Lot Nr. 100


Antonio Stom


Antonio Stom - Alte Meister

(Venedig 1688-1734)
Ball zu Ehren von Anna Maria Luisa de’ Medici, Kurfürstin von der Pfalz und Tochter von Cosimo III., Großherzog von Toskana,
Öl auf Leinwand, 141 x 227 cm, gerahmt

Provenienz:
vermutlich Sammlung der Familie Mocenigo, Venedig;
Sammlung Dr. Paul Müller, Paris, um 1914 (als Pietro Longhi);
Galerie Brunner, Paris, 1914 (Leihgabe von Dr. Paul Müller);
Privatsammlung, Mailand, 1962;
Europäische Privatsammlung

Ausgestellt:
Paris, Galerie Brunner, Exposition rétrospective des Peintres de Venise (XVIIIe et XIXe siècles), 18. Mai - 20. Juni 1914, Nr. 47

Literatur:
Exposition rétrospective des Peintres de Venise (XVIIIe et XIXe siècles), Paris 1914, S. 28, Nr. 47 (als Pietro Longhi) ;
A. Morassi, Preludio per Antonio Stom detto il „Tonino“, in: Pantheon, XX, 1962, S. 297 und 304/305, Abb. 19, 20 (als Antonio Stom);
P. Kragelund, Popes, Kings and the Medici in the Eighteenth-Century fasti of the Palazzo Mocenigo di S. Stae in Venice, in: Journal of the History of Collections, 22, 2010, S. 215 (als Antonio Stom)

Das vorliegende Gemälde zeigt eine Episode aus dem Leben des venezianischen Adels des 18. Jahrhunderts, die von Antonio Stom lebendig und ausdrucksvoll gestaltet ist. Das Werk des Künstlers schlägt eine Brücke zwischen den Ansichten Giuseppe Heintz’ aus dem 17. Jahrhundert und der Epoche der großen Vedutisten des 18. Jahrhunderts.

Die große Leinwand stellt uns einen weiten Saal vor Augen, in dem eine Feier zu Ehren der Trauer tragenden adeligen Dame stattfindet, die rechts unter dem roten Baldachin sitzt. Die Gäste betreten paarweise den Saal, während die Damen des Hofes in Lehnstühlen Platz genommen haben, die entlang der Wände des Saals aufgestellt sind. Auf dem hohen Balkon links sieht man das Orchester.

Ebendiese Episode stellt Antonio Stom auch auf einem anderen Gemälde dar, das eine ähnliche Komposition aufweist, aber hochformatig ist (Palazzo Mocenigo, Venedig, siehe Abb. 1). Dieses Bild befand sich ehemals in der Sammlung der Familie Mocenigo und gehört zu einer Serie von drei Werken in den Beständen des venezianischen Palasts. Die Serie erinnert an drei mit einem historischen Ereignis verbundene Momente in der Geschichte der venezianischen Familie Mocenigo.

Für Morassi war das historische Ereignis der Einzug der sächsischen Prinzessin Maria Amalia in Padua im Jahr 1737 (Morassi 1962). Später identifizierte De Zucco die auf den Leinwänden im Palazzo Mocenigo Huldigungen entgegennehmende Dame als Violante Beatrix von Bayern, die Witwe von Ferdinando III. de’ Medici, die 1717 in Verona empfangen wurde (siehe L. De Zucco, Per Antonio Stom, pittore veneto del Settecento, in: Arte in Friuli. Arte a Trieste, 1976, S. 54/55). In jüngerer Zeit hat Kragelung schließlich in der fürstlichen Dame Anna Maria Luisa de’ Medici, die letzte Angehörige des Hauses Medici und Tochter des Großherzogs Cosimo III., erkannt, die nach dem Tod ihres Gemahls, des Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz, von Düsseldorf in die Toskana zurückkehrte. Im Lauf ihrer Reise wurde sie im Oktober 1717 in Verona von dem Dogen Alvise Mocenigo IV. empfangen und wohnte dort im Palazzo Carlotti. Die drei Mocenigo-Gemälde stellen daher Anna Maria Luisa de’Medici beim Umzug durch Verona, den Empfang der Kurfürstin im Hof des Palasts des Dogen und den Ball zu Ehren der Kurfürstin dar.

Auch das vorliegende Bild stellt die Feierlichkeiten zu Ehren von Anna Maria Luisa de’ Medici im Palast des Dogen in Verona am 9. Oktober 1717 dar. Als Morassi sich in den 1950er-Jahren mit dem Bild beschäftigte, befand sich das Werk gemeinsam mit einem anderen, dem Empfang Anna Maria Luisa de’ Medicis im Hof des Palasts des Dogen, in einer Privatsammlung. Dieses Gemälde ist der dasselbe Thema darstellenden Leinwand im Palazzo Mocenigo sehr ähnlich (Morassi 1962). Bedenkt man, dass die Serie Antonio Stoms zumindest fünf fasti darstellende Werke umfasst, ist - wie Kragelund in seinem Artikel bemerkt (Kragelund 2010) - sehr wahrscheinlich, dass das vorliegende Gemälde ursprünglich der Werkgruppe in der Sammlung Mocenigo angehörte.

Die Feierlichkeiten zu Ehren Anna Maria Luisa de’ Medicis werden im Detail in Pietro Gradenigos handschriftlichem Bericht Memorie del passaggio per lo stato Veneto di principi … esteri 1347-1773 beschrieben, der in der Biblioteca Marciana in Venedig aufbewahrt wird (Kragelund 2010). In der vorliegenden Komposition wird der Augenblick, dem sich das Bild widmet, mit bemerkenswerter Lebendigkeit und beeindruckendem Einfallsreichtum eingefangen. Der Künstler hat die Szene mit erlesenen Details wie großen Kronleuchtern an den Decken und Kandelabern an den Wänden ausgestattet, welche das Ereignis beleuchten. Der Pinsel des Malers schwelgte in realistischen Details wie dem Rauch, der in der von den zahlreichen Kerzen aufsteigenden warmen Luft hin und her treibt, oder der Vielfalt der Gesichtszüge der vielen anwesenden Personen.

Das Gemälde nimmt die Entwicklung zur Darstellung von Innenräumen vorweg, die Mitte des 18. Jahrhunderts vor allem mit Pietro Longhi und Francesco Guardi ihren Höhepunkt finden sollte.

23.10.2018 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 87.500,-
Schätzwert:
EUR 80.000,- bis EUR 120.000,-

Antonio Stom


(Venedig 1688-1734)
Ball zu Ehren von Anna Maria Luisa de’ Medici, Kurfürstin von der Pfalz und Tochter von Cosimo III., Großherzog von Toskana,
Öl auf Leinwand, 141 x 227 cm, gerahmt

Provenienz:
vermutlich Sammlung der Familie Mocenigo, Venedig;
Sammlung Dr. Paul Müller, Paris, um 1914 (als Pietro Longhi);
Galerie Brunner, Paris, 1914 (Leihgabe von Dr. Paul Müller);
Privatsammlung, Mailand, 1962;
Europäische Privatsammlung

Ausgestellt:
Paris, Galerie Brunner, Exposition rétrospective des Peintres de Venise (XVIIIe et XIXe siècles), 18. Mai - 20. Juni 1914, Nr. 47

Literatur:
Exposition rétrospective des Peintres de Venise (XVIIIe et XIXe siècles), Paris 1914, S. 28, Nr. 47 (als Pietro Longhi) ;
A. Morassi, Preludio per Antonio Stom detto il „Tonino“, in: Pantheon, XX, 1962, S. 297 und 304/305, Abb. 19, 20 (als Antonio Stom);
P. Kragelund, Popes, Kings and the Medici in the Eighteenth-Century fasti of the Palazzo Mocenigo di S. Stae in Venice, in: Journal of the History of Collections, 22, 2010, S. 215 (als Antonio Stom)

Das vorliegende Gemälde zeigt eine Episode aus dem Leben des venezianischen Adels des 18. Jahrhunderts, die von Antonio Stom lebendig und ausdrucksvoll gestaltet ist. Das Werk des Künstlers schlägt eine Brücke zwischen den Ansichten Giuseppe Heintz’ aus dem 17. Jahrhundert und der Epoche der großen Vedutisten des 18. Jahrhunderts.

Die große Leinwand stellt uns einen weiten Saal vor Augen, in dem eine Feier zu Ehren der Trauer tragenden adeligen Dame stattfindet, die rechts unter dem roten Baldachin sitzt. Die Gäste betreten paarweise den Saal, während die Damen des Hofes in Lehnstühlen Platz genommen haben, die entlang der Wände des Saals aufgestellt sind. Auf dem hohen Balkon links sieht man das Orchester.

Ebendiese Episode stellt Antonio Stom auch auf einem anderen Gemälde dar, das eine ähnliche Komposition aufweist, aber hochformatig ist (Palazzo Mocenigo, Venedig, siehe Abb. 1). Dieses Bild befand sich ehemals in der Sammlung der Familie Mocenigo und gehört zu einer Serie von drei Werken in den Beständen des venezianischen Palasts. Die Serie erinnert an drei mit einem historischen Ereignis verbundene Momente in der Geschichte der venezianischen Familie Mocenigo.

Für Morassi war das historische Ereignis der Einzug der sächsischen Prinzessin Maria Amalia in Padua im Jahr 1737 (Morassi 1962). Später identifizierte De Zucco die auf den Leinwänden im Palazzo Mocenigo Huldigungen entgegennehmende Dame als Violante Beatrix von Bayern, die Witwe von Ferdinando III. de’ Medici, die 1717 in Verona empfangen wurde (siehe L. De Zucco, Per Antonio Stom, pittore veneto del Settecento, in: Arte in Friuli. Arte a Trieste, 1976, S. 54/55). In jüngerer Zeit hat Kragelung schließlich in der fürstlichen Dame Anna Maria Luisa de’ Medici, die letzte Angehörige des Hauses Medici und Tochter des Großherzogs Cosimo III., erkannt, die nach dem Tod ihres Gemahls, des Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz, von Düsseldorf in die Toskana zurückkehrte. Im Lauf ihrer Reise wurde sie im Oktober 1717 in Verona von dem Dogen Alvise Mocenigo IV. empfangen und wohnte dort im Palazzo Carlotti. Die drei Mocenigo-Gemälde stellen daher Anna Maria Luisa de’Medici beim Umzug durch Verona, den Empfang der Kurfürstin im Hof des Palasts des Dogen und den Ball zu Ehren der Kurfürstin dar.

Auch das vorliegende Bild stellt die Feierlichkeiten zu Ehren von Anna Maria Luisa de’ Medici im Palast des Dogen in Verona am 9. Oktober 1717 dar. Als Morassi sich in den 1950er-Jahren mit dem Bild beschäftigte, befand sich das Werk gemeinsam mit einem anderen, dem Empfang Anna Maria Luisa de’ Medicis im Hof des Palasts des Dogen, in einer Privatsammlung. Dieses Gemälde ist der dasselbe Thema darstellenden Leinwand im Palazzo Mocenigo sehr ähnlich (Morassi 1962). Bedenkt man, dass die Serie Antonio Stoms zumindest fünf fasti darstellende Werke umfasst, ist - wie Kragelund in seinem Artikel bemerkt (Kragelund 2010) - sehr wahrscheinlich, dass das vorliegende Gemälde ursprünglich der Werkgruppe in der Sammlung Mocenigo angehörte.

Die Feierlichkeiten zu Ehren Anna Maria Luisa de’ Medicis werden im Detail in Pietro Gradenigos handschriftlichem Bericht Memorie del passaggio per lo stato Veneto di principi … esteri 1347-1773 beschrieben, der in der Biblioteca Marciana in Venedig aufbewahrt wird (Kragelund 2010). In der vorliegenden Komposition wird der Augenblick, dem sich das Bild widmet, mit bemerkenswerter Lebendigkeit und beeindruckendem Einfallsreichtum eingefangen. Der Künstler hat die Szene mit erlesenen Details wie großen Kronleuchtern an den Decken und Kandelabern an den Wänden ausgestattet, welche das Ereignis beleuchten. Der Pinsel des Malers schwelgte in realistischen Details wie dem Rauch, der in der von den zahlreichen Kerzen aufsteigenden warmen Luft hin und her treibt, oder der Vielfalt der Gesichtszüge der vielen anwesenden Personen.

Das Gemälde nimmt die Entwicklung zur Darstellung von Innenräumen vorweg, die Mitte des 18. Jahrhunderts vor allem mit Pietro Longhi und Francesco Guardi ihren Höhepunkt finden sollte.


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 23.10.2018 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 13.10. - 23.10.2018


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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