Lot Nr. 380


Joost Van de Hamme


Joost Van de Hamme - Alte Meister

(Brüssel um 1630 – um 1657)
Der heilige Hieronymus,
signiert unten Mitte: Joost van Hamme Bruxell./Faciebat 1654 xi Apr.,
Öl auf Leinwand, 85 x 118 cm, gerahmt

Provenienz:
Europäische Privatsammlung, seit spätestens 1950

Literatur:
G. Bocchi, U. Bocchi, Naturalia: nature morte in collezioni pubbliche e private, Casalmaggiore 1992, S. 362f., Tafel 130

Die Mehrzahl der wenigen Gemälde im Werkkorpus Joost van de Hammes ist signiert. Bocchi hat vorgeschlagen, ihn als einen „caravaggesco di buona razza“ – einen „Caravaggisten von gutem Schlag“ – zu bezeichnen, womit er sich eines Ausdrucks des Caravaggio-Experten Roberto Longhi bedient hat, mit dem dieser die besten Nachfolger Caravaggios titulierte (siehe Literatur). Die Fähigkeit des Künstlers als Figurenmaler und die Bedeutung, die er dem Bildaufbau und der Beschreibung von stilllebenhaften Kompositionselementen beimaß, kommen in diesem Werk deutlich zum Ausdruck.

Man könnte meinen, dass sich der Künstler hier ganz in der Beschreibung der dargestellten Gegenstände verloren hat. Die Bücher mit den zerknitterten Seiten, die Federkiele und das Tintenfass gehen eindeutig über die herkömmliche Hieronymus-Ikonografie hinaus, denn üblicherweise ist dem Heiligen bloß ein einzelnes Buch beigegeben. Die interpretatorische Freiheit, die sich Van de Hamme hier herausgenommen hat, geht so weit, dass er dem Kirchenvater einen kultivierteren und gelehrteren Charakter verliehen hat, der dem eines Kirchenlehrers entspricht. Das Bild beinhaltet aber auch andere Symbole, die für Darstellungen des Heiligen typisch sind. Der Pilgerstab, der Kardinalshut mit Quasten und der Totenschädel sind vorhanden, der Löwe, der den Eremiten oft begleitet, fehlt jedoch.

Die Aufmerksamkeit, die hier der Wiedergabe von Gegenständen gewidmet ist, erinnert an das Gemälde Alter Mann mit Früchten, das von Salerno publiziert wurde und ursprünglich zu einer Serie gehörte (siehe L. Salerno, La natura morta italiana, Rom 1984, S. 408, Nr. 241). Die Gestalt des Hieronymus steht stilistisch dem Schaffen Caravaggios nahe. Die wichtige Rolle von durch starkes, gerichtetes Licht beleuchteten Objekten bringt einen sich auf die Materialität erstreckenden Realismus zutage. Durch die von den Seiten der zerknitterten Bücher gefilterte Lichtintensität entsteht ein Gefühl für die Dicke und Beschaffenheit von Pergament. Die in diesem Bild beobachtete Wirklichkeit entspricht dem grundlegenden Interesse des Tenebrismus, den sich Van de Hamme vermutlich während eines Italienaufenthalts angeeignet hat. Werke wie das vorliegende Gemälde sprechen dafür.

30.04.2019 - 17:00

Erzielter Preis: **
EUR 320.500,-
Schätzwert:
EUR 80.000,- bis EUR 100.000,-

Joost Van de Hamme


(Brüssel um 1630 – um 1657)
Der heilige Hieronymus,
signiert unten Mitte: Joost van Hamme Bruxell./Faciebat 1654 xi Apr.,
Öl auf Leinwand, 85 x 118 cm, gerahmt

Provenienz:
Europäische Privatsammlung, seit spätestens 1950

Literatur:
G. Bocchi, U. Bocchi, Naturalia: nature morte in collezioni pubbliche e private, Casalmaggiore 1992, S. 362f., Tafel 130

Die Mehrzahl der wenigen Gemälde im Werkkorpus Joost van de Hammes ist signiert. Bocchi hat vorgeschlagen, ihn als einen „caravaggesco di buona razza“ – einen „Caravaggisten von gutem Schlag“ – zu bezeichnen, womit er sich eines Ausdrucks des Caravaggio-Experten Roberto Longhi bedient hat, mit dem dieser die besten Nachfolger Caravaggios titulierte (siehe Literatur). Die Fähigkeit des Künstlers als Figurenmaler und die Bedeutung, die er dem Bildaufbau und der Beschreibung von stilllebenhaften Kompositionselementen beimaß, kommen in diesem Werk deutlich zum Ausdruck.

Man könnte meinen, dass sich der Künstler hier ganz in der Beschreibung der dargestellten Gegenstände verloren hat. Die Bücher mit den zerknitterten Seiten, die Federkiele und das Tintenfass gehen eindeutig über die herkömmliche Hieronymus-Ikonografie hinaus, denn üblicherweise ist dem Heiligen bloß ein einzelnes Buch beigegeben. Die interpretatorische Freiheit, die sich Van de Hamme hier herausgenommen hat, geht so weit, dass er dem Kirchenvater einen kultivierteren und gelehrteren Charakter verliehen hat, der dem eines Kirchenlehrers entspricht. Das Bild beinhaltet aber auch andere Symbole, die für Darstellungen des Heiligen typisch sind. Der Pilgerstab, der Kardinalshut mit Quasten und der Totenschädel sind vorhanden, der Löwe, der den Eremiten oft begleitet, fehlt jedoch.

Die Aufmerksamkeit, die hier der Wiedergabe von Gegenständen gewidmet ist, erinnert an das Gemälde Alter Mann mit Früchten, das von Salerno publiziert wurde und ursprünglich zu einer Serie gehörte (siehe L. Salerno, La natura morta italiana, Rom 1984, S. 408, Nr. 241). Die Gestalt des Hieronymus steht stilistisch dem Schaffen Caravaggios nahe. Die wichtige Rolle von durch starkes, gerichtetes Licht beleuchteten Objekten bringt einen sich auf die Materialität erstreckenden Realismus zutage. Durch die von den Seiten der zerknitterten Bücher gefilterte Lichtintensität entsteht ein Gefühl für die Dicke und Beschaffenheit von Pergament. Die in diesem Bild beobachtete Wirklichkeit entspricht dem grundlegenden Interesse des Tenebrismus, den sich Van de Hamme vermutlich während eines Italienaufenthalts angeeignet hat. Werke wie das vorliegende Gemälde sprechen dafür.


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 30.04.2019 - 17:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 20.04. - 30.04.2019


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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