Raffaello Vanni (Siena 1595- 1673)
Maria mit Kind und dem Johannesknaben, dahinter der heilige Joseph sowie zwei Engel, die den Kreuzestod ankündigen, Öl auf Leinwand, 121 x 162 cm, gerahmt
Wir danken Dr. Marco Ciampolini, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes auf Grundlage einer Digitalfotografie bestätigt hat. Er wird das Gemälde in seinen in Vorbereitung befindlichen Ergänzungsband zum Werkverzeichnis Raffaello Vannis aufnehmen.
Dieses bis dato unpublizierte Gemälde ist eine wichtige Ergänzung des Oeuvres Raffaello Vannis, Sohn des angesehenen spätmanieristischen Malers Francesco Vanni. Nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1610 ging Raffaello nach Rom, wo er kurz unter Guido Reni und über einen längeren Zeitraum unter Antonio Carracci ausgebildet wurde. Später entwickelte er eine Vorliebe für den barocken Klassizismus Romanellis und fand schließlich zu einer Malweise im Stil Cortonas.
In dem Raffaello Vanni gewidmeten Abschnitt seines kürzlich erschienen Werks über sienesische Maler des 17. Jahrhunderts, Pittori Senesi del Seicento (Siena 2010, S. 1068, Abb. S. 1067) hat Marco Ciampolini ein thematisch und kompositorisch identisches Werk veröffentlicht, das jedoch hinsichtlich Größe und Qualität hinter dem vorliegenden Werk zurückbleibt (Öl auf Leinwand, 112 x150 cm). Es wurde am 28. Mai 1998 bei Sotheby’s in London versteigert (Nr. 86, Farbabb., als Nachfolger von Massimo Stanzione) und hat sich als Werkstattkopie des vorliegenden Gemäldes entpuppt.
Unser Gemälde ist demnach der Prototyp eines Bildthemas, das zweifellos auf Anklang stieß. Das vorliegende Leinwandbild steht stilistisch Vannis Werken aus den frühen 1640er-Jahren nahe, insbesondere dem Gemälde der Heiligen Helena in der Kirche Santa Maria in Publicolis in Rom, das 1644 für Kardinal Marcello Santacroce entstanden ist und stilistisch derselben Entwicklungsphase zuzuordnen ist. Typologisch ähnelt die Heilige der Madonna unseres Gemäldes, sodass man annehmen könnte, dass der Maler auf dasselbe Modell zurückgegriffen hat. Der Einsatz der Farbe für die Modellierung der weichen Draperien ist identisch, ebenso das rote Gewand der hl. Helena mit seinen zarten Falten, das hier bei der Madonna wiederkehrt. Auffallend ist auch die beiden Gemälden eigene Zartheit des milchigen Inkarnats, die sie mit dem Werk Madonna mit Kind und sieben Seraphen in der Sammlung der Bank Monte dei Paschi di Siena (Kat. Nr. 2961), einem weiteren Hauptwerk des Jahres 1644, verbindet, das dem Maler nicht nur in Siena, sondern auch in Rom, wo ihn die große Aufgabe der Freskendekoration im Palazzo Patrizi erwartete, zu endgültigem Erfolg verhalf.
Die vorliegende Szene findet im häuslichen Umfeld statt: Die Jungfrau ist mit einer Stickerei beschäftigt, als das Jesuskind ihre Aufmerksamkeit auf zwei Engel lenkt, die das Kruzifix aufrichten. Die Madonna lässt ihre Arbeit sinken und umarmt das Jesuskind liebevoll mit melancholischem Gesichtsausdruck, während Johannes versucht, es zu trösten. Der im Hintergrund wachende heilige Josef führt einen Esel heran, offenbar um mit der Familie nach Ägypten zu fliehen. Obwohl die Szene eine Vorahnung auf den Leidensweg Christi darstellt, enthält sie keinerlei dramatische Akzente. Nichtsdestotrotz ist sie voll pulsierenden Lebens, das sowohl durch das dynamische Zusammenspiel der Figuren als auch durch die emotionale Poesie erzeugt wird und damit Elemente des bevorstehenden Barock in der Malerei vorwegnimmt.
Wir danken Dr. Marco Campolini für seine Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Loses.
17.10.2012 - 18:00
- Schätzwert:
-
EUR 80.000,- bis EUR 120.000,-
Raffaello Vanni (Siena 1595- 1673)
Maria mit Kind und dem Johannesknaben, dahinter der heilige Joseph sowie zwei Engel, die den Kreuzestod ankündigen, Öl auf Leinwand, 121 x 162 cm, gerahmt
Wir danken Dr. Marco Ciampolini, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes auf Grundlage einer Digitalfotografie bestätigt hat. Er wird das Gemälde in seinen in Vorbereitung befindlichen Ergänzungsband zum Werkverzeichnis Raffaello Vannis aufnehmen.
Dieses bis dato unpublizierte Gemälde ist eine wichtige Ergänzung des Oeuvres Raffaello Vannis, Sohn des angesehenen spätmanieristischen Malers Francesco Vanni. Nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1610 ging Raffaello nach Rom, wo er kurz unter Guido Reni und über einen längeren Zeitraum unter Antonio Carracci ausgebildet wurde. Später entwickelte er eine Vorliebe für den barocken Klassizismus Romanellis und fand schließlich zu einer Malweise im Stil Cortonas.
In dem Raffaello Vanni gewidmeten Abschnitt seines kürzlich erschienen Werks über sienesische Maler des 17. Jahrhunderts, Pittori Senesi del Seicento (Siena 2010, S. 1068, Abb. S. 1067) hat Marco Ciampolini ein thematisch und kompositorisch identisches Werk veröffentlicht, das jedoch hinsichtlich Größe und Qualität hinter dem vorliegenden Werk zurückbleibt (Öl auf Leinwand, 112 x150 cm). Es wurde am 28. Mai 1998 bei Sotheby’s in London versteigert (Nr. 86, Farbabb., als Nachfolger von Massimo Stanzione) und hat sich als Werkstattkopie des vorliegenden Gemäldes entpuppt.
Unser Gemälde ist demnach der Prototyp eines Bildthemas, das zweifellos auf Anklang stieß. Das vorliegende Leinwandbild steht stilistisch Vannis Werken aus den frühen 1640er-Jahren nahe, insbesondere dem Gemälde der Heiligen Helena in der Kirche Santa Maria in Publicolis in Rom, das 1644 für Kardinal Marcello Santacroce entstanden ist und stilistisch derselben Entwicklungsphase zuzuordnen ist. Typologisch ähnelt die Heilige der Madonna unseres Gemäldes, sodass man annehmen könnte, dass der Maler auf dasselbe Modell zurückgegriffen hat. Der Einsatz der Farbe für die Modellierung der weichen Draperien ist identisch, ebenso das rote Gewand der hl. Helena mit seinen zarten Falten, das hier bei der Madonna wiederkehrt. Auffallend ist auch die beiden Gemälden eigene Zartheit des milchigen Inkarnats, die sie mit dem Werk Madonna mit Kind und sieben Seraphen in der Sammlung der Bank Monte dei Paschi di Siena (Kat. Nr. 2961), einem weiteren Hauptwerk des Jahres 1644, verbindet, das dem Maler nicht nur in Siena, sondern auch in Rom, wo ihn die große Aufgabe der Freskendekoration im Palazzo Patrizi erwartete, zu endgültigem Erfolg verhalf.
Die vorliegende Szene findet im häuslichen Umfeld statt: Die Jungfrau ist mit einer Stickerei beschäftigt, als das Jesuskind ihre Aufmerksamkeit auf zwei Engel lenkt, die das Kruzifix aufrichten. Die Madonna lässt ihre Arbeit sinken und umarmt das Jesuskind liebevoll mit melancholischem Gesichtsausdruck, während Johannes versucht, es zu trösten. Der im Hintergrund wachende heilige Josef führt einen Esel heran, offenbar um mit der Familie nach Ägypten zu fliehen. Obwohl die Szene eine Vorahnung auf den Leidensweg Christi darstellt, enthält sie keinerlei dramatische Akzente. Nichtsdestotrotz ist sie voll pulsierenden Lebens, das sowohl durch das dynamische Zusammenspiel der Figuren als auch durch die emotionale Poesie erzeugt wird und damit Elemente des bevorstehenden Barock in der Malerei vorwegnimmt.
Wir danken Dr. Marco Campolini für seine Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Loses.
Käufer Hotline
Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at +43 1 515 60 403 |
Auktion: | Alte Meister |
Auktionstyp: | Saalauktion |
Datum: | 17.10.2012 - 18:00 |
Auktionsort: | Wien | Palais Dorotheum |
Besichtigung: | 06.10. - 17.10.2012 |