Lot Nr. 48


Anthonis van Dyck


Anthonis van Dyck - Alte Meister

(Antwerpen 1599–1640 London)
Der Apostel Paulus,
Öl auf Holz, 64,5 x 49,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Europäische Privatsammlung;
Auktion Christie’s, London, 3. Dezember 2014, Lot 119 (als Studio of Sir Anthony van Dyck)

Von Anthony van Dyck sind mindestens drei Apostelserien bekannt, die allerdings alle schon vor langer Zeit aufgelöst wurden. Die letzte vollständige Serie wurde 1914 von dem Münchener Kunsthändler Julius Böhler aus der Sammlung der Principessa di Cellamare in Neapel erworben. Sie wird bis heute allgemein als die erste Version betrachtet. Der vorliegende Apostel Paulus ist nahezu identisch mit dem Paulus aus der Galerie Böhler, der sich heute im Niedersächsischen Landesmuseum in Hannover befindet, jedoch keineswegs eine exakte Kopie. Alle anderen Van Dyck zugeschriebenen Darstellungen des heiligen Paulus sind von deutlich geringerer Qualität. Van Dyck verwendete das Modell für den Paulus auch für sein Gemälde Lasset die Kindlein zu mir kommen (1618/20, National Gallery of Canada, Ottawa). Eine aus fünf Aposteln bestehende Serie (von denen drei Bilder wie auch das vorliegende Gemälde die Marke Guilliam Aertsens tragen) befinden sich in der Dresdener Gemäldegalerie. Eine dritte, ebenfalls aus fünf Gemälden bestehende Serie befand sich bis 1984 in der Sammlung des Earl Spencer in Althorp House (zum aktuellen Forschungsstand bezüglich der drei Serien vgl. A. Vergara und F. Lammertse in: The Young Van Dyck, Ausst. Kat., Madrid 2013, S. 200-211). Die Paulus-Darstellungen aus der Dresdener und der Spencer-Serie sind verschollen. Immer wieder wurde festgestellt, dass diese drei Serien stilistisch stark voneinander abweichen und dass selbst innerhalb der Serien deutliche Differenzen festzustellen sind. Die Datierung der drei variiert; heute wird allgemein vermutet, dass sie in den Jahren 1618 bis 1620 entstanden sind.

Der Panel Maker Guilliam Aertsen, dessen Marke sich auf dem vorliegenden Gemälde befindet, war zwischen 1612 und 1626 tätig. Eine dendrochronologische Untersuchung der Tafel durch Peter Klein in Hamburg ergab 1609 als das früheste Fälldatum des Baumes, aus dem das verwendete Holz stammt. Wenn man davon ausgeht, dass das Holz im Anschluss mindestens zwei Jahre trocknen musste, kann die Tafel frühestens 1611 verwendet worden sein. Der Apostel Paulus zeichnet sich durch eine Spontaneität der Pinselstriche aus. Kein Indiz spricht dafür, dass hier mehr als eine Hand tätig war. In dieser frühen Schaffenszeit van Dycks, für die das Alter der Holztafel spricht, hätte der Maler nicht zugelassen, dass seine Werkstattmitarbeiter Kopien seiner Werke ohne seine Mitwirkung anfertigten.

Susan J. Barnes, Co-Autorin des 2004 erschienenen Werkverzeichnisses der Gemälde van Dycks, untersuchte das vorliegende Gemälde am Original. Sie kam zu dem Schluss, dass Indizien wie die unübersehbare Qualität, das Ergebnis der dendrochronologischen Untersuchung und die Marke des Panel Makers für eine Entstehung dieses Bildes in der Frühzeit van Dycks, d. h. in seiner ersten Antwerpener Zeit, sprechen.

Experte: Damian Brenninkmeyer Damian Brenninkmeyer
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

19.04.2016 - 18:00

Schätzwert:
EUR 200.000,- bis EUR 300.000,-

Anthonis van Dyck


(Antwerpen 1599–1640 London)
Der Apostel Paulus,
Öl auf Holz, 64,5 x 49,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Europäische Privatsammlung;
Auktion Christie’s, London, 3. Dezember 2014, Lot 119 (als Studio of Sir Anthony van Dyck)

Von Anthony van Dyck sind mindestens drei Apostelserien bekannt, die allerdings alle schon vor langer Zeit aufgelöst wurden. Die letzte vollständige Serie wurde 1914 von dem Münchener Kunsthändler Julius Böhler aus der Sammlung der Principessa di Cellamare in Neapel erworben. Sie wird bis heute allgemein als die erste Version betrachtet. Der vorliegende Apostel Paulus ist nahezu identisch mit dem Paulus aus der Galerie Böhler, der sich heute im Niedersächsischen Landesmuseum in Hannover befindet, jedoch keineswegs eine exakte Kopie. Alle anderen Van Dyck zugeschriebenen Darstellungen des heiligen Paulus sind von deutlich geringerer Qualität. Van Dyck verwendete das Modell für den Paulus auch für sein Gemälde Lasset die Kindlein zu mir kommen (1618/20, National Gallery of Canada, Ottawa). Eine aus fünf Aposteln bestehende Serie (von denen drei Bilder wie auch das vorliegende Gemälde die Marke Guilliam Aertsens tragen) befinden sich in der Dresdener Gemäldegalerie. Eine dritte, ebenfalls aus fünf Gemälden bestehende Serie befand sich bis 1984 in der Sammlung des Earl Spencer in Althorp House (zum aktuellen Forschungsstand bezüglich der drei Serien vgl. A. Vergara und F. Lammertse in: The Young Van Dyck, Ausst. Kat., Madrid 2013, S. 200-211). Die Paulus-Darstellungen aus der Dresdener und der Spencer-Serie sind verschollen. Immer wieder wurde festgestellt, dass diese drei Serien stilistisch stark voneinander abweichen und dass selbst innerhalb der Serien deutliche Differenzen festzustellen sind. Die Datierung der drei variiert; heute wird allgemein vermutet, dass sie in den Jahren 1618 bis 1620 entstanden sind.

Der Panel Maker Guilliam Aertsen, dessen Marke sich auf dem vorliegenden Gemälde befindet, war zwischen 1612 und 1626 tätig. Eine dendrochronologische Untersuchung der Tafel durch Peter Klein in Hamburg ergab 1609 als das früheste Fälldatum des Baumes, aus dem das verwendete Holz stammt. Wenn man davon ausgeht, dass das Holz im Anschluss mindestens zwei Jahre trocknen musste, kann die Tafel frühestens 1611 verwendet worden sein. Der Apostel Paulus zeichnet sich durch eine Spontaneität der Pinselstriche aus. Kein Indiz spricht dafür, dass hier mehr als eine Hand tätig war. In dieser frühen Schaffenszeit van Dycks, für die das Alter der Holztafel spricht, hätte der Maler nicht zugelassen, dass seine Werkstattmitarbeiter Kopien seiner Werke ohne seine Mitwirkung anfertigten.

Susan J. Barnes, Co-Autorin des 2004 erschienenen Werkverzeichnisses der Gemälde van Dycks, untersuchte das vorliegende Gemälde am Original. Sie kam zu dem Schluss, dass Indizien wie die unübersehbare Qualität, das Ergebnis der dendrochronologischen Untersuchung und die Marke des Panel Makers für eine Entstehung dieses Bildes in der Frühzeit van Dycks, d. h. in seiner ersten Antwerpener Zeit, sprechen.

Experte: Damian Brenninkmeyer Damian Brenninkmeyer
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 19.04.2016 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 09.04. - 19.04.2016