Lot Nr. 228 -


Günther Uecker *


Günther Uecker * - Zeitgenössische Kunst I

(Wendorf 1940 geb.)
Diagonale Struktur V, 1974, signiert, datiert sowie betitelt Uecker 1974 Diagonale Struktur V, auf der Rückseite mit Richtungspfeil, Nägel, Graphit auf Leinwand, auf Holz, 40 x 40 x 8 cm

Literatur:
Dieter Honisch, Uecker, Stuttgart 1983, Nr. 889, S. 240 (erste Abbildung oben links)

Provenienz:
Erker Galerie, St. Gallen
Privatsammlung Stoffel, Hamburg
Europäische Privatsammlung

Ausgestellt:
Erker Galerie, St. Gallen, Juni 1975 (Galerieetikett)

„Uecker hat nicht nur den Nagel, er hat auch das Nageln kunstfähig gemacht.“ 1 

Es sind Nägel, die von Günther Uecker in strenger Anordnung einer konkreten Struktur untergeordnet werden. Dabei vollzieht sich ein exakter rhythmischer Wechsel von Nägeln und Freiflächen, welche die gesamte Bildoberfläche bis ins Kleinste untergliedert. Mit dem Betrachter-Standpunkt und den sich verändernden Lichtverhältnissen eröffnen sich fortwährend neue Perspektiven, die das Bild scheinbar in einen vibrierenden Zustand führen, obwohl die eingeschlagenen Nägel faktisch unbeweglich sind.

Bevor jedoch die Nagelbilder einen solchen dynamischen Zustand erreichen können, galt es für den Künstler zunächst zwei wichtige Punkte zu klären: „Einmal die Frage, wie die aufgebrachte Struktur zu organisieren sei und sich zum Bild verhalten solle, zweitens in welcher Weise der Bearbeitungsvorgang selbst zum Gegenstand der Kunsthandlung werden konnte.“ 2 So sagte Uecker selbst: „Mein Versuch, einen realen Raum durch Strukturreihung zu aktivieren, ihn als Zustand der Reinheit objektiver Ästhetik erlebbar zu machen, führte mich zu neuen Gestaltungsmitteln. Wenn ich Nägel als Strukturelemente benutze, möchte ich sie nicht als Nägel verstanden wissen. Mir geht es darum, mit diesen Mitteln in ihrem geordneten Verhältnis zueinander eine Schwingung zu erreichen, die ihre geometrische Ordnung stört und sie zu irritieren vermag.“3

Die Arbeit „Diagonale Struktur V“ kann zunächst als eben solch ein reines Beispiel für Ueckers betonte Linearität der Arrangements unter der Verwendung von aufgezeichneten Strukturen, hier in Form von Graphitlinien, und eingeschlagenen Nägeln gesehen werden. Durch die Veränderung und Variation des Einschlagwinkels der Nägel bricht er allerdings zur Bildmitte hin mit einer streng linear angelegten Komposition und erlaubt einen Strukturwechsel, der sich mit dem Blickwinkel des Rezipienten verändert. „Den Ablauf einer Bewegung sichtbar zu machen, als Zustand einer Lebendigkeit, an der der Mensch teilnimmt in schöpferischer Wiederholung, in Monotonie, ist in der Tat eine erregende Aktion, die wie ein Gebet geistig erlebt werden kann. Meine Objekte sind eine räumliche Realität, eine Zone des Lichtes. Ich benutze mechanische Mittel, um die subjektive Geste zu überwinden, zu objektivieren, eine Situation der Freiheit zu schaffen.“ 4

1  Dieter Honisch, Uecker, (Werkverzeichnis bearbeitet von Harion Haedecke) Stuttgart 1983, No 1, S. 53
2  Ebd., S. 57
3  Die Schönheit der Bewegung, 1961, in Günther Uecker, Schriften, 1979, S. 105
4  Günther Uecker, in: ZERO 3, Düsseldorf 1961; Nachdruck ZERO 1-3, Heinz Mack und Otto Piene, Köln 1973, S. 220
 

Expertin: Dr. Petra Maria Schäpers Dr. Petra Maria Schäpers

petra.schaepers@dorotheum.de

23.06.2021 - 16:00

Schätzwert:
EUR 140.000,- bis EUR 180.000,-

Günther Uecker *


(Wendorf 1940 geb.)
Diagonale Struktur V, 1974, signiert, datiert sowie betitelt Uecker 1974 Diagonale Struktur V, auf der Rückseite mit Richtungspfeil, Nägel, Graphit auf Leinwand, auf Holz, 40 x 40 x 8 cm

Literatur:
Dieter Honisch, Uecker, Stuttgart 1983, Nr. 889, S. 240 (erste Abbildung oben links)

Provenienz:
Erker Galerie, St. Gallen
Privatsammlung Stoffel, Hamburg
Europäische Privatsammlung

Ausgestellt:
Erker Galerie, St. Gallen, Juni 1975 (Galerieetikett)

„Uecker hat nicht nur den Nagel, er hat auch das Nageln kunstfähig gemacht.“ 1 

Es sind Nägel, die von Günther Uecker in strenger Anordnung einer konkreten Struktur untergeordnet werden. Dabei vollzieht sich ein exakter rhythmischer Wechsel von Nägeln und Freiflächen, welche die gesamte Bildoberfläche bis ins Kleinste untergliedert. Mit dem Betrachter-Standpunkt und den sich verändernden Lichtverhältnissen eröffnen sich fortwährend neue Perspektiven, die das Bild scheinbar in einen vibrierenden Zustand führen, obwohl die eingeschlagenen Nägel faktisch unbeweglich sind.

Bevor jedoch die Nagelbilder einen solchen dynamischen Zustand erreichen können, galt es für den Künstler zunächst zwei wichtige Punkte zu klären: „Einmal die Frage, wie die aufgebrachte Struktur zu organisieren sei und sich zum Bild verhalten solle, zweitens in welcher Weise der Bearbeitungsvorgang selbst zum Gegenstand der Kunsthandlung werden konnte.“ 2 So sagte Uecker selbst: „Mein Versuch, einen realen Raum durch Strukturreihung zu aktivieren, ihn als Zustand der Reinheit objektiver Ästhetik erlebbar zu machen, führte mich zu neuen Gestaltungsmitteln. Wenn ich Nägel als Strukturelemente benutze, möchte ich sie nicht als Nägel verstanden wissen. Mir geht es darum, mit diesen Mitteln in ihrem geordneten Verhältnis zueinander eine Schwingung zu erreichen, die ihre geometrische Ordnung stört und sie zu irritieren vermag.“3

Die Arbeit „Diagonale Struktur V“ kann zunächst als eben solch ein reines Beispiel für Ueckers betonte Linearität der Arrangements unter der Verwendung von aufgezeichneten Strukturen, hier in Form von Graphitlinien, und eingeschlagenen Nägeln gesehen werden. Durch die Veränderung und Variation des Einschlagwinkels der Nägel bricht er allerdings zur Bildmitte hin mit einer streng linear angelegten Komposition und erlaubt einen Strukturwechsel, der sich mit dem Blickwinkel des Rezipienten verändert. „Den Ablauf einer Bewegung sichtbar zu machen, als Zustand einer Lebendigkeit, an der der Mensch teilnimmt in schöpferischer Wiederholung, in Monotonie, ist in der Tat eine erregende Aktion, die wie ein Gebet geistig erlebt werden kann. Meine Objekte sind eine räumliche Realität, eine Zone des Lichtes. Ich benutze mechanische Mittel, um die subjektive Geste zu überwinden, zu objektivieren, eine Situation der Freiheit zu schaffen.“ 4

1  Dieter Honisch, Uecker, (Werkverzeichnis bearbeitet von Harion Haedecke) Stuttgart 1983, No 1, S. 53
2  Ebd., S. 57
3  Die Schönheit der Bewegung, 1961, in Günther Uecker, Schriften, 1979, S. 105
4  Günther Uecker, in: ZERO 3, Düsseldorf 1961; Nachdruck ZERO 1-3, Heinz Mack und Otto Piene, Köln 1973, S. 220
 

Expertin: Dr. Petra Maria Schäpers Dr. Petra Maria Schäpers

petra.schaepers@dorotheum.de


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Zeitgenössische Kunst I
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 23.06.2021 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 17.06. - 23.06.2021