Lot Nr. 621


Lorenzo Pasinelli (Bologna 1629 – 1700)


Lorenzo Pasinelli (Bologna 1629 – 1700) - Alte Meister

Schlafender Amor in einer Landschaft, rückseitig am Keilrahmen von alter Hand beschriftetes Etikett “GG/F Niccolò Fava 1699”, Öl auf Leinwand, 93 x 143 cm, gerahmt

Provenienz:
18. Januar 1670: Auftragserteilung an Lorenzo Pasinelli durch Graf Alessandro Fava, Bologna;
22. November 1699: Sammlung Graf Niccolò Fava, Bologna;
europäische Privatsammlung.

Dokumentation:
Inventar von 1670, Archiv der Familie Fava, Bologna (Descritione delle pitture che sono in casa di me Alessandro fava fatta li 9 di ottobre 1675 […]), c. 33
Inventar von 1699, Archiv der Familie Fava, Bologna (Inventario delle pitture e scolture toccate all’illustrissimo signor conte Nicolò Maria Valeriano Fava nella divisione con l’illustrissimo suo signor fratello, c. 5v: „Un Amorino, che dorme sopra d’un Letto, posa il capo sopra d’un gran cuscino, con alcune freccie per il letto Paese in distanza con due piccole figurine, che guardano indietro, del Sig.r Pasinelli, in tela da 3 con cornice dorata.“ (als Pasinelli)

Das vorliegende Gemälde ist eine wichtige Hinzufügung zum Werk Lorenzo Pasinellis. Wir danken Dr. Emilio Negro für die Bestätigung der Zuschreibung, die auch durch archivalische Dokumente untermauert wird.

Dank eines alten Klebezettels auf der Rückseite des Keilrahmens konnte das vorliegende Gemälde als jenes identifiziert werden, das in Inventarverzeichnissen der Familie Fava des 17. Jahrhunderts erwähnt wird. Die Fava gehörten als wichtige Kunstförderer zu den bedeutendsten Adelsfamilien im damaligen Bologna. Der Klebezettel ist mit den Buchstaben „G“, „G“ und „F“ bezeichnet und trägt die Beschriftung „Niccolò Fava 1699“. Diese Angaben stimmen mit dem Inventarverzeichnis der Gemälde und Skulpturen im Besitz Niccolò Maria Valeriano Favas (1670–1736) überein. Das Inventar wurde am 22. November 1699 anlässlich der Aufteilung des Familienvermögens erstellt. In der kurzen Einleitung zu den Werkbeschreibungen der Kunstobjekte in den Räumlichkeiten des Palazzo Fava wird vermerkt, dass alle Gemälde und Skulpturen im Besitz Niccolòs mit seinem Namen „Niccolò Fava“ sowie mit einem Doppel-G und einem F (für „Gio Galeazzo Fava“, den Namen seines Großonkels) und der Jahreszahl „1699“ gekennzeichnet sind. Das Inventar wurde von dem Maler Donato Creti, selbst Schüler Lorenzo Pasinellis, verfasst. Es beschreibt Zimmer für Zimmer die Gemälde der Sammlung, unter denen sich Werke von den damals wichtigsten bolognesischen Künstlern wie Simone Cantarini, Lorenzo Pasinelli und Gian Gioseffo dal Sole befanden. Der Palast selbst war mit den berühmten Fresken der Carracci ausgestattet. Das vorliegende Gemälde hat sich dem Dokument zufolge im „Zimmer mit dem grünen Bett“ befunden und wird wie folgt beschrieben: „Un Amorino, che dorme sopra d’un Letto, posa il capo sopra d’un gran cuscino, con alcune freccie per il letto. Paese in distanza con due piccole figurine, che guardano indietro, del Sig.r Pasinelli, in tela da 3 con cornice dorata.“

Ein weiteres wichtiges Dokument im Familienarchiv klärt die genaue Chronologie und die Umstände der Auftragserteilung druch Graf Alessandro Fava. Das Werk wird in der „Beschreibung der im Palast von Alessandro Fava befindlichen Gemälde“, vom Grafen selbst verfasst und mit 9. Oktober 1675 datiert, erwähnt. Lorenzo Pasinelli scheint demnach am 9. Januar 1670 beauftragt worden zu sein, und das Werk wurde am 18. Januar, also nur neun Tage später, vollendet und vom Künstler geliefert. Die deutlich sichtbare freie und zügige Pinselführung des Gemäldes wurde auch von Alessandro Fava hervorgehoben, der das Bild als abgeschlossenes „bozza“ bezeichnet.

Das Werk war ein Geschenk Graf Alessandros an seine Frau Argia Ghislieri. Die Gräfin erwartete gerade ein Kind, und Alessandro hielt fest, dass er ihr einen Gegenstand schenken wollte, „che facesse buona impressione nel suo intelletto“. Pasinelli hat den schlafenden Amor in einer Landschaft dargestellt, deren Beschreibung durch den Grafen genau auf das vorliegende Gemälde zutrifft. Zudem decken sich die Ikonografie des Werks, sein Aufbewahrungsort im Palast und die Umstände der Auftragserteilung mit der Interpretation Emilio Negros.

Das vorliegende Gemälde zeigt Amor, den Gott der Liebe, auf einer eleganten mit Satin ausgelegten Liegestatt schlafend, die links zum Teil hinter einem Vorhang verborgen ist. Neben ihm befinden sich zwei Attribute: der goldene Pfeil, der die Liebe wachsen lässt, und ein zweiter Pfeil aus Blei, erkennbar an der deutlich sichtbaren silbernen Spitze, der es vermag, die Liebe wieder zum Erlöschen zu bringen. Rechts wird der Blick auf eine arkadische Landschaft mit einem auf dem Meer dahingleitenden Boot, einer Pyramide, einem Baum, mehreren Häusern und zwei Figuren – Mann und Frau – frei. Diese Details weisen die Szene als Bezugnahme auf das berühmte Pastoraldrama Il pastor fido von Giovan Battista Guarini aus, das 1590 in Venedig erschien: Die zwei Figuren im Hintergrund sind die Liebenden Mirtillo und Amarilli, die mit Bogen und Köcher, die sie dem schlafenden Amor entwendet haben, davonlaufen. Die in Arkadien angesiedelte Dichtung war im 17. Jahrhundert eines der bekanntesten literarischen Werke. Sie erschien in zahlreichen Ausgaben und inspirierte bildende Künstler ebenso wie eine Reihe von Komponisten. Auch das vorliegende Gemälde gehört zu den von dieser die aufrichtige und tugendhafte Liebe preisenden Dichtung angeregten Werken. Es handelt sich um einen Lobgesang auf die ehelichen Liebe, die unerschütterlich und sicher ist, im Gegensatz zur unsicheren Leidenschaft. Die besondere Ikonografie des Gemäldes weist darauf hin, dass es ein privates Schlafgemach schmücken sollte, um zwei Liebende daran zu erinnern, wie zerbrechlich und flüchtig die Liebe ist.

Dieses bisher unbekannte, aber gut dokumentierte Werk ist eine wichtige Hinzufügung zum Oeuvre Pasinellis und bestätigt die enge Beziehung zwischen dem Maler und der Familie Fava, vor allem zu Graf Alessandro. Künstler aus Pasinellis Werkstatt hielten sich häufig im Palazzo Fava auf, wo sie die berühmten Carracci-Fresken sowie Werke von Donato Creti studieren konnten. Zu diesen Künstlern gehörten Giovan Gioseffo del Sole, Giuseppe Maria Mazza, Ercole Graziani und Pietro Ercole Fava, der Sohn Alessandro Favas, der selbst die Laufbahn eines Malers einschlug und später Mitglied der Accademia Clemintina wurde.

Wir danken Dr. Emilio Negro für die Bestätigung der Zuschreibung an Lorenzo Pasinelli (schriftliche Mitteilung, 31. Juli 2012) sowie für seine Hilfe bei der Katalogisierung dieses Gemäldes.

17.10.2012 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 73.500,-
Schätzwert:
EUR 80.000,- bis EUR 120.000,-

Lorenzo Pasinelli (Bologna 1629 – 1700)


Schlafender Amor in einer Landschaft, rückseitig am Keilrahmen von alter Hand beschriftetes Etikett “GG/F Niccolò Fava 1699”, Öl auf Leinwand, 93 x 143 cm, gerahmt

Provenienz:
18. Januar 1670: Auftragserteilung an Lorenzo Pasinelli durch Graf Alessandro Fava, Bologna;
22. November 1699: Sammlung Graf Niccolò Fava, Bologna;
europäische Privatsammlung.

Dokumentation:
Inventar von 1670, Archiv der Familie Fava, Bologna (Descritione delle pitture che sono in casa di me Alessandro fava fatta li 9 di ottobre 1675 […]), c. 33
Inventar von 1699, Archiv der Familie Fava, Bologna (Inventario delle pitture e scolture toccate all’illustrissimo signor conte Nicolò Maria Valeriano Fava nella divisione con l’illustrissimo suo signor fratello, c. 5v: „Un Amorino, che dorme sopra d’un Letto, posa il capo sopra d’un gran cuscino, con alcune freccie per il letto Paese in distanza con due piccole figurine, che guardano indietro, del Sig.r Pasinelli, in tela da 3 con cornice dorata.“ (als Pasinelli)

Das vorliegende Gemälde ist eine wichtige Hinzufügung zum Werk Lorenzo Pasinellis. Wir danken Dr. Emilio Negro für die Bestätigung der Zuschreibung, die auch durch archivalische Dokumente untermauert wird.

Dank eines alten Klebezettels auf der Rückseite des Keilrahmens konnte das vorliegende Gemälde als jenes identifiziert werden, das in Inventarverzeichnissen der Familie Fava des 17. Jahrhunderts erwähnt wird. Die Fava gehörten als wichtige Kunstförderer zu den bedeutendsten Adelsfamilien im damaligen Bologna. Der Klebezettel ist mit den Buchstaben „G“, „G“ und „F“ bezeichnet und trägt die Beschriftung „Niccolò Fava 1699“. Diese Angaben stimmen mit dem Inventarverzeichnis der Gemälde und Skulpturen im Besitz Niccolò Maria Valeriano Favas (1670–1736) überein. Das Inventar wurde am 22. November 1699 anlässlich der Aufteilung des Familienvermögens erstellt. In der kurzen Einleitung zu den Werkbeschreibungen der Kunstobjekte in den Räumlichkeiten des Palazzo Fava wird vermerkt, dass alle Gemälde und Skulpturen im Besitz Niccolòs mit seinem Namen „Niccolò Fava“ sowie mit einem Doppel-G und einem F (für „Gio Galeazzo Fava“, den Namen seines Großonkels) und der Jahreszahl „1699“ gekennzeichnet sind. Das Inventar wurde von dem Maler Donato Creti, selbst Schüler Lorenzo Pasinellis, verfasst. Es beschreibt Zimmer für Zimmer die Gemälde der Sammlung, unter denen sich Werke von den damals wichtigsten bolognesischen Künstlern wie Simone Cantarini, Lorenzo Pasinelli und Gian Gioseffo dal Sole befanden. Der Palast selbst war mit den berühmten Fresken der Carracci ausgestattet. Das vorliegende Gemälde hat sich dem Dokument zufolge im „Zimmer mit dem grünen Bett“ befunden und wird wie folgt beschrieben: „Un Amorino, che dorme sopra d’un Letto, posa il capo sopra d’un gran cuscino, con alcune freccie per il letto. Paese in distanza con due piccole figurine, che guardano indietro, del Sig.r Pasinelli, in tela da 3 con cornice dorata.“

Ein weiteres wichtiges Dokument im Familienarchiv klärt die genaue Chronologie und die Umstände der Auftragserteilung druch Graf Alessandro Fava. Das Werk wird in der „Beschreibung der im Palast von Alessandro Fava befindlichen Gemälde“, vom Grafen selbst verfasst und mit 9. Oktober 1675 datiert, erwähnt. Lorenzo Pasinelli scheint demnach am 9. Januar 1670 beauftragt worden zu sein, und das Werk wurde am 18. Januar, also nur neun Tage später, vollendet und vom Künstler geliefert. Die deutlich sichtbare freie und zügige Pinselführung des Gemäldes wurde auch von Alessandro Fava hervorgehoben, der das Bild als abgeschlossenes „bozza“ bezeichnet.

Das Werk war ein Geschenk Graf Alessandros an seine Frau Argia Ghislieri. Die Gräfin erwartete gerade ein Kind, und Alessandro hielt fest, dass er ihr einen Gegenstand schenken wollte, „che facesse buona impressione nel suo intelletto“. Pasinelli hat den schlafenden Amor in einer Landschaft dargestellt, deren Beschreibung durch den Grafen genau auf das vorliegende Gemälde zutrifft. Zudem decken sich die Ikonografie des Werks, sein Aufbewahrungsort im Palast und die Umstände der Auftragserteilung mit der Interpretation Emilio Negros.

Das vorliegende Gemälde zeigt Amor, den Gott der Liebe, auf einer eleganten mit Satin ausgelegten Liegestatt schlafend, die links zum Teil hinter einem Vorhang verborgen ist. Neben ihm befinden sich zwei Attribute: der goldene Pfeil, der die Liebe wachsen lässt, und ein zweiter Pfeil aus Blei, erkennbar an der deutlich sichtbaren silbernen Spitze, der es vermag, die Liebe wieder zum Erlöschen zu bringen. Rechts wird der Blick auf eine arkadische Landschaft mit einem auf dem Meer dahingleitenden Boot, einer Pyramide, einem Baum, mehreren Häusern und zwei Figuren – Mann und Frau – frei. Diese Details weisen die Szene als Bezugnahme auf das berühmte Pastoraldrama Il pastor fido von Giovan Battista Guarini aus, das 1590 in Venedig erschien: Die zwei Figuren im Hintergrund sind die Liebenden Mirtillo und Amarilli, die mit Bogen und Köcher, die sie dem schlafenden Amor entwendet haben, davonlaufen. Die in Arkadien angesiedelte Dichtung war im 17. Jahrhundert eines der bekanntesten literarischen Werke. Sie erschien in zahlreichen Ausgaben und inspirierte bildende Künstler ebenso wie eine Reihe von Komponisten. Auch das vorliegende Gemälde gehört zu den von dieser die aufrichtige und tugendhafte Liebe preisenden Dichtung angeregten Werken. Es handelt sich um einen Lobgesang auf die ehelichen Liebe, die unerschütterlich und sicher ist, im Gegensatz zur unsicheren Leidenschaft. Die besondere Ikonografie des Gemäldes weist darauf hin, dass es ein privates Schlafgemach schmücken sollte, um zwei Liebende daran zu erinnern, wie zerbrechlich und flüchtig die Liebe ist.

Dieses bisher unbekannte, aber gut dokumentierte Werk ist eine wichtige Hinzufügung zum Oeuvre Pasinellis und bestätigt die enge Beziehung zwischen dem Maler und der Familie Fava, vor allem zu Graf Alessandro. Künstler aus Pasinellis Werkstatt hielten sich häufig im Palazzo Fava auf, wo sie die berühmten Carracci-Fresken sowie Werke von Donato Creti studieren konnten. Zu diesen Künstlern gehörten Giovan Gioseffo del Sole, Giuseppe Maria Mazza, Ercole Graziani und Pietro Ercole Fava, der Sohn Alessandro Favas, der selbst die Laufbahn eines Malers einschlug und später Mitglied der Accademia Clemintina wurde.

Wir danken Dr. Emilio Negro für die Bestätigung der Zuschreibung an Lorenzo Pasinelli (schriftliche Mitteilung, 31. Juli 2012) sowie für seine Hilfe bei der Katalogisierung dieses Gemäldes.


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 17.10.2012 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 06.10. - 17.10.2012


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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