Lot Nr. 23


Michelangelo Merisi, gen. Caravaggio Umkreis, um 1620


Michelangelo Merisi, gen. Caravaggio Umkreis,  um 1620 - Alte Meister

(Mailand 1571–1610 Porto Ercole)
Die Heilige Familie mit dem Johannesknaben,
Öl auf Leinwand, 110,5 x 92,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Privatsammlung, Brüssel (seit spätestens 1951)

Das vorliegende Gemälde beruht auf einer Komposition, die aus einem Stich Pierre Darets aus dem 17. Jahrhundert bekannt ist. In der Beschriftung wird Caravaggio als Urheber der Bildfindung angegeben: „Daret scul... Mich. Ang de Caravaggio inve.t“ (siehe H. Voss, Carrvaggios Frühzeit: Beiträge zur Kritik seiner Werke und seiner Entwicklung, in: Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlungen, XLIV, 1923, S. 81–82). Kritische Stimmen sind sich jedoch uneins, ob die Komposition tatsächlich von Caravaggio oder von einem seiner Nachfolger stammt (siehe A. Moir, Carravaggio and His Copyists, New York 1976, S. 117 und S. 158).

Das vorliegende Werk ist eine von mehreren bekannten Versionen der Komposition, darunter ein Bild aus der Sammlung Altramirano-Otrero Silva in Caracas (als Dauerleihgabe im Metropolitan Museum in New York), die von Christiansen als ursprüngliche Fassung Caravaggios publiziert wurde (siehe K. Christiansen, Caravaggio's Holy Family with the Infant Saint John the Baptist, in: Paragone, 26, 1999, S. 3–11). Dieses Gemälde wurde auch von Marini (siehe M. Marini, Caravaggio, pictor praestantissimus, Rom 2001, S. 518–520) und Spike (siehe J. Spike, Caravaggio, New York-London 2001, CD Nr. 44) veröffentlicht. Weitere Fassungen der vorliegenden Komposition befinden sich im Musée des Beaux-Arts in Tours und in den Staatlichen Museen zu Berlin.

Das vorliegende Gemälde ist fein und sorgfältig ausgeführt, vor allem in den Details der Gesichter. Die Szene ist zugleich von Theatralik und häuslicher Intimität erfüllt: Die Protagonisten treten gegenüber dem schwach beleuchteten Hintergrund hervor und beherrschen souverän das Bildgeschehen. Die Kompositionslösung ist caravaggesk, wobei die Figuren innerhalb eines Ovals mit mittiger Öffnung angeordnet sind, die räumliche Tiefe suggeriert. Die geschickte Verteilung von Licht und Schatten, die mit dunklen Umrissen herausgearbeiteten Bereiche des Inkarnats und die Pinselführung mit den in der Röntgenaufnahme sichtbaren Bleiweißhöhungen weisen auf einen Caravaggio nahestehenden Künstler. Die Gewandfalten verleihen den Figuren ein klar definiertes skulpturales Relief.

Die Komposition entspricht einer originellen Synthese von Elementen aus Caravaggios Bildsprache aus seiner römischen und neapolitanischen Periode: Das Gesicht der Madonna erinnert an die Londoner Salome von 1607; die Nacktheit des Kindes beruft sich auf die Madonna dei Palafrenieri von 1606, auch wenn die Madonna hier sehr bescheiden und einfach gekleidet ist. Das Gesicht Josefs verweist mit den die Stirn zerfurchenden Falten auf seine spirituelle Verfasstheit und ähnelt jenem des Apostels Thomas in dem in Potsdam befindlichen Gemälde von 1601/1602.



Additional image:
X-ray of the present painting
© ]a[ NTK 2015 Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr. M. Schreiner

19.04.2016 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 295.800,-
Schätzwert:
EUR 80.000,- bis EUR 120.000,-

Michelangelo Merisi, gen. Caravaggio Umkreis, um 1620


(Mailand 1571–1610 Porto Ercole)
Die Heilige Familie mit dem Johannesknaben,
Öl auf Leinwand, 110,5 x 92,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Privatsammlung, Brüssel (seit spätestens 1951)

Das vorliegende Gemälde beruht auf einer Komposition, die aus einem Stich Pierre Darets aus dem 17. Jahrhundert bekannt ist. In der Beschriftung wird Caravaggio als Urheber der Bildfindung angegeben: „Daret scul... Mich. Ang de Caravaggio inve.t“ (siehe H. Voss, Carrvaggios Frühzeit: Beiträge zur Kritik seiner Werke und seiner Entwicklung, in: Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlungen, XLIV, 1923, S. 81–82). Kritische Stimmen sind sich jedoch uneins, ob die Komposition tatsächlich von Caravaggio oder von einem seiner Nachfolger stammt (siehe A. Moir, Carravaggio and His Copyists, New York 1976, S. 117 und S. 158).

Das vorliegende Werk ist eine von mehreren bekannten Versionen der Komposition, darunter ein Bild aus der Sammlung Altramirano-Otrero Silva in Caracas (als Dauerleihgabe im Metropolitan Museum in New York), die von Christiansen als ursprüngliche Fassung Caravaggios publiziert wurde (siehe K. Christiansen, Caravaggio's Holy Family with the Infant Saint John the Baptist, in: Paragone, 26, 1999, S. 3–11). Dieses Gemälde wurde auch von Marini (siehe M. Marini, Caravaggio, pictor praestantissimus, Rom 2001, S. 518–520) und Spike (siehe J. Spike, Caravaggio, New York-London 2001, CD Nr. 44) veröffentlicht. Weitere Fassungen der vorliegenden Komposition befinden sich im Musée des Beaux-Arts in Tours und in den Staatlichen Museen zu Berlin.

Das vorliegende Gemälde ist fein und sorgfältig ausgeführt, vor allem in den Details der Gesichter. Die Szene ist zugleich von Theatralik und häuslicher Intimität erfüllt: Die Protagonisten treten gegenüber dem schwach beleuchteten Hintergrund hervor und beherrschen souverän das Bildgeschehen. Die Kompositionslösung ist caravaggesk, wobei die Figuren innerhalb eines Ovals mit mittiger Öffnung angeordnet sind, die räumliche Tiefe suggeriert. Die geschickte Verteilung von Licht und Schatten, die mit dunklen Umrissen herausgearbeiteten Bereiche des Inkarnats und die Pinselführung mit den in der Röntgenaufnahme sichtbaren Bleiweißhöhungen weisen auf einen Caravaggio nahestehenden Künstler. Die Gewandfalten verleihen den Figuren ein klar definiertes skulpturales Relief.

Die Komposition entspricht einer originellen Synthese von Elementen aus Caravaggios Bildsprache aus seiner römischen und neapolitanischen Periode: Das Gesicht der Madonna erinnert an die Londoner Salome von 1607; die Nacktheit des Kindes beruft sich auf die Madonna dei Palafrenieri von 1606, auch wenn die Madonna hier sehr bescheiden und einfach gekleidet ist. Das Gesicht Josefs verweist mit den die Stirn zerfurchenden Falten auf seine spirituelle Verfasstheit und ähnelt jenem des Apostels Thomas in dem in Potsdam befindlichen Gemälde von 1601/1602.



Additional image:
X-ray of the present painting
© ]a[ NTK 2015 Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr. M. Schreiner


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 19.04.2016 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 09.04. - 19.04.2016


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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