Lot Nr. 1 -


Sienesischer Nachfolger des Gentile da Fabriano,


Sienesischer Nachfolger des Gentile da Fabriano, - Alte Meister I

(2. Viertel 15. Jahrhundert)
Der heilige Nikolaus von Bari,
Tempera auf Silbergrundtafel, 126 x 39,5 cm, ungerahmt

Provenienz:
Kunsthandel, Frankreich;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Die vorliegende Tafel ist in Zusammenhang mit Gentile da Fabrianos Aufenthalt in Siena 1425 zu sehen, wo er einen starken Eindruck auf die regionale Malerschule hinterließ. Gentiles großer Einfluss zeigt sich hier in der eleganten Beschreibung der dekorativen Elemente der Komposition: in der Betonung der feinen Materialität des Damastmantels des Bischofs mit silbern eingefassten Kanten vor dem Silbergrund sowie in der vor allem bei Gentile und seinen Nachfolgern anzutreffenden Technik des a puntinato, die bei der Darstellung der Schuhe und des rot und blau bestickten weißen Unterkleids des Heiligen Anwendung fand.

Die Gesichtszüge des Dargestellten sind wiederum typisch sienesisch und spiegeln den Stil Sassettas, des sogenannten Maestro dell’ Osservanza, wider. Das gilt auch für die weiche Modulierung von Licht und Schatten sowie für die gotisierenden Faltenwürfe. Es wurde darauf hingewiesen, dass sich hier der frühe Stil eines eng mit Gentile verbundenen, seltenen sienesischen Malers erkennen lässt, der unter dem Namen Maestro di Sant’Ansano bekannt ist und der versuchsweise als Pietro di Ruffolo identifiziert wurde. Tatsächlich lässt sich das vorliegende Gemälde mit fünf Bildtafeln vergleichen, die Miklós Boskovits diesem Meister zugeschrieben hat: dem Heiligen Nikolaus von Bari, dem Heiligen Johannes dem Täufer, der Madonna, dem Evangelisten Johannes und dem Heiligen Hieronymus aus der Sammlung Kress, heute im Columbia Museum of Art, South Carolina (Inv.-Nr. CMA 1952.24; siehe M. Boskovits, Il Gotico rivisitato: proposte e commenti su una mostra, in: Arte Cristiana, LXXI, 1983, S. 269, 275, Anm. 51).

Einen Überblick über das künstlerische Schaffen des Maestro di Sant’Ansano nahm zum ersten Mal Boskovits in Angriff, als er vorschlug, eine kleine Werkgruppe mit einer Serie von drei Miniaturen im Museo dell’Opera del Duomo di Siena (Graduale 98.4; siehe Boskovits 1983, S. 259–276) sowie mit einem Bereich der monochromen Fresken in der Säulenhalle und im Kreuzgang des Klosters von Lecceto bei Siena in Zusammenhang zu bringen.

Dieser geheimnisvolle Meister bezieht seinen Hilfsnamen von zwei Fresken im Oratorium von Sant’Ansano in Castelvecchio in Siena mit der Anbetung der Könige und dem Heiligen Ansanus. Aller Wahrscheinlichkeit nach war der Künstler von 1430 bis Ende der 1450er-Jahre tätig: Ausgehend von spätgotischen Vorbildern adaptierte er seine Malweise und nahm Strömungen der sienesischen Malerei des 15. Jahrhunderts auf. Damit zog er mit Künstlern wie Sassetta, Domenico di Bartolo und Vecchietta gleich und führte eine fortschrittliche und persönlichere stilistische Verschmelzung des Erbes der sienesischen Gotik mit neuen bildnerischen Tendenzen des Quattrocento herbei.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

08.06.2021 - 16:00

Schätzwert:
EUR 70.000,- bis EUR 90.000,-

Sienesischer Nachfolger des Gentile da Fabriano,


(2. Viertel 15. Jahrhundert)
Der heilige Nikolaus von Bari,
Tempera auf Silbergrundtafel, 126 x 39,5 cm, ungerahmt

Provenienz:
Kunsthandel, Frankreich;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Die vorliegende Tafel ist in Zusammenhang mit Gentile da Fabrianos Aufenthalt in Siena 1425 zu sehen, wo er einen starken Eindruck auf die regionale Malerschule hinterließ. Gentiles großer Einfluss zeigt sich hier in der eleganten Beschreibung der dekorativen Elemente der Komposition: in der Betonung der feinen Materialität des Damastmantels des Bischofs mit silbern eingefassten Kanten vor dem Silbergrund sowie in der vor allem bei Gentile und seinen Nachfolgern anzutreffenden Technik des a puntinato, die bei der Darstellung der Schuhe und des rot und blau bestickten weißen Unterkleids des Heiligen Anwendung fand.

Die Gesichtszüge des Dargestellten sind wiederum typisch sienesisch und spiegeln den Stil Sassettas, des sogenannten Maestro dell’ Osservanza, wider. Das gilt auch für die weiche Modulierung von Licht und Schatten sowie für die gotisierenden Faltenwürfe. Es wurde darauf hingewiesen, dass sich hier der frühe Stil eines eng mit Gentile verbundenen, seltenen sienesischen Malers erkennen lässt, der unter dem Namen Maestro di Sant’Ansano bekannt ist und der versuchsweise als Pietro di Ruffolo identifiziert wurde. Tatsächlich lässt sich das vorliegende Gemälde mit fünf Bildtafeln vergleichen, die Miklós Boskovits diesem Meister zugeschrieben hat: dem Heiligen Nikolaus von Bari, dem Heiligen Johannes dem Täufer, der Madonna, dem Evangelisten Johannes und dem Heiligen Hieronymus aus der Sammlung Kress, heute im Columbia Museum of Art, South Carolina (Inv.-Nr. CMA 1952.24; siehe M. Boskovits, Il Gotico rivisitato: proposte e commenti su una mostra, in: Arte Cristiana, LXXI, 1983, S. 269, 275, Anm. 51).

Einen Überblick über das künstlerische Schaffen des Maestro di Sant’Ansano nahm zum ersten Mal Boskovits in Angriff, als er vorschlug, eine kleine Werkgruppe mit einer Serie von drei Miniaturen im Museo dell’Opera del Duomo di Siena (Graduale 98.4; siehe Boskovits 1983, S. 259–276) sowie mit einem Bereich der monochromen Fresken in der Säulenhalle und im Kreuzgang des Klosters von Lecceto bei Siena in Zusammenhang zu bringen.

Dieser geheimnisvolle Meister bezieht seinen Hilfsnamen von zwei Fresken im Oratorium von Sant’Ansano in Castelvecchio in Siena mit der Anbetung der Könige und dem Heiligen Ansanus. Aller Wahrscheinlichkeit nach war der Künstler von 1430 bis Ende der 1450er-Jahre tätig: Ausgehend von spätgotischen Vorbildern adaptierte er seine Malweise und nahm Strömungen der sienesischen Malerei des 15. Jahrhunderts auf. Damit zog er mit Künstlern wie Sassetta, Domenico di Bartolo und Vecchietta gleich und führte eine fortschrittliche und persönlichere stilistische Verschmelzung des Erbes der sienesischen Gotik mit neuen bildnerischen Tendenzen des Quattrocento herbei.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister I
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 08.06.2021 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 29.05. - 08.06.2021