Lot Nr. 62 -


Peter Paul Rubens, Nachfolger


Peter Paul Rubens, Nachfolger - Alte Meister

Tanzende Bauern,
Öl auf Leinwand, 106 x 75 cm, gerahmt

Die Tanzenden Bauern gehören zu den raren Genreszenen des Peter Paul Rubens. Diese entstanden mehrheitlich in der späten Schaffensphase des Meisters, als dieser sich intensiv mit der künstlerischen Tradition seiner flämischen Heimat auseinandersetze. Die Idee des Bauerntanzes hatte Rubens von Pieter Brueghel d. Ä. übernommen, in dessen Schaffen Bauernfeste einen besonderen Stellenwert einnehmen. Der deutlichste Anklang an Brueghel stellt Rubens’ Kirmes dar (1635-1638, Paris, Musée du Louvre, Inv. Nr. 1797), eine groß angelegte Bankettszene, auf der Dutzende Bauern tanzen, trinken und sich dem Liebesspiel hingeben. In anderen späten Werken des Meisters wie dem Venusfest (1636/1637, Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv. Nr. 684) wird das Motiv des Tanzes durch Nymphen, Satyrn und Amoretten verkörpert, die in Anlehnung an antike Autoren wie Vergil einen idealen Zustand der Freude und der Harmonie zwischen Mensch und Natur zum Ausdruck bringen. In der vorliegenden Komposition vereint Rubens in einmaliger Weise flämisches Genre und antike Mythologie: In sinnlicher Bewegung tanzen acht Paare im Reigen zum Flötenspiel, was an traditionelle Darstellungen flämischer Bauernfeste erinnert. Während einige Figuren in zeitgenössischen Gewändern erscheinen, tragen andere eine antikisierende Tracht, was sie als mythologische Gestalten ausweist. Die männliche Figur rechts mit Blattkrone und Schlangenhaut stellt Bacchus dar, die männliche Figur mit Efeukranz weiter links scheint einen Satyr zu meinen. Auch der Flötenspieler in der Baumkrone ist als ein Begleiter des Gottes des Weins zu verstehen. Rubens zeigt also ein Bacchanal im Gewand einer zeitgenössischen Genreszene und spielt damit zugleich auf das sexuelle Verlangen an, das in der Haltung der tanzenden Figuren und ihrer halbnackten Erscheinung zum Ausdruck kommt. Als Thema begegnet uns das körperliche Verlangen regelmäßig in Rubens’ Werk, der es als eine grundlegende Komponente des Lebens und als den Ursprung der Fruchtbarkeit betrachtete. Der Frühlingsreigen, die bunten, leuchtenden Farben und die fruchtbare Campagnalandschaft im Hintergrund der Szene sind in diesem Sinn zu verstehen.

Die Komposition der Tanzenden Bauern entstand in den letzten Lebensjahren des Malers, als dieser auf der Höhe seines Ruhms angelangt war. Dem kühnen Rhythmus, der durch die zwei springenden Hunde noch gesteigert wird, sucht Rubens mit einer vergleichsweise lockeren Malweise zu entsprechen. Zur Zeit der Entstehung des Bildes hatte Rubens bereits zweimal Spanien bereist und in der königlichen Sammlung die Werke Tizians studiert, von denen die lose Pinselführung angeregt ist. Einzelne Figuren erscheinen bereits auf einem Studienblatt des British Museum (London, Inv. 1885,0509.50, um 1630), das vor allem mit der Pariser Kirmes in Verbindung gebracht wird. Eine erste Fassung der Komposition befand sich bei Rubens’ Tod 1640 in seiner Werkstatt, was zeigt, dass ihr kein Auftrag zugrunde lag, sondern sie vielmehr aus persönlichem Interesse des Meisters am Thema entstanden war. Schon 1640 wurde sie im Werkstattinventar als „Tanz italienischer Landsleute“ bezeichnet, von König Philipp IV. aus dem Nachlass des Künstlers für das Sommer-Apartment des Alcázar erworben (heute Madrid, Prado, Inv. Nr. P001691). Noch zu Rubens’ Lebzeiten entstandene Werkstattfassungen zeigen, wie hoch Rubens selbst den künstlerischen Wert seiner Komposition einschätzte, und bildeten die Grundlage für in Flandern entstandene Kupferstiche (Leo van Heil, 1605 - um 1664, und Schelte a Bolswert, 1586-1659), mit deren Hilfe die Tanzenden Bauern schließlich auch in Rubens’ Heimat populär wurden.

Experte: Dr. Alexander Strasoldo Dr. Alexander Strasoldo
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

23.10.2018 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 11.074,-
Schätzwert:
EUR 15.000,- bis EUR 20.000,-

Peter Paul Rubens, Nachfolger


Tanzende Bauern,
Öl auf Leinwand, 106 x 75 cm, gerahmt

Die Tanzenden Bauern gehören zu den raren Genreszenen des Peter Paul Rubens. Diese entstanden mehrheitlich in der späten Schaffensphase des Meisters, als dieser sich intensiv mit der künstlerischen Tradition seiner flämischen Heimat auseinandersetze. Die Idee des Bauerntanzes hatte Rubens von Pieter Brueghel d. Ä. übernommen, in dessen Schaffen Bauernfeste einen besonderen Stellenwert einnehmen. Der deutlichste Anklang an Brueghel stellt Rubens’ Kirmes dar (1635-1638, Paris, Musée du Louvre, Inv. Nr. 1797), eine groß angelegte Bankettszene, auf der Dutzende Bauern tanzen, trinken und sich dem Liebesspiel hingeben. In anderen späten Werken des Meisters wie dem Venusfest (1636/1637, Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv. Nr. 684) wird das Motiv des Tanzes durch Nymphen, Satyrn und Amoretten verkörpert, die in Anlehnung an antike Autoren wie Vergil einen idealen Zustand der Freude und der Harmonie zwischen Mensch und Natur zum Ausdruck bringen. In der vorliegenden Komposition vereint Rubens in einmaliger Weise flämisches Genre und antike Mythologie: In sinnlicher Bewegung tanzen acht Paare im Reigen zum Flötenspiel, was an traditionelle Darstellungen flämischer Bauernfeste erinnert. Während einige Figuren in zeitgenössischen Gewändern erscheinen, tragen andere eine antikisierende Tracht, was sie als mythologische Gestalten ausweist. Die männliche Figur rechts mit Blattkrone und Schlangenhaut stellt Bacchus dar, die männliche Figur mit Efeukranz weiter links scheint einen Satyr zu meinen. Auch der Flötenspieler in der Baumkrone ist als ein Begleiter des Gottes des Weins zu verstehen. Rubens zeigt also ein Bacchanal im Gewand einer zeitgenössischen Genreszene und spielt damit zugleich auf das sexuelle Verlangen an, das in der Haltung der tanzenden Figuren und ihrer halbnackten Erscheinung zum Ausdruck kommt. Als Thema begegnet uns das körperliche Verlangen regelmäßig in Rubens’ Werk, der es als eine grundlegende Komponente des Lebens und als den Ursprung der Fruchtbarkeit betrachtete. Der Frühlingsreigen, die bunten, leuchtenden Farben und die fruchtbare Campagnalandschaft im Hintergrund der Szene sind in diesem Sinn zu verstehen.

Die Komposition der Tanzenden Bauern entstand in den letzten Lebensjahren des Malers, als dieser auf der Höhe seines Ruhms angelangt war. Dem kühnen Rhythmus, der durch die zwei springenden Hunde noch gesteigert wird, sucht Rubens mit einer vergleichsweise lockeren Malweise zu entsprechen. Zur Zeit der Entstehung des Bildes hatte Rubens bereits zweimal Spanien bereist und in der königlichen Sammlung die Werke Tizians studiert, von denen die lose Pinselführung angeregt ist. Einzelne Figuren erscheinen bereits auf einem Studienblatt des British Museum (London, Inv. 1885,0509.50, um 1630), das vor allem mit der Pariser Kirmes in Verbindung gebracht wird. Eine erste Fassung der Komposition befand sich bei Rubens’ Tod 1640 in seiner Werkstatt, was zeigt, dass ihr kein Auftrag zugrunde lag, sondern sie vielmehr aus persönlichem Interesse des Meisters am Thema entstanden war. Schon 1640 wurde sie im Werkstattinventar als „Tanz italienischer Landsleute“ bezeichnet, von König Philipp IV. aus dem Nachlass des Künstlers für das Sommer-Apartment des Alcázar erworben (heute Madrid, Prado, Inv. Nr. P001691). Noch zu Rubens’ Lebzeiten entstandene Werkstattfassungen zeigen, wie hoch Rubens selbst den künstlerischen Wert seiner Komposition einschätzte, und bildeten die Grundlage für in Flandern entstandene Kupferstiche (Leo van Heil, 1605 - um 1664, und Schelte a Bolswert, 1586-1659), mit deren Hilfe die Tanzenden Bauern schließlich auch in Rubens’ Heimat populär wurden.

Experte: Dr. Alexander Strasoldo Dr. Alexander Strasoldo
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Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 23.10.2018 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 13.10. - 23.10.2018


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer(für Lieferland Österreich)

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