Lot Nr. 11


Meister von Bordo alla Collina, Scolaio di Giovanni

[Saleroom Notice]
Meister von Bordo alla Collina, Scolaio di Giovanni - Alte Meister

(Florenz ca. 1370–1434)
Madonna dell’Umiltà mit den Heiligen Johannes dem Täufer, Julianus, Antonius Abbas und Nikolaus von Bari,
Tempera auf Goldgrund auf Holz, 103 x 52,5 cm, ungerahmt

Provenienz:
Europäische Privatsammlung

Das Gemälde ist unter der Nr. 9768 in der Fototeca Zeri registriert.

Wir danken Alessandro Tomei für die Bestätigung der Zuschreibung.

Der Name Meister von Borgo alla Collina rührt von einem aus dem Jahr 1423 stammenden Triptychon her, das sich immer noch in der Pfarrkirche von Borgo alla Collina im Casentino in der Toskana befindet (siehe G. Pudelko, The Maestro del Bambino Vispo, in: Art in America, 1938, S. 53). In der Entwicklung dieses Künstlers gibt es Parallelen zum Meister des Bambino Vispo, der heute als Gherardo Starnina identifiziert werden kann. Die Gleichsetzung des Meisters des Bambino Vispo mit dem Florentiner Gherardo di Jacopo Starnina (siehe J. van Waadenoijen, Starnina e il gotico internazionale a Firenze, Florenz 1983, S. 45, 48, 49, 54, 60) hat dazu beigetragen, mehr Licht auf das Schaffen des Meisters von Borgo alla Collina zu werfen, der in seiner Spätzeit in einer ähnlichen Manier arbeitete und möglicherweise ein Werkstattmitarbeiter gewesen war; er behielt diesen Stil im zweiten und dritten Jahrzehnt des Quattrocento bei, als er vor allem in der Region des Casentino tätig war.

Die Ausmaße des vorliegenden Gemäldes lassen darauf schließen, dass es einmal Teil eines kleinen tragbaren Altars (anconetta) für private Andachtszwecke gewesen sein könnte, der möglicherweise aus mehreren Tafeln bestand, wobei das vorliegende Bild als Mitteltafel diente. Das ungewöhnliche Stanzmuster des Heiligenscheins der Madonna, welcher von um einen Mittelzweig paarweise angeordneten symmetrischen Blättern gebildet wird und darin einem zwischen Florenz und Pisa gegen Ende des 14. Jahrhunderts sehr beliebten Typus entspricht, gleicht jenem der Himmelfahrt Mariens in der Pfarrkirche von Stia (Casentino), die Pudelko dem Meister von Borgo alla Collina zugeschrieben hat (siehe G. Pudelko, The Maestro del Bambino Vispo, in: Art in America, 1938, S. 58).

Aus der vorliegenden Tafel, die ans Ende der 1420er- oder sogar in die 1430er-Jahre datiert werden kann, spricht die Kenntnis von Vorbildern aus der Werkstatt Gherardo Starninas. Die Heiligenscheine der Nebenfiguren stimmen genau mit dem von Starnina in Werken wie der Anbetung der Könige in Kansas City oder der Madonna in Malibu verwendeten Typus überein. Die Figuren von Johannes dem Täufer und dem heiligen Nikolaus im Vordergrund sind exakt dem kleinformatigen Altarbild Starninas in der Accademia in Florenz (Nr. 441) entlehnt, das in die letzten Schaffensjahre des Künstlers und mit Sicherheit vor 1413 zu datieren ist. Die Gruppe der Madonna mit Kind spricht für eine Vertrautheit mit modernen Entwicklungen in der Malerei. Das stehende Kind, das seine Arme nach dem Hals der Mutter ausstreckt und ihr seinen Kopf zuneigt beruht auf einem Prototyp Masolino da Panicales von 1423 (Bremen, Kunsthalle).

Das Gemälde zeichnet sich durch eine ausgereifte Maltechnik aus und ist eine Summe von Arbeitsweisen, wie sie in der Malerei des 14. Jahrhunderts anzutreffen sind, angefangen von der Unterzeichnung der Umrisse vor allem der Faltenwürfe, die präzise mit einem dünnen Pinsel gezeichnet oder zuweilen graviert sind, etwa im blauen, mit Azurit gemalten Mantel der Madonna. Besonderes interessant ist, dass der Körper des Jesuskindes unterhalb seines Hemdes zeichnerisch und malerisch vollständig ausgeführt wurde (siehe Infrarotreflektografie). Die Stanzungen, die in der Infrarotreflektografie als eine Reihe kleiner Punkte sichtbar werden, dienten dazu, die zarten, dekorativen Muster des roten Kleides der Madonna und des gelben Aufschlags ihres Mantels zu übertragen. Viele Merkmale lassen an den Traktat über die Kunst der Malerei Cennino Cenninis vom Beginn des 14. Jahrhunderts denken (Cennino Cennini, Il libro dell’arte, II, Ausg. Vicenza 2004). In den blau gemalten Bereichen wurde Azurit verwendet, während Lapislazuli einigen Details im Umhang des heiligen Nikolaus vorbehalten blieb; Indigo kam in Kombination mit Gelb für die Musterung der Bodenfliesen zum Einsatz. Für die helleren Rottöne wurde Zinnober verwendet, in Verbindung mit einem karminroten Pigment für die entsprechenden Schatten, etwa im Kleid der Madonna, oder in unterschiedlichen Abstufungen mit Bleiweiß gemischt im Mantel des Täufers und im Kleid des Kindes. Für die Gelbtöne wurden Gelb- und Ockerpigmente auf Bleibasis herangezogen.

Saleroom Notice:

Literatur:
A. Lenza, Il Maestro di Borgo alla Collina. Proposte per Scolaio di Giovanni pittore tardogotico fiorentino, Florenz 2012, S. 64, Nr. XII (mit falschen Maßen)

21.04.2015 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 62.500,-
Schätzwert:
EUR 50.000,- bis EUR 60.000,-

Meister von Bordo alla Collina, Scolaio di Giovanni

[Saleroom Notice]

(Florenz ca. 1370–1434)
Madonna dell’Umiltà mit den Heiligen Johannes dem Täufer, Julianus, Antonius Abbas und Nikolaus von Bari,
Tempera auf Goldgrund auf Holz, 103 x 52,5 cm, ungerahmt

Provenienz:
Europäische Privatsammlung

Das Gemälde ist unter der Nr. 9768 in der Fototeca Zeri registriert.

Wir danken Alessandro Tomei für die Bestätigung der Zuschreibung.

Der Name Meister von Borgo alla Collina rührt von einem aus dem Jahr 1423 stammenden Triptychon her, das sich immer noch in der Pfarrkirche von Borgo alla Collina im Casentino in der Toskana befindet (siehe G. Pudelko, The Maestro del Bambino Vispo, in: Art in America, 1938, S. 53). In der Entwicklung dieses Künstlers gibt es Parallelen zum Meister des Bambino Vispo, der heute als Gherardo Starnina identifiziert werden kann. Die Gleichsetzung des Meisters des Bambino Vispo mit dem Florentiner Gherardo di Jacopo Starnina (siehe J. van Waadenoijen, Starnina e il gotico internazionale a Firenze, Florenz 1983, S. 45, 48, 49, 54, 60) hat dazu beigetragen, mehr Licht auf das Schaffen des Meisters von Borgo alla Collina zu werfen, der in seiner Spätzeit in einer ähnlichen Manier arbeitete und möglicherweise ein Werkstattmitarbeiter gewesen war; er behielt diesen Stil im zweiten und dritten Jahrzehnt des Quattrocento bei, als er vor allem in der Region des Casentino tätig war.

Die Ausmaße des vorliegenden Gemäldes lassen darauf schließen, dass es einmal Teil eines kleinen tragbaren Altars (anconetta) für private Andachtszwecke gewesen sein könnte, der möglicherweise aus mehreren Tafeln bestand, wobei das vorliegende Bild als Mitteltafel diente. Das ungewöhnliche Stanzmuster des Heiligenscheins der Madonna, welcher von um einen Mittelzweig paarweise angeordneten symmetrischen Blättern gebildet wird und darin einem zwischen Florenz und Pisa gegen Ende des 14. Jahrhunderts sehr beliebten Typus entspricht, gleicht jenem der Himmelfahrt Mariens in der Pfarrkirche von Stia (Casentino), die Pudelko dem Meister von Borgo alla Collina zugeschrieben hat (siehe G. Pudelko, The Maestro del Bambino Vispo, in: Art in America, 1938, S. 58).

Aus der vorliegenden Tafel, die ans Ende der 1420er- oder sogar in die 1430er-Jahre datiert werden kann, spricht die Kenntnis von Vorbildern aus der Werkstatt Gherardo Starninas. Die Heiligenscheine der Nebenfiguren stimmen genau mit dem von Starnina in Werken wie der Anbetung der Könige in Kansas City oder der Madonna in Malibu verwendeten Typus überein. Die Figuren von Johannes dem Täufer und dem heiligen Nikolaus im Vordergrund sind exakt dem kleinformatigen Altarbild Starninas in der Accademia in Florenz (Nr. 441) entlehnt, das in die letzten Schaffensjahre des Künstlers und mit Sicherheit vor 1413 zu datieren ist. Die Gruppe der Madonna mit Kind spricht für eine Vertrautheit mit modernen Entwicklungen in der Malerei. Das stehende Kind, das seine Arme nach dem Hals der Mutter ausstreckt und ihr seinen Kopf zuneigt beruht auf einem Prototyp Masolino da Panicales von 1423 (Bremen, Kunsthalle).

Das Gemälde zeichnet sich durch eine ausgereifte Maltechnik aus und ist eine Summe von Arbeitsweisen, wie sie in der Malerei des 14. Jahrhunderts anzutreffen sind, angefangen von der Unterzeichnung der Umrisse vor allem der Faltenwürfe, die präzise mit einem dünnen Pinsel gezeichnet oder zuweilen graviert sind, etwa im blauen, mit Azurit gemalten Mantel der Madonna. Besonderes interessant ist, dass der Körper des Jesuskindes unterhalb seines Hemdes zeichnerisch und malerisch vollständig ausgeführt wurde (siehe Infrarotreflektografie). Die Stanzungen, die in der Infrarotreflektografie als eine Reihe kleiner Punkte sichtbar werden, dienten dazu, die zarten, dekorativen Muster des roten Kleides der Madonna und des gelben Aufschlags ihres Mantels zu übertragen. Viele Merkmale lassen an den Traktat über die Kunst der Malerei Cennino Cenninis vom Beginn des 14. Jahrhunderts denken (Cennino Cennini, Il libro dell’arte, II, Ausg. Vicenza 2004). In den blau gemalten Bereichen wurde Azurit verwendet, während Lapislazuli einigen Details im Umhang des heiligen Nikolaus vorbehalten blieb; Indigo kam in Kombination mit Gelb für die Musterung der Bodenfliesen zum Einsatz. Für die helleren Rottöne wurde Zinnober verwendet, in Verbindung mit einem karminroten Pigment für die entsprechenden Schatten, etwa im Kleid der Madonna, oder in unterschiedlichen Abstufungen mit Bleiweiß gemischt im Mantel des Täufers und im Kleid des Kindes. Für die Gelbtöne wurden Gelb- und Ockerpigmente auf Bleibasis herangezogen.

Saleroom Notice:

Literatur:
A. Lenza, Il Maestro di Borgo alla Collina. Proposte per Scolaio di Giovanni pittore tardogotico fiorentino, Florenz 2012, S. 64, Nr. XII (mit falschen Maßen)


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 21.04.2015 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 11.04. - 21.04.2015


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

Es können keine Kaufaufträge über Internet mehr abgegeben werden. Die Auktion befindet sich in Vorbereitung bzw. wurde bereits durchgeführt.