Lot Nr. 19


Sandro Botticelli, Werkstatt


Sandro Botticelli, Werkstatt - Alte Meister

(Florenz 1444/5–1510)
Christus mit dem Johannesknaben,
Tempera auf Holz, 37,3 x 50,5 cm, ungerahmt

Provenienz:
Europäische Privatsammlung

Das vorliegende Gemälde ist von hoher Qualität in der Ausführung und bezieht sich unmittelbar auf stilistische Merkmale Botticellis aus der Zeit nach 1485, als dessen lineare Periode am stärksten ausgeprägt war. Die eleganten Züge des jungen Christus sind jenen der Engel im Altarbild einer Marienkrönung mit Heiligen für San Marco in Florenz (heute Uffizien), die bei Boticelli 1488 von der Arte della Seta di Por Santa Maria in Auftrag gegeben worden war (H. Horne, Botticelli, the Painter of Florence, London 1908, S. 168ff.), sehr ähnlich, und auch der Typus des Täufers ist ganz und gar typisch für das Werk des großen Florentiner Künstlers. Ein weiteres für Botticelli charakteristisches Stilmerkmal ist die grafische Darstellungsweise, mit der die Formen durch eine wiederholte Abfolge geschwungener Konturen definiert werden und die in den übereinanderliegenden Händen des jungen Täufers hervorragend zum Ausdruck kommt.

Das Gemälde weist starke Ähnlichkeiten zu einigen von Botticellis Werkstatt um 1490 geschaffenen Tafelbildern auf, die von Gehilfen und Schülern unter der Aufsicht des Meisters ausgeführt wurden und sich genau an dessen Entwürfen orientieren. Eines davon ist ein großer Tondo in der Galleria Borghese in Rom, der oft auch als eigenhändiges Werk erachtet wird (R. Lightbown, Sandro Botticelli, Bd. II, London 1978, S. 130/31); andere befinden sich in der Sammlung Van Buuren in Haarlem (Van Ham, Köln, 14. November 2014, Lot 502) und in der Sammlung Carl W. Hamilton, New York (Christie’s, New York, 18. Mai 1980, Lot 34; siehe Y. Yashiro, Sandro Botticelli, London 1925, Bd. I, S. 246). Besondere Gemeinsamkeiten in Pinselführung, Typus und Details lassen sich für einen Tondo mit der Madonna mit Kind und Johannesknaben feststellen, der sich vormals in der Sammlung Bauer in Frankfurt befand (R. Lightbown, op. cit. 1978, S. 136/37) und von Berenson Botticelli selbst zugeschrieben wurde, während andere darin eine Beteiligung von Werkstattgehilfen sehen.

Die Behandlung des Themas ist selten und beruht auf Florentiner Quellen: In Übereinstimmung mit einem Kompositionsschema, das an den Arconati-Visconti-Tondo von Desiderio da Settignano erinnert (Paris, Louvre, RF 1626; siehe N. Penny, in: Desiderio da Settignano, Ausst.-Kat., Paris 2007, S. 180–182), wird der jugendliche Christus, der dabei ist, den jungen Täufer zu segnen, als Brustbild gezeigt. Die Darstellung geht auf mittelalterliche Legenden des Lebens des Täufers zurück (zur Ikonografie siehe M. Aromberg Lavin, Giovanni Battista: A Study in Renaissance Religious Symbolism, in: The Art Bulletin, XXXVII (1955), S. 85–107; ebenso in: The Art Bulletin, XLIII (1961), S. 319–326) und ist eine Weiterentwicklung des häufiger gezeigten Themas der Begegnung zwischen dem jungen Christus und dem Täufer in der Wüste nach der Rückkehr von der Flucht nach Ägypten; Beispiele davon stammen von Domenico Ghirlandaio (Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie, Inv. 93) und dem Meister von Marradi (ehemals Sammlung Hausamman, Zürich). Die Szene findet sich auch im Hintergrund von Gemälden des Büßenden heiligen Hieronymus von Jacopo del Sellaio (ehemals Sammlung Rasini, Mailand) und einem Werkstattmitarbeiter Peruginos (Washington, National Gallery, 1939.1.280). Bemerkenswert ist, dass die Komposition, von der man in der Renaissancemalerei keine weiteren Beispiele kennt, in nahezu identischer Form von Guido Reni übernommen wurde, der die Anregungen für seine Fassung, die sich heute in der National Gallery in London befindet und um 1640 datiert (NG 191; M. Levey, National Gallery Catalogues. The Seventeenth and Eighteenth-Century Italian Schools, London 1971, S. 185/86; S. Pepper, Guido Reni, Novara 1988, S. 343), möglicherweise direkt von dem vorliegenden Bild bezogen hat.

Die Größe der vorliegenden Tafel lässt darauf schließen, dass sie für einen privaten Auftraggeber entstanden ist.

20.10.2015 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 247.000,-
Schätzwert:
EUR 100.000,- bis EUR 150.000,-

Sandro Botticelli, Werkstatt


(Florenz 1444/5–1510)
Christus mit dem Johannesknaben,
Tempera auf Holz, 37,3 x 50,5 cm, ungerahmt

Provenienz:
Europäische Privatsammlung

Das vorliegende Gemälde ist von hoher Qualität in der Ausführung und bezieht sich unmittelbar auf stilistische Merkmale Botticellis aus der Zeit nach 1485, als dessen lineare Periode am stärksten ausgeprägt war. Die eleganten Züge des jungen Christus sind jenen der Engel im Altarbild einer Marienkrönung mit Heiligen für San Marco in Florenz (heute Uffizien), die bei Boticelli 1488 von der Arte della Seta di Por Santa Maria in Auftrag gegeben worden war (H. Horne, Botticelli, the Painter of Florence, London 1908, S. 168ff.), sehr ähnlich, und auch der Typus des Täufers ist ganz und gar typisch für das Werk des großen Florentiner Künstlers. Ein weiteres für Botticelli charakteristisches Stilmerkmal ist die grafische Darstellungsweise, mit der die Formen durch eine wiederholte Abfolge geschwungener Konturen definiert werden und die in den übereinanderliegenden Händen des jungen Täufers hervorragend zum Ausdruck kommt.

Das Gemälde weist starke Ähnlichkeiten zu einigen von Botticellis Werkstatt um 1490 geschaffenen Tafelbildern auf, die von Gehilfen und Schülern unter der Aufsicht des Meisters ausgeführt wurden und sich genau an dessen Entwürfen orientieren. Eines davon ist ein großer Tondo in der Galleria Borghese in Rom, der oft auch als eigenhändiges Werk erachtet wird (R. Lightbown, Sandro Botticelli, Bd. II, London 1978, S. 130/31); andere befinden sich in der Sammlung Van Buuren in Haarlem (Van Ham, Köln, 14. November 2014, Lot 502) und in der Sammlung Carl W. Hamilton, New York (Christie’s, New York, 18. Mai 1980, Lot 34; siehe Y. Yashiro, Sandro Botticelli, London 1925, Bd. I, S. 246). Besondere Gemeinsamkeiten in Pinselführung, Typus und Details lassen sich für einen Tondo mit der Madonna mit Kind und Johannesknaben feststellen, der sich vormals in der Sammlung Bauer in Frankfurt befand (R. Lightbown, op. cit. 1978, S. 136/37) und von Berenson Botticelli selbst zugeschrieben wurde, während andere darin eine Beteiligung von Werkstattgehilfen sehen.

Die Behandlung des Themas ist selten und beruht auf Florentiner Quellen: In Übereinstimmung mit einem Kompositionsschema, das an den Arconati-Visconti-Tondo von Desiderio da Settignano erinnert (Paris, Louvre, RF 1626; siehe N. Penny, in: Desiderio da Settignano, Ausst.-Kat., Paris 2007, S. 180–182), wird der jugendliche Christus, der dabei ist, den jungen Täufer zu segnen, als Brustbild gezeigt. Die Darstellung geht auf mittelalterliche Legenden des Lebens des Täufers zurück (zur Ikonografie siehe M. Aromberg Lavin, Giovanni Battista: A Study in Renaissance Religious Symbolism, in: The Art Bulletin, XXXVII (1955), S. 85–107; ebenso in: The Art Bulletin, XLIII (1961), S. 319–326) und ist eine Weiterentwicklung des häufiger gezeigten Themas der Begegnung zwischen dem jungen Christus und dem Täufer in der Wüste nach der Rückkehr von der Flucht nach Ägypten; Beispiele davon stammen von Domenico Ghirlandaio (Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie, Inv. 93) und dem Meister von Marradi (ehemals Sammlung Hausamman, Zürich). Die Szene findet sich auch im Hintergrund von Gemälden des Büßenden heiligen Hieronymus von Jacopo del Sellaio (ehemals Sammlung Rasini, Mailand) und einem Werkstattmitarbeiter Peruginos (Washington, National Gallery, 1939.1.280). Bemerkenswert ist, dass die Komposition, von der man in der Renaissancemalerei keine weiteren Beispiele kennt, in nahezu identischer Form von Guido Reni übernommen wurde, der die Anregungen für seine Fassung, die sich heute in der National Gallery in London befindet und um 1640 datiert (NG 191; M. Levey, National Gallery Catalogues. The Seventeenth and Eighteenth-Century Italian Schools, London 1971, S. 185/86; S. Pepper, Guido Reni, Novara 1988, S. 343), möglicherweise direkt von dem vorliegenden Bild bezogen hat.

Die Größe der vorliegenden Tafel lässt darauf schließen, dass sie für einen privaten Auftraggeber entstanden ist.


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 20.10.2015 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 10.10. - 20.10.2015


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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