Im sakralen Brauchtum des Islam soll das 'heilige Buch', der Koran, stets mit Ehrfurcht und Respekt behandelt werden. Deshalb soll der Koran beim Lesen nicht auf dem blanken Erdboden liegen. Dafür gibt es eigene Koran-Ständer, auch 'Rahl-e sharif' genannt, zum Lesen des Koran und anderer religiöser Schriften.
Diese Falt-Pulte werden aus einem Stück hartem Holz gefertigt. Ein dickeres Brett wird der Länge nach in zwei Hälften gesägt. In der Mitte wird im selben Stück ein schmaler Streifen Holz nicht zersägt. Dieser 'volle', nicht getrennte Teil des Holzes wird dann zu einem mehrteiligen Scharnier gearbeitet, gesägt und geschnitzt. So können - über dieses Scharnier - beide Hälften des ursprünglichen Brettes zu einem Lese-Pult aufgeklappt werden. Die Außenseiten sind meist mit Kerbschnitt-Reliefs oder Einlagen aus Fremd-Material dekoriert.
Bei dem vorliegenden, alten Koran-Ständer sind die inneren Auflageseiten für die Texte ebenfalls glatt und undekoriert. Dafür sind alle vier Außenseiten mit aufwändigen und reichen, vertieften Reliefs verziert:
Beide oberen Außen-Flächen des Pultes zeigen geometrisch stilisierte Ansichten von Moscheen mit je zwei Minaretten. Der untere Rand des Koran-Ständers ist zu zwei Nischen mit 'hängenden' Dekorteilen ausgeschnitten, was an allen vier Ecken zarte, kurze 'Standbeine' ergibt. Dazu Bänder aus Punkt-Kreis-Ornamenten, Zick-zack-Linien, Voluten, Eck-Palmetten usw.
Ein sorgfältig gearbeitetes Stück, mit alter Gebrauchs-Patina und nur zwei minimalen Altersschäden (je ein kleiner Abbruch oben und unten). 19. Jh.; Maße: 52 cm x 23 cm (zusammengeklappt); H: 32 cm (aufgeklappt). (ME)