scheitel wurde dann das geflochtene Trageband montiert und an beide Ohren Schmuck-Gehänge aus bunten Tukan-Federn, grün schillernden Käfer-Flügeln und schwarzen Haaren angebracht. Der Mund wurde mit drei Holz-Stiften (der Chonta-Palme) und weißen Baumwoll-Schnüren fest verschlossen. Damit die Rache-Seele (‘Muisak wakani’) nicht herauskommt und dem Töter und seiner Familie nicht mehr schaden kann! Der hier präsentierte Schrumpfkopf zeigt dieses vorletzte (und sehr selten erhaltene!) Stadium der Herstellung eines ‘Tsantsa’ (mit den 3 Holz-Stiften in beiden Lippen).
Abschließend wurden die drei Holz-Pflöcke entfernt und durch lange, weiße Baumwollschnüre ersetzt. Dann kehrte der Töter mit seinem ‘Tsantsa’ in sein Heimatdorf zurück, wo mit Zeremonien und Tänzen die Übernahme und Vergrößerung seiner ‘Arutam-Seele’ gefeiert wurde.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts haben die Shuar die Kopfjagd und damit auch die Herstellung von Schrumpfköpfen aufgegeben. Gleichzeitig wurden ‘Tsantsa’ sehr beliebte Sammel-Objekte, besonders in Nordamerika. Deshalb gibt es heute viel mehr gefälschte Schrumpfköpfe als echte in Sammlungen und im Handel (aus Tierhaut und anderem gemacht). Echte, zeremonielle ‘Tsantsa’, wie der vorliegende, sind heute äußerst selten! H: ca. 15 cm (der Kopf allein); ca. 50 cm (mit Haaren). 19. Jahrhundert. (ME)

Provenienz:
Nach Angabe des Einbringers seit Ende des 19. Jahrhunderts/Anfang des 20. Jahrhunderts im Besitz einer deutschen Mediziner-Familie und innerhalb dieser Familie vererbt; jetzt: Belgische Privatsammlung.
Lit.:
‘Shrunken Heads’ von James Lee Castner, Abb. S. 3, S. 29, S. 33, S. 41, S. 42, S. 96 bis 99, und Cover-Foto auf der Buch-Rückseite.

Experte: Prof. Erwin Melchardt Prof. Erwin Melchardt
+43-1-515 60-465

erwin.melchardt@dorotheum.at

09.06.2016 - 17:00

Erzielter Preis: **
EUR 25.000,-
Rufpreis:
EUR 20.000,-

Shuar (oder Jivaro), Ekuador: Ein zeremonieller Schrumpfkopf’Tsantsa’, mit langen Haaren, verschlossenem Mund, sowie mit Ohr-Schmuck und Trageband. 19. Jh.. Sehr selten!


Die Stammesgruppe der Shuar, früher auch ‘Jivaro’ genannt, leben am Ost-Abhang der Anden, in der Dreiländer-Ecke von Ekuador, Peru und Brasilien. Die Shuar sind weltweit das einzige Volk, das einst traditionell Schrumpfköpfe hergestellt hat (bis ins 19. Jh.!).
Der Grund für diesen Brauch liegt in den religiös-sakralen Glaubens-Vorstellungen der Shuar. Sie glauben, dass jeder Mensch 3 Seelen besitzen kann:
1.: Die angeborene Seele, die man nicht beeinflussen kann. Nach dem Tod des Menschen wird sie eine Wolke am Himmel.
2.: Die zweite Seele heißt ‘Arutam-Seele’ und sie ist die wichtigste Seele für die Krieger der Shuar. Diese ‘Arutam-Seele’ muss man sich selbst erwerben. Durch Zeremonien an ‘heiligen Orten’, durch Askese und Visionen. Dann musste man diese erworbene ‘Arutam-Seele’ selbst vermehren und vergrößern. Durch das Töten anderer, feindlicher Shuar-Krieger, deren ‘Arutam-Seele’ man übernahm. Dadurch wurde man zu einem ‘großen Mann’, zu einem ‘Kakaram’. Diese Seelen-Vorstellung war der eigentliche Grund für die Kopfjagd der Shuar!
3.: Im Moment des Todes eines Kopfjagd-Opfers entstand in seinem Körper die gefährliche Rache-Seele (‘Muisak wakani’). Deshalb musste der Kopf des Opfers so schnell als möglich zu einem Schrumpfkopf verarbeitet werden.
Das geschah so: Der Kopf wurde am Hals vom Körper getrennt, die Haut samt Haaren von den Knochen gezogen. Haut und Haare wurden lange in einem speziellen Pflanzensud gekocht. Dadurch schrumpfte die Haut auf ca. ein Drittel ihrer ursprünglichen Größe. Die Haare blieben gleich lang. Dann wurde die Haut mit heißem Sand zu einem, nunmehr faustgroßen ‘Kopf’ gefüllt und ein ‘neues’ Gesicht geformt. Überm Feuer wurde der ‘Tsantsa’ getrocknet und die lederharte, steife Haut abschließend mit Ruß gefärbt. Auf dem Scheitel wurde dann das geflochtene Trageband montiert und an beide Ohren Schmuck-Gehänge aus bunten Tukan-Federn, grün schillernden Käfer-Flügeln und schwarzen Haaren angebracht. Der Mund wurde mit drei Holz-Stiften (der Chonta-Palme) und weißen Baumwoll-Schnüren fest verschlossen. Damit die Rache-Seele (‘Muisak wakani’) nicht herauskommt und dem Töter und seiner Familie nicht mehr schaden kann! Der hier präsentierte Schrumpfkopf zeigt dieses vorletzte (und sehr selten erhaltene!) Stadium der Herstellung eines ‘Tsantsa’ (mit den 3 Holz-Stiften in beiden Lippen).
Abschließend wurden die drei Holz-Pflöcke entfernt und durch lange, weiße Baumwollschnüre ersetzt. Dann kehrte der Töter mit seinem ‘Tsantsa’ in sein Heimatdorf zurück, wo mit Zeremonien und Tänzen die Übernahme und Vergrößerung seiner ‘Arutam-Seele’ gefeiert wurde.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts haben die Shuar die Kopfjagd und damit auch die Herstellung von Schrumpfköpfen aufgegeben. Gleichzeitig wurden ‘Tsantsa’ sehr beliebte Sammel-Objekte, besonders in Nordamerika. Deshalb gibt es heute viel mehr gefälschte Schrumpfköpfe als echte in Sammlungen und im Handel (aus Tierhaut und anderem gemacht). Echte, zeremonielle ‘Tsantsa’, wie der vorliegende, sind heute äußerst selten! H: ca. 15 cm (der Kopf allein); ca. 50 cm (mit Haaren). 19. Jahrhundert. (ME)

Provenienz:
Nach Angabe des Einbringers seit Ende des 19. Jahrhunderts/Anfang des 20. Jahrhunderts im Besitz einer deutschen Mediziner-Familie und innerhalb dieser Familie vererbt; jetzt: Belgische Privatsammlung.
Lit.:
‘Shrunken Heads’ von James Lee Castner, Abb. S. 3, S. 29, S. 33, S. 41, S. 42, S. 96 bis 99, und Cover-Foto auf der Buch-Rückseite.

Experte: Prof. Erwin Melchardt Prof. Erwin Melchardt
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Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Stammeskunst / Tribal-Art; Afrika
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 09.06.2016 - 17:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 04.06. - 09.06.2016


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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