Lot Nr. 1058


Max Weiler *


(Hall, Tirol, 1910–2001 Wien)
“Bildnis Karl Hiesmayr sen.”, signiert, datiert Weiler 58, Öl, Eitempera auf Leinwand auf eine Platte aufgezogen, auf Hartfaserplatte, 114 x 100 cm, (K)

Karl Hiesmayr (1885–1966), Vater des Architekten Ernst Hiesmayr (1920–2006)

Ganzseitig farbig abgebildet:
Max Weiler, Die innere Figur, Verlag Galerie Welz, 1989, Seite 135-dort als Entstehungszeit 1958/59 angegeben

... In allen stilistischen Wandlungen hat Weiler jedenfalls eine ähnliche Art der Wahrnehmung festgehalten. Sie erfasst die Physiognomie mit ihren charakteristischen Zügen und, darüber hinaus, was man die äußere und innere Haltung der Person nennen könnte. Dahin gehen auch die Beobachtungen, die Vinzenz Oberhammer, selbst Porträtierter und als Kunsthistoriker sachkundig, von den Modellsitzungen mitgeteilt hat. Sie haben ihre Pointe darin, dass Weiler bestrebt war, das Sujet möglichst in charakteristischen Bewegungen begriffen zu sehen, in Attituden oder Haltungen, die geeignet schienen, seine Art der Lebendigkeit zu erfassen. Oberhammer entwirft insgesamt ein aufschlussreiches Bild der damaligen Modellpraxis: “Die Arbeit des Malers begann mit einem Mich-zurecht-Setzen, Ins-rechte-Licht-Rücken. Dann hat der Künstler gezeichnet-unmittelbar auf die vorbereitete Leinwand, in großen Zügen, nur kurze Zeit, keine zehn Minuten lang-und setzte sofort mit dem Malen ein. Es war nicht notwendig, ruhig zu sein. Im Gegenteil. Der Maler wollte ein stets lebendiges Modell vor sich haben, wollte, dass ich spreche, erzähle, er stellte Fragen, er versuchte fortwährend, mich in ein Gespräch zu verwickeln, mich zu reizen, zum Widerspruch herauszufordern... Schließlich wurde die Leinwand natürlich von mir unbesehen beiseite gestellt. In den folgenden Sitzungen wurde die geleistete Arbeit nur kurz in Augenschein genommen, daraufhin in ihrer Gesamtheit abgekratzt, bevor wieder die Pinsel zu vollkommenem Neumalen in Tätigkeit traten. Das wiederholte sich noch viele Male. Der Maler sagte mir damals, das sei notwendig so. Man müsste jeden Zug im Bilde schließlich auswendig können, die Malerei müsste am Ende quasi alla prima hingesetzt erscheinen, so und nur so sei Lebendigkeit zu erreichen.”
Auch Weiler selbst hat betont, dass die statische und konfrontative Modellsitzung im Atelier besonders dann, wenn ihm die Person noch weitgehend unbekannt war, keine befriedigende Arbeitsgrundlage bot. So bestanden die Mühen des Porträtauftrages nicht darin, die physiognomische Ähnlichkeit zu etablieren, sondern etwas von der Gestalt in actu aufzufassen...
Aus: Gottfried Boehm, Der Maler Max Weiler, Das Geistige in der Natur, Springer-Verlag, 2001

Expertin: Mag. Elke Königseder Mag. Elke Königseder
+43-1-515 60-358

elke.koenigseder@dorotheum.at

11.06.2015 - 15:00

Schätzwert:
EUR 60.000,- bis EUR 80.000,-

Max Weiler *


(Hall, Tirol, 1910–2001 Wien)
“Bildnis Karl Hiesmayr sen.”, signiert, datiert Weiler 58, Öl, Eitempera auf Leinwand auf eine Platte aufgezogen, auf Hartfaserplatte, 114 x 100 cm, (K)

Karl Hiesmayr (1885–1966), Vater des Architekten Ernst Hiesmayr (1920–2006)

Ganzseitig farbig abgebildet:
Max Weiler, Die innere Figur, Verlag Galerie Welz, 1989, Seite 135-dort als Entstehungszeit 1958/59 angegeben

... In allen stilistischen Wandlungen hat Weiler jedenfalls eine ähnliche Art der Wahrnehmung festgehalten. Sie erfasst die Physiognomie mit ihren charakteristischen Zügen und, darüber hinaus, was man die äußere und innere Haltung der Person nennen könnte. Dahin gehen auch die Beobachtungen, die Vinzenz Oberhammer, selbst Porträtierter und als Kunsthistoriker sachkundig, von den Modellsitzungen mitgeteilt hat. Sie haben ihre Pointe darin, dass Weiler bestrebt war, das Sujet möglichst in charakteristischen Bewegungen begriffen zu sehen, in Attituden oder Haltungen, die geeignet schienen, seine Art der Lebendigkeit zu erfassen. Oberhammer entwirft insgesamt ein aufschlussreiches Bild der damaligen Modellpraxis: “Die Arbeit des Malers begann mit einem Mich-zurecht-Setzen, Ins-rechte-Licht-Rücken. Dann hat der Künstler gezeichnet-unmittelbar auf die vorbereitete Leinwand, in großen Zügen, nur kurze Zeit, keine zehn Minuten lang-und setzte sofort mit dem Malen ein. Es war nicht notwendig, ruhig zu sein. Im Gegenteil. Der Maler wollte ein stets lebendiges Modell vor sich haben, wollte, dass ich spreche, erzähle, er stellte Fragen, er versuchte fortwährend, mich in ein Gespräch zu verwickeln, mich zu reizen, zum Widerspruch herauszufordern... Schließlich wurde die Leinwand natürlich von mir unbesehen beiseite gestellt. In den folgenden Sitzungen wurde die geleistete Arbeit nur kurz in Augenschein genommen, daraufhin in ihrer Gesamtheit abgekratzt, bevor wieder die Pinsel zu vollkommenem Neumalen in Tätigkeit traten. Das wiederholte sich noch viele Male. Der Maler sagte mir damals, das sei notwendig so. Man müsste jeden Zug im Bilde schließlich auswendig können, die Malerei müsste am Ende quasi alla prima hingesetzt erscheinen, so und nur so sei Lebendigkeit zu erreichen.”
Auch Weiler selbst hat betont, dass die statische und konfrontative Modellsitzung im Atelier besonders dann, wenn ihm die Person noch weitgehend unbekannt war, keine befriedigende Arbeitsgrundlage bot. So bestanden die Mühen des Porträtauftrages nicht darin, die physiognomische Ähnlichkeit zu etablieren, sondern etwas von der Gestalt in actu aufzufassen...
Aus: Gottfried Boehm, Der Maler Max Weiler, Das Geistige in der Natur, Springer-Verlag, 2001

Expertin: Mag. Elke Königseder Mag. Elke Königseder
+43-1-515 60-358

elke.koenigseder@dorotheum.at


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Zeitgenössische Kunst, Teil 2
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 11.06.2015 - 15:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 30.05. - 11.06.2015