Lot Nr. 92 -


Ubaldo Gandolfi


Ubaldo Gandolfi - Alte Meister

(San Matteo della Decima 1728-1781 Ravenna)
Maria Immaculata mit Engeln,
Öl auf Leinwand, 56,5 x 37,5 cm, gerahmt

Wir danken Donatella Biagi Maino, die die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes nach dessen Prüfung im Original bestätigt hat, für ihre Hilfe bei der Katalogisierung des Bildes.

Das vorliegende Gemälde ist ein eindrucksvolles Beispiel für das Talent Ubaldo Gandolfis. Es hat sich als Gegenstück zur Studie für das Altarbild des Kapuzinerordens in Castelbolognese, Die Madonna mit Kind erscheint den Heiligen Georg und Franziskus (siehe Lot 93), erhalten, und man kann davon ausgehen, dass sich die beiden Werke seit dem 18. Jahrhundert in derselben Privatsammlung befanden. Die vorliegende Arbeit ist eine Studie für das Altarbild in der Kirche Santo Spirito in Cingoli in den Marken (siehe D. Biagi Maino, Ubaldo Gandolfi, Turin 1990, S. 277, Nr. 154).

Gandolfi setzte sich für den wichtigen Auftrag in zwei Zeichnungen mit der Darstellung der Jungfrau und der Gesamtkomposition auseinander, einer in schwarzer Kreide und einer Bleistiftzeichnung, die sich in Mailand (Pinacoteca di Brera) beziehungsweise in Vaduz (Stiftung Ratjen; siehe Biagi Maino 1990, op. cit., Tafel XXXIV und Tafel XXXV) erhalten haben.

Was die Konzeption des Werks betrifft, scheint der Künstler völlige Freiheit gehabt zu haben. Er interpretierte das Thema für die Kirche der Franziskaner-Tertiarinnen durch die Komposition eines Bildes, das dem hochbarocken Pathos entsprach und an von ihm bewunderte Vorbilder wie die Carracci erinnert. Die den Grundsätzen des disegno verpflichtete und in seltener Vollkommenheit geglückte Klarheit des Pinselstrichs ist jedoch ebenso als Ausdruck seiner Zeit anzusehen wie das eindringliche Strahlen seiner Palette, deren hell pulsierende Töne weich auf die Leinwand gesetzt sind.

Der ausgezeichnete Erhaltungszustand des vorliegenden Werks erlaubt es uns, die reiche Bildoberfläche, das subtile Spiel der mit funkelnder Farbe und Lichthöhungen satten Pinselstriche sowie die prächtigen Formen der Figuren zu würdigen. Das zeigen etwa die schöne Hand des knienden Engels mit dem Weihrauchfass und das strahlend weiße Gewand der Jungfrau, deren feierliche Stellung anmutige Erhabenheit vermittelt: Die Hände zum Gebet gefaltet, drückt sie die Schlange der Erbsünde mit den Füßen zu Boden. Die Anwesenheit des Engels im Vordergrund ist ebenso unüblich für das Thema wie die Geste des Puttos neben Maria, die durch die Bedrohung der Schlange mit einem Kreuz ihren Erlösungsauftrag unterstreicht. Seine intellektuelle Freiheit erlaubte es Gandolfi, die Bedeutung der traditionellen Ikonografie zu verstärken, indem er zum Beispiel die Engel als mit alltäglichen rituellen Tätigkeiten befasst darstellte, die für die Gläubigen erkennbar waren, wodurch er dem Gemälde einen kommunikativen und damit kathartischen Charakter verlieh.

Das Altarbild für Cingoli wurde von derselben Kirche in Auftrag gegeben, die bereits das großartige, 1768 datierte Gemälde Ubaldo Gandolfis Der heilige Franziskus empfängt die Wundmale beherbergte, das sich heute in der Pinatoceca di Brera in Mailand befindet. Das Werk wurde unter anderem auf Geheiß eines ehemaligen Schülers Gandolfis, Giovanni Santis, aus der Accademia Clementina des Istituto delle Scienze di Bologna in napeoleonischer Zeit von der Legazione Pontificia delle Marche aus der Kirche entfernt. Gandolfi hatte an der Akademie als Professor mehrfach Figurenmalerei unterrichtet und stand der Institution auch eine Zeitlang als Rektor vor (siehe Cingoli. Chiesa di Santo Spirito, in: Lo spazio del sacro. Chiese barocche tra ’600 e ’700 nella provincia di Macerata, hg. von F. Mariano, Macerata 2009, S. 53/54). Das Gemälde befindet sich heute in der Brera in Mailand (siehe D. Biagi Maino, in: Pinacoteca di Brera. Scuola emiliana, hg. von F. Zeri, Mailand 1991, S. 204/205). Es muss also etwa ein Jahrzehnt vor der vorliegenden Unbefleckten Empfängnis entstanden sein, einem Werk, das aufgrund seines Stils in die letzten Schaffensjahre des Künstlers, um 1780, zu datieren ist. Diese Jahre waren die produktivsten Gandolfis, der 1782, als er noch vieles weiterzugeben gehabt hätte und mit der Ausschmückung der Basilika San Vitale in Ravenna beschäftigt war, eines frühen Todes starb.

23.10.2018 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 30.454,-
Schätzwert:
EUR 40.000,- bis EUR 60.000,-

Ubaldo Gandolfi


(San Matteo della Decima 1728-1781 Ravenna)
Maria Immaculata mit Engeln,
Öl auf Leinwand, 56,5 x 37,5 cm, gerahmt

Wir danken Donatella Biagi Maino, die die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes nach dessen Prüfung im Original bestätigt hat, für ihre Hilfe bei der Katalogisierung des Bildes.

Das vorliegende Gemälde ist ein eindrucksvolles Beispiel für das Talent Ubaldo Gandolfis. Es hat sich als Gegenstück zur Studie für das Altarbild des Kapuzinerordens in Castelbolognese, Die Madonna mit Kind erscheint den Heiligen Georg und Franziskus (siehe Lot 93), erhalten, und man kann davon ausgehen, dass sich die beiden Werke seit dem 18. Jahrhundert in derselben Privatsammlung befanden. Die vorliegende Arbeit ist eine Studie für das Altarbild in der Kirche Santo Spirito in Cingoli in den Marken (siehe D. Biagi Maino, Ubaldo Gandolfi, Turin 1990, S. 277, Nr. 154).

Gandolfi setzte sich für den wichtigen Auftrag in zwei Zeichnungen mit der Darstellung der Jungfrau und der Gesamtkomposition auseinander, einer in schwarzer Kreide und einer Bleistiftzeichnung, die sich in Mailand (Pinacoteca di Brera) beziehungsweise in Vaduz (Stiftung Ratjen; siehe Biagi Maino 1990, op. cit., Tafel XXXIV und Tafel XXXV) erhalten haben.

Was die Konzeption des Werks betrifft, scheint der Künstler völlige Freiheit gehabt zu haben. Er interpretierte das Thema für die Kirche der Franziskaner-Tertiarinnen durch die Komposition eines Bildes, das dem hochbarocken Pathos entsprach und an von ihm bewunderte Vorbilder wie die Carracci erinnert. Die den Grundsätzen des disegno verpflichtete und in seltener Vollkommenheit geglückte Klarheit des Pinselstrichs ist jedoch ebenso als Ausdruck seiner Zeit anzusehen wie das eindringliche Strahlen seiner Palette, deren hell pulsierende Töne weich auf die Leinwand gesetzt sind.

Der ausgezeichnete Erhaltungszustand des vorliegenden Werks erlaubt es uns, die reiche Bildoberfläche, das subtile Spiel der mit funkelnder Farbe und Lichthöhungen satten Pinselstriche sowie die prächtigen Formen der Figuren zu würdigen. Das zeigen etwa die schöne Hand des knienden Engels mit dem Weihrauchfass und das strahlend weiße Gewand der Jungfrau, deren feierliche Stellung anmutige Erhabenheit vermittelt: Die Hände zum Gebet gefaltet, drückt sie die Schlange der Erbsünde mit den Füßen zu Boden. Die Anwesenheit des Engels im Vordergrund ist ebenso unüblich für das Thema wie die Geste des Puttos neben Maria, die durch die Bedrohung der Schlange mit einem Kreuz ihren Erlösungsauftrag unterstreicht. Seine intellektuelle Freiheit erlaubte es Gandolfi, die Bedeutung der traditionellen Ikonografie zu verstärken, indem er zum Beispiel die Engel als mit alltäglichen rituellen Tätigkeiten befasst darstellte, die für die Gläubigen erkennbar waren, wodurch er dem Gemälde einen kommunikativen und damit kathartischen Charakter verlieh.

Das Altarbild für Cingoli wurde von derselben Kirche in Auftrag gegeben, die bereits das großartige, 1768 datierte Gemälde Ubaldo Gandolfis Der heilige Franziskus empfängt die Wundmale beherbergte, das sich heute in der Pinatoceca di Brera in Mailand befindet. Das Werk wurde unter anderem auf Geheiß eines ehemaligen Schülers Gandolfis, Giovanni Santis, aus der Accademia Clementina des Istituto delle Scienze di Bologna in napeoleonischer Zeit von der Legazione Pontificia delle Marche aus der Kirche entfernt. Gandolfi hatte an der Akademie als Professor mehrfach Figurenmalerei unterrichtet und stand der Institution auch eine Zeitlang als Rektor vor (siehe Cingoli. Chiesa di Santo Spirito, in: Lo spazio del sacro. Chiese barocche tra ’600 e ’700 nella provincia di Macerata, hg. von F. Mariano, Macerata 2009, S. 53/54). Das Gemälde befindet sich heute in der Brera in Mailand (siehe D. Biagi Maino, in: Pinacoteca di Brera. Scuola emiliana, hg. von F. Zeri, Mailand 1991, S. 204/205). Es muss also etwa ein Jahrzehnt vor der vorliegenden Unbefleckten Empfängnis entstanden sein, einem Werk, das aufgrund seines Stils in die letzten Schaffensjahre des Künstlers, um 1780, zu datieren ist. Diese Jahre waren die produktivsten Gandolfis, der 1782, als er noch vieles weiterzugeben gehabt hätte und mit der Ausschmückung der Basilika San Vitale in Ravenna beschäftigt war, eines frühen Todes starb.


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old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 23.10.2018 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 13.10. - 23.10.2018


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer(für Lieferland Österreich)

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