Lot Nr. 368 -


Flämische Schule, 17. Jahrhundert


Flämische Schule, 17. Jahrhundert - Alte Meister

Das Jüngste Gericht,
undeutlich signiert unten links,
Öl auf Holz, 138 x 113,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Privatsammlung, Rom;
dort durch den jetzigen Besitzer erworben

Die vorliegende Komposition basiert auf Michelangelos Fresko in der Sixtinischen Kapelle im Vatikan.

Michelangelo malte die Altarwand der Sixtinischen Kapelle im Vatikan zwischen 1536 und 1541. Das unter dem Medici-Papst Clemens VII. beauftragte Fresko wurde unter Paul III. fertiggestellt, dessen kritischer Blick das Endergebnis wohl beeinflusste. Michelangelo stellte das Jüngste Gericht dar, mit komplex gruppierten Aktfiguren, zum Himmel aufsteigend und zum Höllensturz verdammt, wobei er auch heidnische Elemente wie den Fährmann Charon aus der griechischen Mythologie miteinbezog. Das vorliegende Gemälde dokumentiert den Einfluss der „Confrérie van romanisten“ in Antwerpen, der Künstler und wichtige Persönlichkeiten angehörten, die in Rom gewesen waren. Das Werk ist ein wichtiges Dokument, da es weder eine genaue Wiedergabe von Michelangelos berühmtem Fresko in der Sixtina darstellt, wie es sich bei seiner Fertigstellung 1541 präsentierte, noch das Fresko mit den von Daniele da Volterra in den 1560er-Jahren vorgenommenen Veränderungen zeigt, sondern Elemente beider Kompositionen beinhaltet.

Man kennt eine weitere gemalte Wiederholung von Michelangelos Jüngstem Gericht, die Kardinal Alessandro Farnese 1549 bei Marcello Venusti in Auftrag gab und die sich heute im Museo di Capodimonte in Neapel befindet. Sie entstand vor der Entscheidung des Konzils von Trient im Januar 1564, die für obszön befundenen Partien von Michelangelos Fresko zu übermalen. Obwohl ihn mit Michelangelo eine Freundschaft verband, nahm da Volterra den Auftrag an, die Aktfiguren des Freskos in der Sixtina mit Lendenschurzen zu bekleiden. Dies trug da Volterra den despektierlichen Spitznamen „il Braghettone“ – „der Hosenmaler“ – ein.

Auf der vorliegenden Bildtafel erscheinen einige Figuren in ihre Genitalien verhüllenden Draperien, wie sie sich zum Zeitpunkt der Entstehung des Bildes zwar im Fresko der Sixtina zeigten, nicht aber in zeitgenössischen Stichen. Druckgrafiken stammten von zwei Antwerpener Künstlern, Giorgio Ghisi und Jan Wierix. Womöglich hatte man das wichtige Detail bezüglich der Draperien der Antwerpener Werkstatt berichtet, in der das Bild gemalt wurde. Oder aber da Volterras Veränderungen wurden vom Künstler des vorliegenden Gemäldes in Rom im Original gesehen. Traditionell war das vorliegende Werk Hendrick van Balen (Antwerpen 1575–1632) zugeschrieben, sowohl aus stilistischen Gründen als auch auf Grundlage der schlecht leserlichen Signatur.

Van Balen, der der „Confrérie van romanisten“ ab 1613 vorstand, war sowohl für seine Kabinettbilder mit verschlungenen Anordnungen von Aktfiguren als auch für seine humanistischen Aspirationen bekannt. Als Meister mit derart guten Verbindungen nach Rom hätte er zweifellos von der Bedeckung des Körpers der hl. Katharina durch da Volterra im Jahr 1565 Kenntnis haben müssen. Diese drastischste aller Veränderungen hatte zur Folge, dass da Volterra den Körper der Heiligen wegmeißelte und ein grünes Kleid über die zuvor unbekleidete Gestalt legte. Zuvor war die Figur des hl. Blasius möglicherweise mit Absicht so positioniert gewesen, dass sie auf das nackte Hinterteil der hl. Katharina herabblicken sollte. Der „Hosenmaler“ veränderte daher auch die Kopfhaltung des Heiligen, der nun zu Christus hinaufblickte. Im vorliegenden Gemälde ist die hl. Katharina unter dem neugierigen Blick Blasius’ noch als Aktfigur dargestellt, was das Gemälde zu einem einzigartigen Dokument macht und zum Rätsel um seine Autorenschaft beiträgt.

Experte: Damian Brenninkmeyer Damian Brenninkmeyer
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

30.04.2019 - 17:00

Erzielter Preis: **
EUR 95.867,-
Schätzwert:
EUR 80.000,- bis EUR 120.000,-

Flämische Schule, 17. Jahrhundert


Das Jüngste Gericht,
undeutlich signiert unten links,
Öl auf Holz, 138 x 113,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Privatsammlung, Rom;
dort durch den jetzigen Besitzer erworben

Die vorliegende Komposition basiert auf Michelangelos Fresko in der Sixtinischen Kapelle im Vatikan.

Michelangelo malte die Altarwand der Sixtinischen Kapelle im Vatikan zwischen 1536 und 1541. Das unter dem Medici-Papst Clemens VII. beauftragte Fresko wurde unter Paul III. fertiggestellt, dessen kritischer Blick das Endergebnis wohl beeinflusste. Michelangelo stellte das Jüngste Gericht dar, mit komplex gruppierten Aktfiguren, zum Himmel aufsteigend und zum Höllensturz verdammt, wobei er auch heidnische Elemente wie den Fährmann Charon aus der griechischen Mythologie miteinbezog. Das vorliegende Gemälde dokumentiert den Einfluss der „Confrérie van romanisten“ in Antwerpen, der Künstler und wichtige Persönlichkeiten angehörten, die in Rom gewesen waren. Das Werk ist ein wichtiges Dokument, da es weder eine genaue Wiedergabe von Michelangelos berühmtem Fresko in der Sixtina darstellt, wie es sich bei seiner Fertigstellung 1541 präsentierte, noch das Fresko mit den von Daniele da Volterra in den 1560er-Jahren vorgenommenen Veränderungen zeigt, sondern Elemente beider Kompositionen beinhaltet.

Man kennt eine weitere gemalte Wiederholung von Michelangelos Jüngstem Gericht, die Kardinal Alessandro Farnese 1549 bei Marcello Venusti in Auftrag gab und die sich heute im Museo di Capodimonte in Neapel befindet. Sie entstand vor der Entscheidung des Konzils von Trient im Januar 1564, die für obszön befundenen Partien von Michelangelos Fresko zu übermalen. Obwohl ihn mit Michelangelo eine Freundschaft verband, nahm da Volterra den Auftrag an, die Aktfiguren des Freskos in der Sixtina mit Lendenschurzen zu bekleiden. Dies trug da Volterra den despektierlichen Spitznamen „il Braghettone“ – „der Hosenmaler“ – ein.

Auf der vorliegenden Bildtafel erscheinen einige Figuren in ihre Genitalien verhüllenden Draperien, wie sie sich zum Zeitpunkt der Entstehung des Bildes zwar im Fresko der Sixtina zeigten, nicht aber in zeitgenössischen Stichen. Druckgrafiken stammten von zwei Antwerpener Künstlern, Giorgio Ghisi und Jan Wierix. Womöglich hatte man das wichtige Detail bezüglich der Draperien der Antwerpener Werkstatt berichtet, in der das Bild gemalt wurde. Oder aber da Volterras Veränderungen wurden vom Künstler des vorliegenden Gemäldes in Rom im Original gesehen. Traditionell war das vorliegende Werk Hendrick van Balen (Antwerpen 1575–1632) zugeschrieben, sowohl aus stilistischen Gründen als auch auf Grundlage der schlecht leserlichen Signatur.

Van Balen, der der „Confrérie van romanisten“ ab 1613 vorstand, war sowohl für seine Kabinettbilder mit verschlungenen Anordnungen von Aktfiguren als auch für seine humanistischen Aspirationen bekannt. Als Meister mit derart guten Verbindungen nach Rom hätte er zweifellos von der Bedeckung des Körpers der hl. Katharina durch da Volterra im Jahr 1565 Kenntnis haben müssen. Diese drastischste aller Veränderungen hatte zur Folge, dass da Volterra den Körper der Heiligen wegmeißelte und ein grünes Kleid über die zuvor unbekleidete Gestalt legte. Zuvor war die Figur des hl. Blasius möglicherweise mit Absicht so positioniert gewesen, dass sie auf das nackte Hinterteil der hl. Katharina herabblicken sollte. Der „Hosenmaler“ veränderte daher auch die Kopfhaltung des Heiligen, der nun zu Christus hinaufblickte. Im vorliegenden Gemälde ist die hl. Katharina unter dem neugierigen Blick Blasius’ noch als Aktfigur dargestellt, was das Gemälde zu einem einzigartigen Dokument macht und zum Rätsel um seine Autorenschaft beiträgt.

Experte: Damian Brenninkmeyer Damian Brenninkmeyer
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Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 30.04.2019 - 17:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 20.04. - 30.04.2019


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer(für Lieferland Österreich)

Es können keine Kaufaufträge über Internet mehr abgegeben werden. Die Auktion befindet sich in Vorbereitung bzw. wurde bereits durchgeführt.