Lot Nr. 76


David Vinckboons


David Vinckboons - Alte Meister

(Mecheln 1576 – um 1632)
Kirchweihfest des heiligen Georg,
Öl auf Holz, 41,5 x 77 cm, gerahmt

Provenienz:
Privatsammlung, Paris;
Privatsammlung, Belgien;
Galerie de Jonckheere, Paris;
Privatsammlung (1997);
Auktion, Sotheby’s, London, 4. Dezember 2014, Lot 107;
Privatsammlung, Belgien

Literatur:
K. Goossens, David Vinckboons, Soest 1977, S. 140, Kat. Nr. 34, Abb. S. 71;
K. Ertz, David Vinckboons, Lingen 2016, S. 365, Kat. Nr. 101, Abb. S. 363

Kornel Goossens und Klaus Ertz datieren das vorliegende Gemälde in die Zeit um 1604.

Typisch für Vinckboons’ Frühwerk ist der Bildaufbau der aus der Vogelperspektive gesehenen Szenerie des vorliegenden Gemäldes. Es zeigt das Panorama eines bunten dörflichen Kirchweihfests, einer beliebten Festivität, die alljährlich in den holländischen Provinzen begangen wurde. Das Thema nahm seinen Ausgang bei Pieter Bruegel d. Ä. (siehe K. Ertz, op. cit, S. 361–367). Der Künstler, der großen Erfolg mit seinen Jahrmarktgemälden hatte, porträtiert hier die große Bandbreite an stattfindenden Aktivitäten: religiöse Prozessionen, Stehgreifaufführungen, Zechgelage, Tanz und Wettkämpfe. Diese höchst lebendigen Szenen sind durch intimere Passagen – zumeist Begegnungen wie jene des in einer schattigen Ecke sitzenden Paars – miteinander verbunden. Der Künstler beschreibt die winzigen Figuren, ihre farbenfrohen Gewänder und ausdrucksstarken Bewegungen mit großer Detailfreude. Alle diese aufmerksam festgehaltenen Einzelheiten lassen einen das Gemälde mit großem Vergnügen erkunden.

Technische Untersuchung:

Das Kirchweihfest des hl. Georg ist auf einer rückseitig verstrebten dünnen Holztafel auf einer eher dünn aufgetragenen weißen Grundierung gemalt, sodass die Maserung aufgrund der quer verlaufenden Holzfasern stellenweise zu erkennen ist. Dieser Malgrund wurde größtenteils mit senkrechten bzw. annähernd senkrechten Pinselstrichen bemalt.

Wie für diesen Künstler typisch ist das Gemälde höchst detailliert ausgeführt. Die mittels Infrarotreflektografie sichtbare Unterzeichnung ist sehr einfach und besteht nur in einer freihändigen Skizze in schwarzer Kreide, welche die Gebäude sowie weitere Strukturen oder größere Gegenstände summarisch beschreibt. Unter der Vielzahl an Figuren und Gegenständen deutet gelegentlich ein Oval deren beabsichtigte Platzierung an. Eine zweite, präzisere Art der Unterzeichnung kam zumindest bei einigen Figuren zum Einsatz. Diese ist im Infrarotlicht aufgrund ihrer geringen Opazität kaum sichtbar und wurde vermutlich mit der Feder oder einem dünnen Pinsel ausgeführt. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie mit Eisengallustinte (welche im Infrarotlicht weitgehend transparent erscheint) und dünnem Pinsel, wie Vinckboons sie bei seinen Zeichnungen auf Papier verwendete, gepaust wurde. Die erste Skizze weist einige auffallende Merkmale auf, etwa die Zickzacklinien auf dem Boden, die den Baumstamm definierende spiralförmige Linie oder die gelängten Ovalformen im Bereich der Boote.

Das künstlich hergestellte blaue Glaspigment Smalte, das von vielen niederländischen Meistern der Zeit vielfältig eingesetzt wurde, ist hier nicht Bestandteil der Farbpalette und wurde durch wertvolleres und kostspieligeres natürliches Ultramarinblau, gewonnen aus dem Gestein Lapislazuli, ersetzt. Dieses Pigment kam zusammen mit Azurit in den Bereichen des Himmels und Wassers zum Einsatz. Das weniger leuchtende Kupferkarbonat Azurit wurde für die Gewänder verwendet und ist auch Bestandteil der gesamten Grünskala, von den bläulichen Baumkronen im Hintergrund bis hin zu den satten und hellen Grüntönen des Laubes und des Grases, wobei die Menge von Bleizinngelb bei der Mischung entsprechend variiert. Der Gelbanteil ist bei den hellgrünen oder gelblichen Blättern höher; Bleizinngelb kommt auch in manchen mit Ockergelb modulierten Gewändern vor. Rotlack und Zinnober finden sich bei den Rosa- und Rottönen, Braunerden bei den Abstufungen von Braun. Alle genannten Pigmente kamen zusammen mit Schwarz in unterschiedlichen Mischungen und Gegenüberstellungen zum Einsatz, wodurch die reiche Buntfarbigkeit innerhalb der Figurendarstellungen erzielt wurde.

Wir danken Gianluca Poldi für die Durchführung der technischen Untersuchung.

Experte: Damian Brenninkmeyer Damian Brenninkmeyer
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

24.04.2018 - 17:00

Erzielter Preis: **
EUR 295.800,-
Schätzwert:
EUR 170.000,- bis EUR 200.000,-

David Vinckboons


(Mecheln 1576 – um 1632)
Kirchweihfest des heiligen Georg,
Öl auf Holz, 41,5 x 77 cm, gerahmt

Provenienz:
Privatsammlung, Paris;
Privatsammlung, Belgien;
Galerie de Jonckheere, Paris;
Privatsammlung (1997);
Auktion, Sotheby’s, London, 4. Dezember 2014, Lot 107;
Privatsammlung, Belgien

Literatur:
K. Goossens, David Vinckboons, Soest 1977, S. 140, Kat. Nr. 34, Abb. S. 71;
K. Ertz, David Vinckboons, Lingen 2016, S. 365, Kat. Nr. 101, Abb. S. 363

Kornel Goossens und Klaus Ertz datieren das vorliegende Gemälde in die Zeit um 1604.

Typisch für Vinckboons’ Frühwerk ist der Bildaufbau der aus der Vogelperspektive gesehenen Szenerie des vorliegenden Gemäldes. Es zeigt das Panorama eines bunten dörflichen Kirchweihfests, einer beliebten Festivität, die alljährlich in den holländischen Provinzen begangen wurde. Das Thema nahm seinen Ausgang bei Pieter Bruegel d. Ä. (siehe K. Ertz, op. cit, S. 361–367). Der Künstler, der großen Erfolg mit seinen Jahrmarktgemälden hatte, porträtiert hier die große Bandbreite an stattfindenden Aktivitäten: religiöse Prozessionen, Stehgreifaufführungen, Zechgelage, Tanz und Wettkämpfe. Diese höchst lebendigen Szenen sind durch intimere Passagen – zumeist Begegnungen wie jene des in einer schattigen Ecke sitzenden Paars – miteinander verbunden. Der Künstler beschreibt die winzigen Figuren, ihre farbenfrohen Gewänder und ausdrucksstarken Bewegungen mit großer Detailfreude. Alle diese aufmerksam festgehaltenen Einzelheiten lassen einen das Gemälde mit großem Vergnügen erkunden.

Technische Untersuchung:

Das Kirchweihfest des hl. Georg ist auf einer rückseitig verstrebten dünnen Holztafel auf einer eher dünn aufgetragenen weißen Grundierung gemalt, sodass die Maserung aufgrund der quer verlaufenden Holzfasern stellenweise zu erkennen ist. Dieser Malgrund wurde größtenteils mit senkrechten bzw. annähernd senkrechten Pinselstrichen bemalt.

Wie für diesen Künstler typisch ist das Gemälde höchst detailliert ausgeführt. Die mittels Infrarotreflektografie sichtbare Unterzeichnung ist sehr einfach und besteht nur in einer freihändigen Skizze in schwarzer Kreide, welche die Gebäude sowie weitere Strukturen oder größere Gegenstände summarisch beschreibt. Unter der Vielzahl an Figuren und Gegenständen deutet gelegentlich ein Oval deren beabsichtigte Platzierung an. Eine zweite, präzisere Art der Unterzeichnung kam zumindest bei einigen Figuren zum Einsatz. Diese ist im Infrarotlicht aufgrund ihrer geringen Opazität kaum sichtbar und wurde vermutlich mit der Feder oder einem dünnen Pinsel ausgeführt. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie mit Eisengallustinte (welche im Infrarotlicht weitgehend transparent erscheint) und dünnem Pinsel, wie Vinckboons sie bei seinen Zeichnungen auf Papier verwendete, gepaust wurde. Die erste Skizze weist einige auffallende Merkmale auf, etwa die Zickzacklinien auf dem Boden, die den Baumstamm definierende spiralförmige Linie oder die gelängten Ovalformen im Bereich der Boote.

Das künstlich hergestellte blaue Glaspigment Smalte, das von vielen niederländischen Meistern der Zeit vielfältig eingesetzt wurde, ist hier nicht Bestandteil der Farbpalette und wurde durch wertvolleres und kostspieligeres natürliches Ultramarinblau, gewonnen aus dem Gestein Lapislazuli, ersetzt. Dieses Pigment kam zusammen mit Azurit in den Bereichen des Himmels und Wassers zum Einsatz. Das weniger leuchtende Kupferkarbonat Azurit wurde für die Gewänder verwendet und ist auch Bestandteil der gesamten Grünskala, von den bläulichen Baumkronen im Hintergrund bis hin zu den satten und hellen Grüntönen des Laubes und des Grases, wobei die Menge von Bleizinngelb bei der Mischung entsprechend variiert. Der Gelbanteil ist bei den hellgrünen oder gelblichen Blättern höher; Bleizinngelb kommt auch in manchen mit Ockergelb modulierten Gewändern vor. Rotlack und Zinnober finden sich bei den Rosa- und Rottönen, Braunerden bei den Abstufungen von Braun. Alle genannten Pigmente kamen zusammen mit Schwarz in unterschiedlichen Mischungen und Gegenüberstellungen zum Einsatz, wodurch die reiche Buntfarbigkeit innerhalb der Figurendarstellungen erzielt wurde.

Wir danken Gianluca Poldi für die Durchführung der technischen Untersuchung.

Experte: Damian Brenninkmeyer Damian Brenninkmeyer
+43 1 515 60 403

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Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 24.04.2018 - 17:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 14.04. - 24.04.2018


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

Es können keine Kaufaufträge über Internet mehr abgegeben werden. Die Auktion befindet sich in Vorbereitung bzw. wurde bereits durchgeführt.