(Cento 1591-1666 Bologna) Studie einer jungen Frau mit einem Weinglas und einer Karaffe, rote Kreide auf Bütten, 15,8 x 13 cm, Passep., gerahmt, (Sch)

Provenienz:
Auktion Bonham's, London, 23. April 2008, Lot 239; Privatsammlung, Frankreich.

Literatur:
Die Zeichnung ist publiziert in: N. Turner, The Paintings of Guercino. A Revised and Expanded Catalogue Raisonné, Rom 2017, S. 296, Nr. 396. Zu dem Gemälde "Lot und seine Töchter" im Louvre siehe auch: L. Salerno, I dipinti del Guercino, Rom 1988, S. 354, Nr. 284.

Gutachten:
Die Zuschreibung an Guercino wurde von Dr. Nicholas Turner in einem Gutachten vom 15. Jänner 2008 sowie in einer schriftlichen Mitteilung vom 25. Juli 2017 bestätigt. Bei der vorliegenden Zeichnung dürfte es sich um eine Vorstudie zur linken weiblichen Figur in dem Gemälde "Lot und seine Töchter" (1651) im Louvre in Paris handeln (Salerno 1988, Nr. 284; Turner 2017, Nr. 396). Während die Figur in dem Gemälde mit über der Brust verschränkten Armen auf einem Stein sitzend erscheint und gerade ihre Schwester beobachtet, die ihrem Vater aus einer in Stroh gehüllten Karaffe Wein ausschenkt, ist sie in der Zeichnung mit einem Weinglas und einer Karaffe dargestellt. Auch die Lichtquelle kommt in der Zeichnung anders als in dem Gemälde von der linken Seite, der Neigungswinkel des Kopfes sowie die Gesichtszüge der Frau sind jedoch dem Gemälde im Louvre nicht unähnlich. Auch in der früheren Version des Gemäldes von 1650 in der Gemäldegalerie Dresden ist die Pose und Physiognomie der Dargestellten der vorliegenden Zeichnung vergleichbar.

Insgesamt fertigte Guercino in den frühen 1650er Jahren drei großformatige, ganzfigurige Gemälde mit "Lot und seinen Töchtern" für verschiedene Auftraggeber an (Salerno 1988, Nr. 275; Nr. 284; Nr. 296). Erstaunlicherweise wurden jedoch bisher keine Entwurfszeichnungen für die Gemälde identifiziert, vielmehr dürfte Guercino die Gemälde in verschiedenen Einzelstudien der Figuren vorbereitet haben, die wiederum in starker Variation zur Ausführung kamen. Das Gemälde im Louvre ist die einzige Version, in dem eine der Töchter mit entblößtem Oberkörper erscheint. Die vorliegende Zeichnung dürfte daher in Vorbereitung für diese Komposition entstanden sein. Anhand stilistischer Merkmale schlägt Dr. Nicholas Turner eine Datierung um 1650 vor.