Lot Nr. 361


Giovan Battista Recco


Giovan Battista Recco - Alte Meister

(Neapel um 1615–1660)
Ein gebundenes Lamm neben einem Eierkorb – Allegorie des Osterfestes,
Öl auf Leinwand, 49,5 x 62,8 cm, gerahmt

Provenienz:
Europäische fürstliche Sammlung;
im Erbgang an den jetzigen Besitzer

Wir danken Riccardo Lattuada, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes vorgeschlagen hat, für seine Hilfe bei der Katalogisierung.

Bei diesem Gemälde scheint es sich um eine Allegorie des Osterfestes zu handeln, zumal das Bild dessen traditionelle rituelle Symbole enthält: das für die Passion Christi stehende Lamm und die Eier als Symbol der Auferstehung. Die Wirkmacht der Komposition beruht darauf, dass das Tier und der Eierkorb, die beide auf einer Steintreppe platziert sind, die gesamte Bildfläche ausfüllen und damit der Darstellung eine ungewöhnliche Demut verleihen.

Die Komposition, die deutlich vom Schaffen Caravaggios angeregt ist, ist auch in einer ähnlichen, in der Sammlung Lodi befindlichen Fassung bekannt (mit kleinen Abweichungen in Details und der Bildgröße 50 x 76 cm), die von Luigi Salerno mit einer Zuschreibung an Giovan Battista Ruoppolo veröffentlicht wurde (siehe L. Salerno, La natura morta italiana. Italienische Stillebenmalerei aus drei Jahrhunderten Sammlung Silvano Lodi, Ausstellungskatalog, Florenz 1984, S. 118f., Nr. 53; L. Salerno, La natura morta italiana, 1560–1805, Rom 1984, S. 200, Nr. 53.1, S. 223). Eine weitere, größere Version (62 x 93 cm) mit stärker abgewandelten Details, die ebenfalls Giovan Battista Ruoppolo zugeschrieben wurde, wurde am 11. Mai 1993 bei Christie’s, Rom, als Lot 113 versteigert, mit einem Gutachten Luigi Salernos. An die Stelle des Eierkorbs ist dort ein Korb mit Herbstfrüchten getreten, wodurch die Allegorie der Auferstehung Christi zu einem ganz gewöhnlichen Stillleben geraten ist.

Das wichtigste Merkmal, welches das vorliegende Gemälde von den beiden anderen, Ruoppolo zugeschriebenen Fassungen unterscheidet, liegt im malerischen Duktus bzw. in der malerischen Handschrift. Salerno hat richtig darauf hingewiesen, wie bei dem Gemälde der Sammlung Lodi „das Augenmerk auf feineren und klareren Oberflächen und weniger auf volumetrischer Solidität liegt, beinahe als würde sich hier die Verfeinerung eines De Mura ankündigen“, und er hat „eine Datierung nach 1680 vorgeschlagen, wodurch ein Zusammenhang zu bestimmten Werken wie Fische und Muscheln am Strand im Museo di San Martino hergestellt werden kann“ (siehe Salerno 1984, S. 118). Die Pinselstriche im vorliegenden Gemälde sind jedoch so breit, dass sie selbst mit bloßem Auge zu erkennen sind. Die genaue Schilderung des Lammfells und die skulpturale Beschreibung des Eierkorbs stehen durchwegs mit der Malweise Giovanni Battista Reccos in Einklang. Man denke nur an das berühmte Stillleben mit Ziegenkopf, Geschirr und Speisen in einem Kücheninterieur in der Galleria Nazionale di Capodimonte in Neapel oder an das Stillleben mit Hummer, Krabben in einer Schale, zwei Eiern und einer Schildkröte, das am 4. Dezember 1991 bei Christie’s, Rom, als Lot 40 zum Verkauf angeboten wurde. Die von Lattuada forcierte Zuschreibung dieses Werkes wurde in der späteren Literatur aufgegriffen (siehe D. M. Pagano, in: N. Spinosa [Hg.], Ritorno al Barocco, da Caravaggio a Vanvitelli, Ausstellungskatalog, Neapel, 2009, Bd. I, S. 382f., Nr. 1.223). Lattuada zufolge bieten sich zudem aussagekräftige Vergleiche mit anderen Werken Giovanni Battista Reccos an, etwa mit dem Kücheninterieur im Rijksmuseum, dessen nahezu metaphysische Stimmung vollkommen jener des vorliegenden Gemäldes entspricht.

Ausgehend davon ist die Annahme naheliegend, dass das vorliegende Gemälde Giovanni Battista Reccos als Vorlage für weitere Giovan Battista Ruoppolo zugeschriebene Fassungen diente, die hier als Vergleichsbeispiele Erwähnung gefunden haben. Das vorliegende Gemälde ist nicht nur eine wichtige Hinzufügung zu Reccos Oeuvre, es markiert auch eine bedeutende Entwicklung in der Tradition der neapolitanischen Stillebenmalerei des 17. Jahrhunderts.

30.04.2019 - 17:00

Erzielter Preis: **
EUR 210.700,-
Schätzwert:
EUR 50.000,- bis EUR 70.000,-

Giovan Battista Recco


(Neapel um 1615–1660)
Ein gebundenes Lamm neben einem Eierkorb – Allegorie des Osterfestes,
Öl auf Leinwand, 49,5 x 62,8 cm, gerahmt

Provenienz:
Europäische fürstliche Sammlung;
im Erbgang an den jetzigen Besitzer

Wir danken Riccardo Lattuada, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes vorgeschlagen hat, für seine Hilfe bei der Katalogisierung.

Bei diesem Gemälde scheint es sich um eine Allegorie des Osterfestes zu handeln, zumal das Bild dessen traditionelle rituelle Symbole enthält: das für die Passion Christi stehende Lamm und die Eier als Symbol der Auferstehung. Die Wirkmacht der Komposition beruht darauf, dass das Tier und der Eierkorb, die beide auf einer Steintreppe platziert sind, die gesamte Bildfläche ausfüllen und damit der Darstellung eine ungewöhnliche Demut verleihen.

Die Komposition, die deutlich vom Schaffen Caravaggios angeregt ist, ist auch in einer ähnlichen, in der Sammlung Lodi befindlichen Fassung bekannt (mit kleinen Abweichungen in Details und der Bildgröße 50 x 76 cm), die von Luigi Salerno mit einer Zuschreibung an Giovan Battista Ruoppolo veröffentlicht wurde (siehe L. Salerno, La natura morta italiana. Italienische Stillebenmalerei aus drei Jahrhunderten Sammlung Silvano Lodi, Ausstellungskatalog, Florenz 1984, S. 118f., Nr. 53; L. Salerno, La natura morta italiana, 1560–1805, Rom 1984, S. 200, Nr. 53.1, S. 223). Eine weitere, größere Version (62 x 93 cm) mit stärker abgewandelten Details, die ebenfalls Giovan Battista Ruoppolo zugeschrieben wurde, wurde am 11. Mai 1993 bei Christie’s, Rom, als Lot 113 versteigert, mit einem Gutachten Luigi Salernos. An die Stelle des Eierkorbs ist dort ein Korb mit Herbstfrüchten getreten, wodurch die Allegorie der Auferstehung Christi zu einem ganz gewöhnlichen Stillleben geraten ist.

Das wichtigste Merkmal, welches das vorliegende Gemälde von den beiden anderen, Ruoppolo zugeschriebenen Fassungen unterscheidet, liegt im malerischen Duktus bzw. in der malerischen Handschrift. Salerno hat richtig darauf hingewiesen, wie bei dem Gemälde der Sammlung Lodi „das Augenmerk auf feineren und klareren Oberflächen und weniger auf volumetrischer Solidität liegt, beinahe als würde sich hier die Verfeinerung eines De Mura ankündigen“, und er hat „eine Datierung nach 1680 vorgeschlagen, wodurch ein Zusammenhang zu bestimmten Werken wie Fische und Muscheln am Strand im Museo di San Martino hergestellt werden kann“ (siehe Salerno 1984, S. 118). Die Pinselstriche im vorliegenden Gemälde sind jedoch so breit, dass sie selbst mit bloßem Auge zu erkennen sind. Die genaue Schilderung des Lammfells und die skulpturale Beschreibung des Eierkorbs stehen durchwegs mit der Malweise Giovanni Battista Reccos in Einklang. Man denke nur an das berühmte Stillleben mit Ziegenkopf, Geschirr und Speisen in einem Kücheninterieur in der Galleria Nazionale di Capodimonte in Neapel oder an das Stillleben mit Hummer, Krabben in einer Schale, zwei Eiern und einer Schildkröte, das am 4. Dezember 1991 bei Christie’s, Rom, als Lot 40 zum Verkauf angeboten wurde. Die von Lattuada forcierte Zuschreibung dieses Werkes wurde in der späteren Literatur aufgegriffen (siehe D. M. Pagano, in: N. Spinosa [Hg.], Ritorno al Barocco, da Caravaggio a Vanvitelli, Ausstellungskatalog, Neapel, 2009, Bd. I, S. 382f., Nr. 1.223). Lattuada zufolge bieten sich zudem aussagekräftige Vergleiche mit anderen Werken Giovanni Battista Reccos an, etwa mit dem Kücheninterieur im Rijksmuseum, dessen nahezu metaphysische Stimmung vollkommen jener des vorliegenden Gemäldes entspricht.

Ausgehend davon ist die Annahme naheliegend, dass das vorliegende Gemälde Giovanni Battista Reccos als Vorlage für weitere Giovan Battista Ruoppolo zugeschriebene Fassungen diente, die hier als Vergleichsbeispiele Erwähnung gefunden haben. Das vorliegende Gemälde ist nicht nur eine wichtige Hinzufügung zu Reccos Oeuvre, es markiert auch eine bedeutende Entwicklung in der Tradition der neapolitanischen Stillebenmalerei des 17. Jahrhunderts.


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 30.04.2019 - 17:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 20.04. - 30.04.2019


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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