Lot Nr. 14 -


Jan Brueghel II.


Jan Brueghel II. - Alte Meister

(Antwerpen 1601–1678)
Noli me tangere
Öl auf Leinwand, 115,2 x 161,8 cm, gerahmt

Wir danken Klaus Ertz für die Bestätigung der Eigenhändigkeit nach Untersuchung des Originals. Ein schriftliches Gutachten vom 16. Februar 2016 liegt vor.

Dr. Ertz: “Nach gründlicher Beschäftigung mit diesem Bild bin ich überzeugt, dass es sich bei der Landschaft um ein Werk des flämischen Meisters Jan Brueghel d.J. (geboren 1601 in Antwerpen – gestorben 1678 ebenda) handelt. Die qualitativ außerordentlich gut gemalten Figuren stammen von einem Figurenmaler aus der Nachfolge des Peter Paul Rubens (1577 – 1640). Die Farben des Bildes machen einen leuchtenden und strahlenden Eindruck; sie sind pastos aufgetragen und sind typisch für die Zeit der Entstehung in den 1640er-Jahren. […] Dargestellt ist die neutestamentarische Szene, die unter dem Begriff „Noli me tangere“ (berühre mich nicht!) Einzug in die Kunstgeschichte gefunden hat. Die beiden Hauptfiguren dieser biblischen Szene, der auferstandene Christus als Gärtner und die vor ihm kniende Maria Magdalena, sind als dominierende Personen im Vordergrund etwas rechts von der Bildmitte auf einer erhöhten Landzone dargestellt. Um die beiden sind die auf den Gärtner hinweisenden Motive angeordnet wie die Artischocken links am Bildrand sowie die Tulpen und andere kleine Blumen und der mit Artischocken voll beladene Schubkarren rechts daneben, der hinter dem Schubkarren auf der Erde stehende Henkelkorb, der mit Kohlblättern gefüllt ist und den vereinzelt am unteren Bildrand zu Füßen der Maria Magdalena liegenden Rettich-Wurzeln und der Artischocke. Ein Salbgefäß steht vor der Knienden, die auf dem Weg war, den Leichnam Christi zu salben. Rechts am Bildrand vor Christus sehen wir Blumen auf dem Boden verstreut sowie in zwei runden Tongefäßen eingepflanzt. Im Hintergrund des vorderen Plateaus führt eine Baumallee mittig orthogonal in die Bildtiefe bis zur Abbruchkante zu einem tiefer gelegenen, in Blau gehaltenen Hintergrund, der von einer Stadt am Berg mit einem Rundbau, der auf den Tempel von Jerusalem hinweisen dürfte, geprägt wird. Der nach links hin ansteigende Vordergrundraum beherbergt das Felsengrab Jesu, vor dem sich etwa sieben Personen aufhalten. Die Bergkuppe über dem Grab ist dicht von beblätterten Bäumen bewachsen.Die von oben links scheinende, untergehende Sonne taucht Landschaft und biblische Szene in ein sanftes weiches Licht, das die stark farbigen Akzente im Vordergrund – vor allem die farbenfrohen Gewänder von Jesus und Maria Magdalena – hervortreten lässt.“

Ertz weiter: „Gemessen an der Gesamtzahl der Gemälde mit christlichen Themen ist der Anteil, in denen sich das väterliche Vorbild nachweisen lässt, gering. Vom Sohn kennen wir z.B. Themen wie „Seepredigt Christi“, die „Anbetung der Heiligen Drei Könige“ oder die „Flucht nach Ägypten“, die er vom Vater, Jan Brueghel d. Ä. kannte, kopierte oder variierte. Als hochqualifizierter, eigenwertiger Künstler zeigt sich der Sohn in christlichen Themen wie z.B. der hier zu begutachtenden Komposition „Noli me tangere“, die ohne jedes väterliche Vorbild sind, und die der Sohn ab Ende der 1620er- bis in die 1640er-Jahre in mehreren Variationen schuf. In diesen Bildern zeigt sich die malerische Qualität von Jan Brueghel d.J. Mit dieser Komposition schufen Jan Brueghel d. J. und sein Figurenmalerkollege einen eigenständigen Typus zur Formulierung dieses Bibelzitates, das von ihnen selbst, von Jan d. J. mit anderen Figurenmalern (siehe die Vergleichsbeispiele), aber auch von vielen Malerkollegen der Zeit in manch ähnlichem Bild weiter verwandt wurde. Die verwandten Bausteine wurden von beiden Künstlern hier besonders harmonisch angeordnet: Rechts vom Vordergrund, frei auf den Weg gestellt, die beiden Hauptpersonen Maria Magdalena und Jesus, mit dem Spaten nach dem Johannes-Evangelium als Gärtner gekennzeichnet, worauf die Blumen und Früchte des Gartens hinweisen. Das Felsengrab links in Hintergrund weist auf die Vergangenheit, der Tempel rechts möglicherweise auf die Zukunft der Christenheit. Von Beginn seiner malerischen Tätigkeit an, die bereits vor der Italienreise im väterlichen Atelier in Antwerpen einsetzt, bis in die 1650er- Jahre beschäftigt sich Jan Brueghel d. J. mit der christlich geprägten Landschaftsmalerei. Bis Mitte der 1630er-Jahre zeigt er sich als Wahrer des väterlichen Erbes, das Jan d.J. auf dem höchsten Niveau fortgeführt hat. So ist es auch nachvollziehbar, dass so große Maler wie Peter Paul Rubens, Josse de Momper d.J. oder Hendrick van Balen nach dem Tode des Freundes Jan Brueghels d.Ä. mit dem Sohn zusammengearbeitet haben. Uns sind viele Bilder der Gemeinschaftsarbeit von Jan d.J. mit den vorgenannten Malern bekannt. Die Freundschaft dieser mit dem Vater Jan d.Ä. hätte da sicherlich nicht ausgereicht, denn auch diese Maler hatten einen Ruf zu verlieren. Der in später Zeit des Malers Jan Brueghel d.J. ausgesprochen malerisch wirkende Pinsel­strich ist in dem zu begutachtenden Bild bereits voll ausgeprägt, so ersichtlich in dem Weg, auf dem die beiden christlichen Figuren agieren, dem Felsenhügel links und im Himmel. Er hat sich von der frühen, von den Gemälden sei­nes Vaters übernommenen, minutiös und detailgenau eingesetz­ten Pinselführung entfernt und eigene Gestaltungsweisen mit eingebracht. Obwohl viele Anregungen für die Gemälde des Sohnes vom Vater ausgingen, so ist doch gerade in der zu begutachtenden Darstellung nicht auszuschließen, dass Jan Brueghel d.J. selbst es war, der diesen Typ auf der Grundlage des vom Vater geschaffenen entwickelte. Wenigstens ist mir bis heute kein Gemälde Jan Brueghels d.Ä. bekannt geworden, das dieser Darstellung als Vorbild gedient haben könnte. Um die Zuschreibung dieses nicht signierten Gemäl­des an Jan Brueghel d.J. abzusichern, bedarf es der stilisti­schen Zuordnung zu anderen authentischen Werken.“ Ertz nennt die folgenden vier Bilder desselben Themas als Vergleichsbeispiele, die in Komposition, Einzelmoti­v und Farbgebung dem vorliegenden Gemälde ähnlich sind:

Deutscher Privatbesitz, Öl auf Holz, 59 x 88 cm, Mitarbeiter: Hendrick van Balen, vorgeschlagene Datierung: um 1620 (vgl. K. Ertz 1984, Kat. 152, Farbtafel 30);

Englischer Privatbesitz, Öl auf Leinwand, 54,6 x 83,2, Mitarbeiter: Umkreis des Peter Paul Rubens, vorgeschlagene Datierung: 1630er-Jahre (vgl. K. Ertz 1984, Kat. 154, Farbtafel 31);

Bremen, Kunsthalle, Inv.Nr. 736-57/3, Öl auf Holz, 60 x 100 cm, Mitarbeiter: Umkreis des Peter Paul Rubens, vorgeschlagene Datierung: späte 1630er-Jahre (vgl. K. Ertz 1984, Kat. 155, Farbtafel 32);

San Francisco, M. H. de Young Memorial Museum, Inv.Nr. 49.6, Öl auf Holz, 57,4 x 92,7 cm, Mitarbeiter: Nachfolge des Peter Paul Rubens, vorgeschlagene Datierung: späte 1630er-Jahre (vgl. K. Ertz 1984, Kat. 156 mit Abb.)

Laut Ertz kann das vorligenden Gemäldes als „originales Werk von Jan Brueghel d.J., entstanden in den 1640er-Jahren in Antwerpen unter Mitwirkung eines Figurenmalers aus der Nachfolge des Peter Paul Rubens” identifiziert werden.

Experte: Dr. Alexander Strasoldo Dr. Alexander Strasoldo
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

19.04.2016 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 54.620,-
Schätzwert:
EUR 50.000,- bis EUR 70.000,-

Jan Brueghel II.


(Antwerpen 1601–1678)
Noli me tangere
Öl auf Leinwand, 115,2 x 161,8 cm, gerahmt

Wir danken Klaus Ertz für die Bestätigung der Eigenhändigkeit nach Untersuchung des Originals. Ein schriftliches Gutachten vom 16. Februar 2016 liegt vor.

Dr. Ertz: “Nach gründlicher Beschäftigung mit diesem Bild bin ich überzeugt, dass es sich bei der Landschaft um ein Werk des flämischen Meisters Jan Brueghel d.J. (geboren 1601 in Antwerpen – gestorben 1678 ebenda) handelt. Die qualitativ außerordentlich gut gemalten Figuren stammen von einem Figurenmaler aus der Nachfolge des Peter Paul Rubens (1577 – 1640). Die Farben des Bildes machen einen leuchtenden und strahlenden Eindruck; sie sind pastos aufgetragen und sind typisch für die Zeit der Entstehung in den 1640er-Jahren. […] Dargestellt ist die neutestamentarische Szene, die unter dem Begriff „Noli me tangere“ (berühre mich nicht!) Einzug in die Kunstgeschichte gefunden hat. Die beiden Hauptfiguren dieser biblischen Szene, der auferstandene Christus als Gärtner und die vor ihm kniende Maria Magdalena, sind als dominierende Personen im Vordergrund etwas rechts von der Bildmitte auf einer erhöhten Landzone dargestellt. Um die beiden sind die auf den Gärtner hinweisenden Motive angeordnet wie die Artischocken links am Bildrand sowie die Tulpen und andere kleine Blumen und der mit Artischocken voll beladene Schubkarren rechts daneben, der hinter dem Schubkarren auf der Erde stehende Henkelkorb, der mit Kohlblättern gefüllt ist und den vereinzelt am unteren Bildrand zu Füßen der Maria Magdalena liegenden Rettich-Wurzeln und der Artischocke. Ein Salbgefäß steht vor der Knienden, die auf dem Weg war, den Leichnam Christi zu salben. Rechts am Bildrand vor Christus sehen wir Blumen auf dem Boden verstreut sowie in zwei runden Tongefäßen eingepflanzt. Im Hintergrund des vorderen Plateaus führt eine Baumallee mittig orthogonal in die Bildtiefe bis zur Abbruchkante zu einem tiefer gelegenen, in Blau gehaltenen Hintergrund, der von einer Stadt am Berg mit einem Rundbau, der auf den Tempel von Jerusalem hinweisen dürfte, geprägt wird. Der nach links hin ansteigende Vordergrundraum beherbergt das Felsengrab Jesu, vor dem sich etwa sieben Personen aufhalten. Die Bergkuppe über dem Grab ist dicht von beblätterten Bäumen bewachsen.Die von oben links scheinende, untergehende Sonne taucht Landschaft und biblische Szene in ein sanftes weiches Licht, das die stark farbigen Akzente im Vordergrund – vor allem die farbenfrohen Gewänder von Jesus und Maria Magdalena – hervortreten lässt.“

Ertz weiter: „Gemessen an der Gesamtzahl der Gemälde mit christlichen Themen ist der Anteil, in denen sich das väterliche Vorbild nachweisen lässt, gering. Vom Sohn kennen wir z.B. Themen wie „Seepredigt Christi“, die „Anbetung der Heiligen Drei Könige“ oder die „Flucht nach Ägypten“, die er vom Vater, Jan Brueghel d. Ä. kannte, kopierte oder variierte. Als hochqualifizierter, eigenwertiger Künstler zeigt sich der Sohn in christlichen Themen wie z.B. der hier zu begutachtenden Komposition „Noli me tangere“, die ohne jedes väterliche Vorbild sind, und die der Sohn ab Ende der 1620er- bis in die 1640er-Jahre in mehreren Variationen schuf. In diesen Bildern zeigt sich die malerische Qualität von Jan Brueghel d.J. Mit dieser Komposition schufen Jan Brueghel d. J. und sein Figurenmalerkollege einen eigenständigen Typus zur Formulierung dieses Bibelzitates, das von ihnen selbst, von Jan d. J. mit anderen Figurenmalern (siehe die Vergleichsbeispiele), aber auch von vielen Malerkollegen der Zeit in manch ähnlichem Bild weiter verwandt wurde. Die verwandten Bausteine wurden von beiden Künstlern hier besonders harmonisch angeordnet: Rechts vom Vordergrund, frei auf den Weg gestellt, die beiden Hauptpersonen Maria Magdalena und Jesus, mit dem Spaten nach dem Johannes-Evangelium als Gärtner gekennzeichnet, worauf die Blumen und Früchte des Gartens hinweisen. Das Felsengrab links in Hintergrund weist auf die Vergangenheit, der Tempel rechts möglicherweise auf die Zukunft der Christenheit. Von Beginn seiner malerischen Tätigkeit an, die bereits vor der Italienreise im väterlichen Atelier in Antwerpen einsetzt, bis in die 1650er- Jahre beschäftigt sich Jan Brueghel d. J. mit der christlich geprägten Landschaftsmalerei. Bis Mitte der 1630er-Jahre zeigt er sich als Wahrer des väterlichen Erbes, das Jan d.J. auf dem höchsten Niveau fortgeführt hat. So ist es auch nachvollziehbar, dass so große Maler wie Peter Paul Rubens, Josse de Momper d.J. oder Hendrick van Balen nach dem Tode des Freundes Jan Brueghels d.Ä. mit dem Sohn zusammengearbeitet haben. Uns sind viele Bilder der Gemeinschaftsarbeit von Jan d.J. mit den vorgenannten Malern bekannt. Die Freundschaft dieser mit dem Vater Jan d.Ä. hätte da sicherlich nicht ausgereicht, denn auch diese Maler hatten einen Ruf zu verlieren. Der in später Zeit des Malers Jan Brueghel d.J. ausgesprochen malerisch wirkende Pinsel­strich ist in dem zu begutachtenden Bild bereits voll ausgeprägt, so ersichtlich in dem Weg, auf dem die beiden christlichen Figuren agieren, dem Felsenhügel links und im Himmel. Er hat sich von der frühen, von den Gemälden sei­nes Vaters übernommenen, minutiös und detailgenau eingesetz­ten Pinselführung entfernt und eigene Gestaltungsweisen mit eingebracht. Obwohl viele Anregungen für die Gemälde des Sohnes vom Vater ausgingen, so ist doch gerade in der zu begutachtenden Darstellung nicht auszuschließen, dass Jan Brueghel d.J. selbst es war, der diesen Typ auf der Grundlage des vom Vater geschaffenen entwickelte. Wenigstens ist mir bis heute kein Gemälde Jan Brueghels d.Ä. bekannt geworden, das dieser Darstellung als Vorbild gedient haben könnte. Um die Zuschreibung dieses nicht signierten Gemäl­des an Jan Brueghel d.J. abzusichern, bedarf es der stilisti­schen Zuordnung zu anderen authentischen Werken.“ Ertz nennt die folgenden vier Bilder desselben Themas als Vergleichsbeispiele, die in Komposition, Einzelmoti­v und Farbgebung dem vorliegenden Gemälde ähnlich sind:

Deutscher Privatbesitz, Öl auf Holz, 59 x 88 cm, Mitarbeiter: Hendrick van Balen, vorgeschlagene Datierung: um 1620 (vgl. K. Ertz 1984, Kat. 152, Farbtafel 30);

Englischer Privatbesitz, Öl auf Leinwand, 54,6 x 83,2, Mitarbeiter: Umkreis des Peter Paul Rubens, vorgeschlagene Datierung: 1630er-Jahre (vgl. K. Ertz 1984, Kat. 154, Farbtafel 31);

Bremen, Kunsthalle, Inv.Nr. 736-57/3, Öl auf Holz, 60 x 100 cm, Mitarbeiter: Umkreis des Peter Paul Rubens, vorgeschlagene Datierung: späte 1630er-Jahre (vgl. K. Ertz 1984, Kat. 155, Farbtafel 32);

San Francisco, M. H. de Young Memorial Museum, Inv.Nr. 49.6, Öl auf Holz, 57,4 x 92,7 cm, Mitarbeiter: Nachfolge des Peter Paul Rubens, vorgeschlagene Datierung: späte 1630er-Jahre (vgl. K. Ertz 1984, Kat. 156 mit Abb.)

Laut Ertz kann das vorligenden Gemäldes als „originales Werk von Jan Brueghel d.J., entstanden in den 1640er-Jahren in Antwerpen unter Mitwirkung eines Figurenmalers aus der Nachfolge des Peter Paul Rubens” identifiziert werden.

Experte: Dr. Alexander Strasoldo Dr. Alexander Strasoldo
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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 19.04.2016 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 09.04. - 19.04.2016


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer(für Lieferland Österreich)

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