Lot Nr. 189


Ferrareser Schule, 16. Jahrhundert


Ferrareser Schule, 16. Jahrhundert - Alte Meister

Halbfiguriges Porträt des Fino Fini (1431–1519) mit einem Buch,
bezeichnet im Buch: In Iuda…flaggelum,
Öl auf Holz, 68,5 x 48 cm, gerahmt
rückseitig mit dem Wappen der Familie Farnese und einer Inventarnummer sowie mit dem Siegel der Accademia di Belle Arti di Parma

Provenienz:
vermutliches Geschenk von Daniele Fini (um 1460–1550), Sohn des Fino Fini, an Papst Paul III. Farnese;
vermutlich Palazzo Farnese, Rom, bis 1662;
vermutlich Palazzo del Giardino, Parma, ab 1662;
europäische Privatsammlung 

Dokumentation:
vermutlich Inventar des Palazzo Farnese, Rom, 1644, Nr. 4288: „Un quadro in tavola con cornice dorata, dentro al quale è dipinto un ritratto d’un Religioso con libro in mano, mano antica esquisita“;
vermutlich Archivio di Stato di Parma, Raccolta manoscritti, Nr. 86, Inventar des Palazzo Farnese, Rom, 1653, Nr. 244: „Un quadretto in tavola con un ritratto d’huomo vecchio raso con un libro in mano con lettere flagellate(?) cornice grossa tutta dorata“;
vermutlich [ehemals] Archivio di Stato di Napoli, Nota delli quadri originali della guardarobba di S. A. S. in Roma che si mandano in Parma, 27 settembre 1662, Nr. 100: „Un quadro in tavola con un ritratto d’un uomo vecchio raso con un libro in mano con lettera Juda Flagella… (?) segnato n. 98“ (siehe Bertini 1987 in der Literatur);

vermutlich Archivio di Stato di Parma, Casa e Corte Farnesiana, s. VIII, b. 54, fasc. 4, Inventario de’ Quadri esistenti nel Pallazzo del Giardino, um 1680, Nr. 572: „Un quadro alto braccia uno, oncie tre, largo oncie undeci in tavola. Rittratto d’huomo attempato, tiene nella sinistra un libro, in cui è scritto Juda flagellum, si dice Nicolò Machiavelli, di … n. 98“

Ausgestellt:
Florenz, Biblioteca Nazionale Centrale, La via al Principe: Machiavelli da Firenze a San Casciano, 10. Dezember 2013 – 28. Februar 2014, Nr. 2.2a

Literatur:
G. Bertini, La Galleria del Duca di Parma. Storia di una Collezione, Cinisello Balsamo 1987, S. 212, Nr. 244, S. 226, Nr. 100 und S. 260, Nr. 572;
B. Jestaz, Le Palais Farnèse. III. L’Inventaire du palais et des propriété Farnèse à Rom en 1644, Rom 1994, S. 169, Nr. 4288;
G. Bertini, Il ritrovato ritratto di Fino Fini (1431–1519) proveniente dalla quadreria di Palazzo Farnese di Roma, in: Mélanges de l’École française de Rom. Italie et mediterranée, CVIII, 1, 1996, S. 377–379 (als Ferrareser Künstler der ersten beiden Dekaden des 16. Jahrhunderts);
E. Negro, N. Roio, Francesco Francia e la sua scuola, Modena 1998, S. 33, Abb. 56 (als Benvenuto Tisi, gen. Garofalo);
F. de Luca, in: S. Alessandrini et al. (Hrsg.), La via al Principe: Machiavelli da Firenze a San Casciano, Ausstellungskatalog, Florenz 2013, S. 61f., Nr. 2.2a (als Benvenuto Tisi, gen. Garofalo)

Das vorliegende Gemälde gehörte vermutlich zur berühmten Sammlung der Farnese in Rom, wie das rückseitige Siegel mit einer Lilie, dem Emblem der Familie, besagt. In zwei Inventarverzeichnissen der Familie des 17. Jahrhunderts, erstellt 1644 respektive 1653, ist ein Werk ohne Maßangaben beschrieben, das mit dem hier besprochenen Porträt gleichgesetzt werden könnte (siehe Dokumentation).

Das vorliegende Gemälde wurde offenbar 1662 zusammen mit einer Gruppe weiterer Werke in den Palazzo del Giardino in Parma verbracht. Arbeiten so berühmter Künstler wie Tizian, Sebastiano del Piombo, Carracci und Andrea del Sarto stechen darunter besonders hervor, was nahelegen würde, dass man das vorliegende Gemälde damals zu den wichtigsten Werken der Sammlung zählte. In dem Dokument mit der Auflistung der nach Parma verbrachten Gemälde wird unser Porträt unter Nr. 98 verzeichnet – möglicherweise jener Nummer, die sich immer noch teilweise sichtbar auf der Rückseite der vorliegenden Tafel befindet. Diese Nummer taucht auch bei der Beschreibung des Gemäldes in einem um 1680 erstellten Inventar des Palazzo del Giardino auf, wo Maße angegeben sind, welche exakt jenen des vorliegenden Gemäldes entsprechen (siehe Dokumentation). Es steht zu vermuten, dass das Werk wahrscheinlich in Parma verblieb, nachdem der größere Teil der Sammlung auf Geheiß von Karl III. von Spanien 1743 nach Neapel gebracht wurde, wonach es, wie auch andere Werke der Sammlung Farnese, in eine Privatsammlung gelangte. Auf der Rückseite des Gemäldes befindet sich auch das Siegel der von Philipp von Spanien 1757 gegründeten Accademia di Belle Arti di Parma, das wahrscheinlich angebracht wurde, als das Werk dort zur Beurteilung vorgelegt wurde.

Das vorliegende Gemälde zeigt das Brustbild eines Mannes mit gebogener Nase und festem Blick; in der Linken hält er ein Buch, auf dem zu lesen ist: In Iudaeos Flagellum. Diese Inschrift ermöglicht die Bestimmung des Dargestellten als Fino Fini, den herzoglichen Schatzmeister der Este von Ferrara. Das Gemälde wurde wahrscheinlich in den ersten Jahren des Cinquecento im Umfeld des Hofes von Ferrara ausgeführt, was eine vorgeschlagene Zuschreibung an Benvenuto Tisi, gen. Garofalo, nach sich gezogen hat. Fino Fini verbrachte seine letzten Lebensjahre mit der Herausgabe des Werks In Iudaeos Flagellum ex Sacris Scripturis excerptum, das von seinem Sohn Daniele 1538 posthum in Venedig veröffentlicht wurde: Das Frontispiz des Bandes zeigt einen Porträtstich des Autors, der vermutlich auf dem vorliegenden Gemälde beruht. Giuseppe Bertini (1996, siehe Literatur) hat erwogen, dass das vorliegende Gemälde durch Daniele Fini in die Sammlung der Farnese gelangt sein könnte, der es Paul III. zusammen mit einem Exemplar des Buches seines Vaters als Geschenk übergeben haben könnte.

Kurioserweise wurde in den Jahren nach der Veröffentlichung des Bandes von Fino Fini dessen gestochenes Porträt für mehrere Auflagen der Schriften Niccolò Machiavellis wiederverwendet, was zu einer falschen Vorstellung vom Aussehen des Florentiner Gelehrten geführt hat (siehe F. de Luca 2013 in der Literatur). Diese Verwirrung erklärt auch die Beschreibung des vorliegenden Gemäldes im Inventarverzeichnis des Palazzo del Giardino in Parma als Bildnis Machiavellis.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

09.06.2020 - 16:00

Schätzwert:
EUR 30.000,- bis EUR 40.000,-

Ferrareser Schule, 16. Jahrhundert


Halbfiguriges Porträt des Fino Fini (1431–1519) mit einem Buch,
bezeichnet im Buch: In Iuda…flaggelum,
Öl auf Holz, 68,5 x 48 cm, gerahmt
rückseitig mit dem Wappen der Familie Farnese und einer Inventarnummer sowie mit dem Siegel der Accademia di Belle Arti di Parma

Provenienz:
vermutliches Geschenk von Daniele Fini (um 1460–1550), Sohn des Fino Fini, an Papst Paul III. Farnese;
vermutlich Palazzo Farnese, Rom, bis 1662;
vermutlich Palazzo del Giardino, Parma, ab 1662;
europäische Privatsammlung 

Dokumentation:
vermutlich Inventar des Palazzo Farnese, Rom, 1644, Nr. 4288: „Un quadro in tavola con cornice dorata, dentro al quale è dipinto un ritratto d’un Religioso con libro in mano, mano antica esquisita“;
vermutlich Archivio di Stato di Parma, Raccolta manoscritti, Nr. 86, Inventar des Palazzo Farnese, Rom, 1653, Nr. 244: „Un quadretto in tavola con un ritratto d’huomo vecchio raso con un libro in mano con lettere flagellate(?) cornice grossa tutta dorata“;
vermutlich [ehemals] Archivio di Stato di Napoli, Nota delli quadri originali della guardarobba di S. A. S. in Roma che si mandano in Parma, 27 settembre 1662, Nr. 100: „Un quadro in tavola con un ritratto d’un uomo vecchio raso con un libro in mano con lettera Juda Flagella… (?) segnato n. 98“ (siehe Bertini 1987 in der Literatur);

vermutlich Archivio di Stato di Parma, Casa e Corte Farnesiana, s. VIII, b. 54, fasc. 4, Inventario de’ Quadri esistenti nel Pallazzo del Giardino, um 1680, Nr. 572: „Un quadro alto braccia uno, oncie tre, largo oncie undeci in tavola. Rittratto d’huomo attempato, tiene nella sinistra un libro, in cui è scritto Juda flagellum, si dice Nicolò Machiavelli, di … n. 98“

Ausgestellt:
Florenz, Biblioteca Nazionale Centrale, La via al Principe: Machiavelli da Firenze a San Casciano, 10. Dezember 2013 – 28. Februar 2014, Nr. 2.2a

Literatur:
G. Bertini, La Galleria del Duca di Parma. Storia di una Collezione, Cinisello Balsamo 1987, S. 212, Nr. 244, S. 226, Nr. 100 und S. 260, Nr. 572;
B. Jestaz, Le Palais Farnèse. III. L’Inventaire du palais et des propriété Farnèse à Rom en 1644, Rom 1994, S. 169, Nr. 4288;
G. Bertini, Il ritrovato ritratto di Fino Fini (1431–1519) proveniente dalla quadreria di Palazzo Farnese di Roma, in: Mélanges de l’École française de Rom. Italie et mediterranée, CVIII, 1, 1996, S. 377–379 (als Ferrareser Künstler der ersten beiden Dekaden des 16. Jahrhunderts);
E. Negro, N. Roio, Francesco Francia e la sua scuola, Modena 1998, S. 33, Abb. 56 (als Benvenuto Tisi, gen. Garofalo);
F. de Luca, in: S. Alessandrini et al. (Hrsg.), La via al Principe: Machiavelli da Firenze a San Casciano, Ausstellungskatalog, Florenz 2013, S. 61f., Nr. 2.2a (als Benvenuto Tisi, gen. Garofalo)

Das vorliegende Gemälde gehörte vermutlich zur berühmten Sammlung der Farnese in Rom, wie das rückseitige Siegel mit einer Lilie, dem Emblem der Familie, besagt. In zwei Inventarverzeichnissen der Familie des 17. Jahrhunderts, erstellt 1644 respektive 1653, ist ein Werk ohne Maßangaben beschrieben, das mit dem hier besprochenen Porträt gleichgesetzt werden könnte (siehe Dokumentation).

Das vorliegende Gemälde wurde offenbar 1662 zusammen mit einer Gruppe weiterer Werke in den Palazzo del Giardino in Parma verbracht. Arbeiten so berühmter Künstler wie Tizian, Sebastiano del Piombo, Carracci und Andrea del Sarto stechen darunter besonders hervor, was nahelegen würde, dass man das vorliegende Gemälde damals zu den wichtigsten Werken der Sammlung zählte. In dem Dokument mit der Auflistung der nach Parma verbrachten Gemälde wird unser Porträt unter Nr. 98 verzeichnet – möglicherweise jener Nummer, die sich immer noch teilweise sichtbar auf der Rückseite der vorliegenden Tafel befindet. Diese Nummer taucht auch bei der Beschreibung des Gemäldes in einem um 1680 erstellten Inventar des Palazzo del Giardino auf, wo Maße angegeben sind, welche exakt jenen des vorliegenden Gemäldes entsprechen (siehe Dokumentation). Es steht zu vermuten, dass das Werk wahrscheinlich in Parma verblieb, nachdem der größere Teil der Sammlung auf Geheiß von Karl III. von Spanien 1743 nach Neapel gebracht wurde, wonach es, wie auch andere Werke der Sammlung Farnese, in eine Privatsammlung gelangte. Auf der Rückseite des Gemäldes befindet sich auch das Siegel der von Philipp von Spanien 1757 gegründeten Accademia di Belle Arti di Parma, das wahrscheinlich angebracht wurde, als das Werk dort zur Beurteilung vorgelegt wurde.

Das vorliegende Gemälde zeigt das Brustbild eines Mannes mit gebogener Nase und festem Blick; in der Linken hält er ein Buch, auf dem zu lesen ist: In Iudaeos Flagellum. Diese Inschrift ermöglicht die Bestimmung des Dargestellten als Fino Fini, den herzoglichen Schatzmeister der Este von Ferrara. Das Gemälde wurde wahrscheinlich in den ersten Jahren des Cinquecento im Umfeld des Hofes von Ferrara ausgeführt, was eine vorgeschlagene Zuschreibung an Benvenuto Tisi, gen. Garofalo, nach sich gezogen hat. Fino Fini verbrachte seine letzten Lebensjahre mit der Herausgabe des Werks In Iudaeos Flagellum ex Sacris Scripturis excerptum, das von seinem Sohn Daniele 1538 posthum in Venedig veröffentlicht wurde: Das Frontispiz des Bandes zeigt einen Porträtstich des Autors, der vermutlich auf dem vorliegenden Gemälde beruht. Giuseppe Bertini (1996, siehe Literatur) hat erwogen, dass das vorliegende Gemälde durch Daniele Fini in die Sammlung der Farnese gelangt sein könnte, der es Paul III. zusammen mit einem Exemplar des Buches seines Vaters als Geschenk übergeben haben könnte.

Kurioserweise wurde in den Jahren nach der Veröffentlichung des Bandes von Fino Fini dessen gestochenes Porträt für mehrere Auflagen der Schriften Niccolò Machiavellis wiederverwendet, was zu einer falschen Vorstellung vom Aussehen des Florentiner Gelehrten geführt hat (siehe F. de Luca 2013 in der Literatur). Diese Verwirrung erklärt auch die Beschreibung des vorliegenden Gemäldes im Inventarverzeichnis des Palazzo del Giardino in Parma als Bildnis Machiavellis.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
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Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 09.06.2020 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 02.06. - 09.06.2020