Lot Nr. 66


Hendrik van Balen und Jan Brueghel II.


Hendrik van Balen und Jan Brueghel II. - Alte Meister

(Antwerpen 1575–1632)
(Antwerpen 1601–1678)
Der Bethlehemitische Kindermord,
signiert und datiert rechts unten: Balen 1624,
Öl auf Holz, 53 x 70 cm, gerahmt

Provenienz:
G. Langhorne Burton, Somersby, Lincolnshire;
Auktion, Christie's, London, 11. März 1895, Lot 83 (als Rottenhammer)

Der Bethlehemitische Kindermord wurde in Folge des Einfalls der Türken in Süditalien und der Hinrichtung 1480/1481 der Bürger von Otranto, von denen berichtet wird, sie hätten sich der Bekehrung zum Islam widersetzt, zu einem beliebten Bildthema. Ein hier prägender Kupferstich Raimondis nach Raffael war weit verbreitet.

Stilistisch maßgeblich für das vorliegende Bild sind der aus dem Jahr 1590 datierende Bethlehemitische Kindermord des Cornelis van Haarlem für den protestantischen Prinzen Maurits (Rijksmuseum, Amsterdam, Inv.-Nr. SK-A-128) sowie die um 1612/1613 entstandene Fassung des Sujets von Rubens in der Sammlung Thomson, National Gallery of Ontario. Obschon Rubens selbst der Sohn eines calvinistischen Exilanten aus Antwerpen war, ziehen Kunsthistoriker in Betracht, dass es sich bei dem Bild um ein Propagandawerk der Gegenreformation gehandelt haben könnte. Wie grausam das Thema auch sein mag, der Bethlehemitische Kindermord gehörte zum Bildvokabular der Renaissance und blieb als stilisierte Reflexion der schrecklichen Realitäten des Dreißigjährigen Krieges in Umlauf.

Sowohl van Haarlems als auch Rubens’ Kompositionen teilen mit dem vorliegenden Gemälde die Anhäufung der Figuren gegen den Vordergrund mit perspektivischer Verkürzung der Gliedmaßen entlang der Pläne hin zu einem durch die Architektur markierten Fluchtpunkt.

Im Gegensatz zu van Haarlem bedient sich Hendrick van Balen nicht der nach vorne gebeugten männlichen Aktfigur im Vordergrund – das Zitat einer Figur aus Michelangelos heute verlorenem Fresko der Schlacht von Cascina. Stattdessen erscheinen bei van Balen von links eine um ihr Kind besorgte Mutter, eine gottesfürchtige, den Himmel um Gnade anflehende Dame sowie eine um ihr Kind ringende Frau, die uns ihren muskulösen Rücken zuwendet. Alle drei Figuren sind jedoch schicklich mit drapierten Gewändern bedeckt, was typisch für van Balens Kultiviertheit ist.

Experte: Damian Brenninkmeyer Damian Brenninkmeyer
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

10.11.2020 - 16:00

Erzielter Preis: **
EUR 174.100,-
Schätzwert:
EUR 30.000,- bis EUR 50.000,-

Hendrik van Balen und Jan Brueghel II.


(Antwerpen 1575–1632)
(Antwerpen 1601–1678)
Der Bethlehemitische Kindermord,
signiert und datiert rechts unten: Balen 1624,
Öl auf Holz, 53 x 70 cm, gerahmt

Provenienz:
G. Langhorne Burton, Somersby, Lincolnshire;
Auktion, Christie's, London, 11. März 1895, Lot 83 (als Rottenhammer)

Der Bethlehemitische Kindermord wurde in Folge des Einfalls der Türken in Süditalien und der Hinrichtung 1480/1481 der Bürger von Otranto, von denen berichtet wird, sie hätten sich der Bekehrung zum Islam widersetzt, zu einem beliebten Bildthema. Ein hier prägender Kupferstich Raimondis nach Raffael war weit verbreitet.

Stilistisch maßgeblich für das vorliegende Bild sind der aus dem Jahr 1590 datierende Bethlehemitische Kindermord des Cornelis van Haarlem für den protestantischen Prinzen Maurits (Rijksmuseum, Amsterdam, Inv.-Nr. SK-A-128) sowie die um 1612/1613 entstandene Fassung des Sujets von Rubens in der Sammlung Thomson, National Gallery of Ontario. Obschon Rubens selbst der Sohn eines calvinistischen Exilanten aus Antwerpen war, ziehen Kunsthistoriker in Betracht, dass es sich bei dem Bild um ein Propagandawerk der Gegenreformation gehandelt haben könnte. Wie grausam das Thema auch sein mag, der Bethlehemitische Kindermord gehörte zum Bildvokabular der Renaissance und blieb als stilisierte Reflexion der schrecklichen Realitäten des Dreißigjährigen Krieges in Umlauf.

Sowohl van Haarlems als auch Rubens’ Kompositionen teilen mit dem vorliegenden Gemälde die Anhäufung der Figuren gegen den Vordergrund mit perspektivischer Verkürzung der Gliedmaßen entlang der Pläne hin zu einem durch die Architektur markierten Fluchtpunkt.

Im Gegensatz zu van Haarlem bedient sich Hendrick van Balen nicht der nach vorne gebeugten männlichen Aktfigur im Vordergrund – das Zitat einer Figur aus Michelangelos heute verlorenem Fresko der Schlacht von Cascina. Stattdessen erscheinen bei van Balen von links eine um ihr Kind besorgte Mutter, eine gottesfürchtige, den Himmel um Gnade anflehende Dame sowie eine um ihr Kind ringende Frau, die uns ihren muskulösen Rücken zuwendet. Alle drei Figuren sind jedoch schicklich mit drapierten Gewändern bedeckt, was typisch für van Balens Kultiviertheit ist.

Experte: Damian Brenninkmeyer Damian Brenninkmeyer
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 10.11.2020 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 04.11. - 10.11.2020


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

Es können keine Kaufaufträge über Internet mehr abgegeben werden. Die Auktion befindet sich in Vorbereitung bzw. wurde bereits durchgeführt.