Lot Nr. 538


Valentin de Boulogne


Valentin de Boulogne - Alte Meister

(Coulommiers-en-Brie, Seine-et-Marne 1591?–1632 Rom)
Der Heilige Paulus Eremit,
Öl auf Leinwand, 150 x 120 cm, ungerahmt

Provenienz:
Europäische Privatsammlung

Wir danken Prof. Wolfgang Prohaska für seinen Hinweis auf die Zuschreibung nachdem er das Gemälde im Original untersucht hat.

Das vorliegende Gemälde mit dem Heiligen Paulus Eremita ist ein meisterhaft ausgeführtes Werk aus der späten Schaffenszeit Valentin de Boulognes. Der Heilige ist vor einem dunklen Landschaftshintergrund in starkem Hell-Dunkel Kontrast dargestellt, erzeugt durch ein von rechts einfallendes Streiflicht. Der gekonnt konstruierte Landschaftsausschnitt balanciert die Komposition aus. Paulus gilt als „Urheber des Einsiedlerlebens”, seine Lebensgeschichte wurde 376 von Hieronymus verfasst. Demnach wurde Paulus als Sohn wohlhabender christlicher Eltern in Ägypten geboren und ging während der Christenverfolgungen unter Decius als erster christlicher Einsiedler und Asket in die ägyptische Wüste. Dort lebte er jahrzehntelang alleine, von einer Quelle, einer Palme und einem Raben, der ihm täglich ein halbes Brot brachte, versorgt.

Der Künstler führte den Heiligen und seine Attribute – den aus Palmstroh geflochtenen Rock, das geöffnete Buch, das Brot, den Rosenkranz und das Kruzifix – in freier, flüssiger Malweise aus, die der Figur und den Gegenständen gleichzeitig Transparenz und Relief verleiht. Stilistische Übereinstimmungen, wie die offenen Hände des Heiligen mit leicht gebeugten Fingern, findet man vor allem in zwei Hieronymus-Darstellungen des Künstlers (Wellesley, Jewett Arts Center bzw. Camerino, Santa Maria in Via), beide etwa 1629 datierbar (vgl. M. Mojana, Valentin de Boulogne, 1989, S. 158, 160). Dies erlaubt eine Einordnung des vorliegenden Gemäldes in die zweite Hälfte der zwanziger Jahre des 17. Jahrhunderts. In seinem Spätwerk fand Valentin zu einer subtileren Malweise und weniger abrupten Stimmungen, sodass bereits eine Art Erhabenheit und eine Verschmelzung zwischen dem Caravaggismus und dem klassischen Barock spürbar wird. Es liegt eine stärkere Betonung auf der psychologischen Beziehung zwischen den Protagonisten und häufig auch auf einem spirituellen und nach innen gekehrten Ausdruck.

Valentin de Boulogne verbrachte den Großteil seiner Laufbahn in Rom, wo er unter dem Einfluss Caravaggios und Bartolomeo Manfredis stand. Er wurde in Coulommiers-en-Brie, Seine-et-Marne, geboren; sein Name leitet sich von Boulogne-sur-Mer, Pas de Calais, ab. Seine frühe Ausbildung erhielt er vermutlich von seinem Vater, doch sein Malstil wurde in Italien geprägt. Dem deutschen Kunstschriftsteller Sandrart zufolge befand sich der Künstler bereits vor 1614 in Rom, als auch sein Landsmann Vouet in die Stadt kam, doch dokumentarisch ist er dort erst 1620 nachweisbar. Spätestens 1624 gehörter er der Vereinigung Schildersbent, einer Gruppe in Rom lebender holländischer und flämischer Künstler, an; zudem war er Mitglied der Accademia di S. Luca. In Valentins Frühwerk scheinen sich dieselben Anliegen, Themen und stilistischen Einflüsse zu finden, die man mit anderen Künstlern des Manfredi-Kreises verbindet: Genreszenen aus dem einfachsten Leben wie Die Falschspieler (Dresden, Gemäldegalerie) und das Konzert (Chatsworth, Derbyshire) sowie eher dramatische religiöse Sujets wie Die Verleugnung des hl. Petrus (Florenz, Stiftung Longhi) und Christus jagt die Geldwechsler aus dem Tempel (Rom, Galleria Corsini), welches den Einfluss von Caravaggios Berufung des Hl. Matthäus in S. Luigi dei Francesi in Rom verrät.

Über Valentins letzte Lebensjahre ist relativ viel bekannt. Wie andere französische Maler in Rom arbeitete er für die frankophile Familie Barberini und ab 1627 für Kardinal Francesco Barberini, der ihm regelmäßig Aufträge zukommen ließ. Aus diesen Jahren datieren ein David (Fountain Valley, Privatsammlung) und eine Enthauptung des hl. Johannes des Täufers (ehem. Galleria Sciarra, Rom, Mitte des 19. Jahrhunderts). 1628 wurde er für eine Allegorie Roms bzw. Allegorie Italiens (Rom, Istituto Finlandese, Villa Lante sul Gianicolo) und für ein Porträt Kardinal Barberinis (unbekannter Aufbewahrungsort) bezahlt. Ende 1630 bezahlte ihn Barberini für einen Samson (Cleveland Museum of Art, Ohio). Ein Jahr davor war Valentin mit dem Altarbild Martyrium der Heiligen Processus and Martinianus für die Basilika von Sankt Peter beauftragt worden (Rom, Pinacoteca Vaticana), was einem Zeichen besonderer Gunst gleichkam. Einer von Valentins letzten Aufträgen war das großformatige Gemälde Zusammentreffen bei einer Wahrsagerin (Liechtenstein Museum, Wien), das er im Frühjahr 1631 für Fabrizio Valguarnera, einen sizilianischen Edelmann, malte.

Baglione zufolge starb Valentin an einer Erkältung, die er sich nach dem Bad in einem Brunnen und nach einer durchzechten Nacht einhandelte. Baglione erwähnt auch, dass Cassiano dal Pozzo für die Begräbniskosten aufkam.


Eine alternative Zuschreibung an Agostino Scilla (Messina 1629–1700 Rom) wurde vorgeschlagen.

Provenienz:
Europäische Privatsammlung

Wir danken Prof. Wolfgang Prohaska für seinen Hinweis auf die Zuschreibung.

Das vorliegende Gemälde mit dem Heiligen Paulus Eremita ist ein meisterhaft ausgeführtes Werk aus der späten Schaff

15.10.2013 - 18:00

Schätzwert:
EUR 80.000,- bis EUR 120.000,-

Valentin de Boulogne


(Coulommiers-en-Brie, Seine-et-Marne 1591?–1632 Rom)
Der Heilige Paulus Eremit,
Öl auf Leinwand, 150 x 120 cm, ungerahmt

Provenienz:
Europäische Privatsammlung

Wir danken Prof. Wolfgang Prohaska für seinen Hinweis auf die Zuschreibung nachdem er das Gemälde im Original untersucht hat.

Das vorliegende Gemälde mit dem Heiligen Paulus Eremita ist ein meisterhaft ausgeführtes Werk aus der späten Schaffenszeit Valentin de Boulognes. Der Heilige ist vor einem dunklen Landschaftshintergrund in starkem Hell-Dunkel Kontrast dargestellt, erzeugt durch ein von rechts einfallendes Streiflicht. Der gekonnt konstruierte Landschaftsausschnitt balanciert die Komposition aus. Paulus gilt als „Urheber des Einsiedlerlebens”, seine Lebensgeschichte wurde 376 von Hieronymus verfasst. Demnach wurde Paulus als Sohn wohlhabender christlicher Eltern in Ägypten geboren und ging während der Christenverfolgungen unter Decius als erster christlicher Einsiedler und Asket in die ägyptische Wüste. Dort lebte er jahrzehntelang alleine, von einer Quelle, einer Palme und einem Raben, der ihm täglich ein halbes Brot brachte, versorgt.

Der Künstler führte den Heiligen und seine Attribute – den aus Palmstroh geflochtenen Rock, das geöffnete Buch, das Brot, den Rosenkranz und das Kruzifix – in freier, flüssiger Malweise aus, die der Figur und den Gegenständen gleichzeitig Transparenz und Relief verleiht. Stilistische Übereinstimmungen, wie die offenen Hände des Heiligen mit leicht gebeugten Fingern, findet man vor allem in zwei Hieronymus-Darstellungen des Künstlers (Wellesley, Jewett Arts Center bzw. Camerino, Santa Maria in Via), beide etwa 1629 datierbar (vgl. M. Mojana, Valentin de Boulogne, 1989, S. 158, 160). Dies erlaubt eine Einordnung des vorliegenden Gemäldes in die zweite Hälfte der zwanziger Jahre des 17. Jahrhunderts. In seinem Spätwerk fand Valentin zu einer subtileren Malweise und weniger abrupten Stimmungen, sodass bereits eine Art Erhabenheit und eine Verschmelzung zwischen dem Caravaggismus und dem klassischen Barock spürbar wird. Es liegt eine stärkere Betonung auf der psychologischen Beziehung zwischen den Protagonisten und häufig auch auf einem spirituellen und nach innen gekehrten Ausdruck.

Valentin de Boulogne verbrachte den Großteil seiner Laufbahn in Rom, wo er unter dem Einfluss Caravaggios und Bartolomeo Manfredis stand. Er wurde in Coulommiers-en-Brie, Seine-et-Marne, geboren; sein Name leitet sich von Boulogne-sur-Mer, Pas de Calais, ab. Seine frühe Ausbildung erhielt er vermutlich von seinem Vater, doch sein Malstil wurde in Italien geprägt. Dem deutschen Kunstschriftsteller Sandrart zufolge befand sich der Künstler bereits vor 1614 in Rom, als auch sein Landsmann Vouet in die Stadt kam, doch dokumentarisch ist er dort erst 1620 nachweisbar. Spätestens 1624 gehörter er der Vereinigung Schildersbent, einer Gruppe in Rom lebender holländischer und flämischer Künstler, an; zudem war er Mitglied der Accademia di S. Luca. In Valentins Frühwerk scheinen sich dieselben Anliegen, Themen und stilistischen Einflüsse zu finden, die man mit anderen Künstlern des Manfredi-Kreises verbindet: Genreszenen aus dem einfachsten Leben wie Die Falschspieler (Dresden, Gemäldegalerie) und das Konzert (Chatsworth, Derbyshire) sowie eher dramatische religiöse Sujets wie Die Verleugnung des hl. Petrus (Florenz, Stiftung Longhi) und Christus jagt die Geldwechsler aus dem Tempel (Rom, Galleria Corsini), welches den Einfluss von Caravaggios Berufung des Hl. Matthäus in S. Luigi dei Francesi in Rom verrät.

Über Valentins letzte Lebensjahre ist relativ viel bekannt. Wie andere französische Maler in Rom arbeitete er für die frankophile Familie Barberini und ab 1627 für Kardinal Francesco Barberini, der ihm regelmäßig Aufträge zukommen ließ. Aus diesen Jahren datieren ein David (Fountain Valley, Privatsammlung) und eine Enthauptung des hl. Johannes des Täufers (ehem. Galleria Sciarra, Rom, Mitte des 19. Jahrhunderts). 1628 wurde er für eine Allegorie Roms bzw. Allegorie Italiens (Rom, Istituto Finlandese, Villa Lante sul Gianicolo) und für ein Porträt Kardinal Barberinis (unbekannter Aufbewahrungsort) bezahlt. Ende 1630 bezahlte ihn Barberini für einen Samson (Cleveland Museum of Art, Ohio). Ein Jahr davor war Valentin mit dem Altarbild Martyrium der Heiligen Processus and Martinianus für die Basilika von Sankt Peter beauftragt worden (Rom, Pinacoteca Vaticana), was einem Zeichen besonderer Gunst gleichkam. Einer von Valentins letzten Aufträgen war das großformatige Gemälde Zusammentreffen bei einer Wahrsagerin (Liechtenstein Museum, Wien), das er im Frühjahr 1631 für Fabrizio Valguarnera, einen sizilianischen Edelmann, malte.

Baglione zufolge starb Valentin an einer Erkältung, die er sich nach dem Bad in einem Brunnen und nach einer durchzechten Nacht einhandelte. Baglione erwähnt auch, dass Cassiano dal Pozzo für die Begräbniskosten aufkam.


Eine alternative Zuschreibung an Agostino Scilla (Messina 1629–1700 Rom) wurde vorgeschlagen.

Provenienz:
Europäische Privatsammlung

Wir danken Prof. Wolfgang Prohaska für seinen Hinweis auf die Zuschreibung.

Das vorliegende Gemälde mit dem Heiligen Paulus Eremita ist ein meisterhaft ausgeführtes Werk aus der späten Schaff


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old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 15.10.2013 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 05.10. - 15.10.2013