Lot Nr. 29


Jan Zrzavý *


(Vadín-Okrouhlice 1890–1977 Prag)
Stilleben mit drei Äpfeln, 1928, signiert und datiert J. Zerzavý 1928, Öl auf Leinwand, 35 x 46,5 cm, gerahmt

Ein Zertifikat von PhDr. Karel Srp, 5.2.2015, liegt bei.

Provenienz:
Privatsammlung, Brünn (rückseitig Etikett)
dort um 1990 vom Vater des heutigen Besitzers erworben –
Europäische Privatsammlung

Ausgestellt:
Paris, Musée National d'Art Moderne, Paris-Prag 1906-1930, März - April 1966, Ausst.-Kat. Nr. 125, Abb. (Text: Bernard Dorival) (Nature morte à la serviette et aux pommes) (rückseitig Etikett)
Brünn , Dům pánů z Kunštátu, Jan Zrzavý, Werke 1907–1962, April – June 1963, Kat.-Nr. 82
Prag, Mánes, Jan Zrzavý, Werke 1907–1962, Jänner – März 1963, Kat. Nr. 110
Prag, Stadthaus, Jan Zrzavý - Ausstellung seiner Werke 1905-1940, März 1940, Kat. Nr. 79, S. 22
Prag, Aventinská mansarda, Jan Zrzavý, Oktober - Dezember 1928, Nr. 8 (Stillleben mit drei Äpfeln)

Literatur:
Miroslav Lamač, Prag 1980, Nr. 101 mit Abb. (Stillleben mit drei Äpfeln),
František Dvořák, Jan Zrzavý, Prag 1965, Nr. 36 mit Abb. (Stillleben auf Marmortisch)
Svět Jana Zrzavého, Nationalgalerie, Prag 1963, mit Abb.
(Stilleben mit 3 Äpfeln und einer blauen Vase)
Karel Šourek, Jan Zrzavý, Werke 1906-1940, Prag 1941,
Nr. LXXVIII mit Abb. (Stilleben mit einer Vase und drei Äpfeln)

Publiziert in:
Musaion (Jahresmagazin), 1928, Nr. 1, Seite 4, mit Abb.

Die tschechische Kunst der Zwischenkriegszeit charakterisiert eine große stilistische Pluralität, in der sich der Optimismus und die Aufbruchstimmung nach den Kriegswirren ebenso wie die Internationalität und das Selbstbewusstsein der jungen Nation im Zentrum Europas spiegeln. Der tschechische Kubismus in seiner unverwechselbaren kuboexpressionistischen Ausprägung, der neben der Malerei auch Architektur, Skulptur und die angewandten Künste umfasst, klingt mit dem Ersten Weltkrieg zwar ab, wird aber ab Mitte der 1920er Jahre vor dem Hintergrund eines vitalen Kunstpanoramas erneut zu einem zentralen Referenzstile der Avantgarde.

Nachdem Bohumil Kubista 1918 verstorben war und Otto Gutfreund seinen Stil zunehmend veränderte, wurde vor allem Emil Filla als Wegbereiter der Moderne zur Leitfigur der jüngeren Generation. Vom analytischen Kubismus Braques und Picassos beeinflusst hat Filla die zugrundeliegenden Ideen früh durchdrungen und zu einer eigenständigen Malweise weiterentwickelt. Er nutzt das Zerlegungsverfahren des Kubismus als frei verfügbare Sprache und formale Systematik, um die dynamischen Möglichkeiten des Bildraums auszuloten. Dabei vereint er das abstrakte Vokabular mit der malerischen Autonomie seiner Pinselstriche und einer Spiritualisierung der Form, in der sich seine Überzeugung, dass das Bild eine Projektion des geistigen Lebens des Künstlers sei, ausdrückt. Fillas Werke kennzeichnet eine ausgewogene Expressivität und farbliche Eigenwilligkeit. In den späteren Bildern ist die Auswahl der Motive zudem von der Stofflichkeit holländischer Stilleben des 17. Jahrhunderts beeinflusst. In die kubistische Reduktion aus rechtwinkeligen Blöcken und Flächen treten zunehmend naturalistische Elemente wie aufgeschnittene Zitronen, Kristallgläser und Weintrauben.

Die bereits 1918 gegründete Vereinigung Tvrdošíjní (Die Hartnäckigen) hingegen, zu deren Mitgliedern unter anderem Josef Čapek, Vlastislav Hofman, Václav Špála und Jan Zrzavý zählten, war geleitet vom Wunsch nach einem glücklichen Leben und einfachen Dingen, verfolgte aber kein einheitliches Programm. In ihren Werken zeichnet sich neben dem verblassenden Kubismus eine deutliche Tendenz zum naiven Primitivismus und Neoklassizismus ab, die sich am Werk von Jan Zrzavý beispielhaft nachvollziehen lässt. Seine Stillleben sind ein Synthese aus fest umrissenen latent kubistischen Formelementen, einer teils von J. Rousseau inspirierten Naivität, die sich unter anderem in der einfachen Anordnung und Isoliertheit der einzelnen Gegenstände äußert, und einem Verhältnis zur Realität, das aus der intuitiven Erkenntnis und Verinnerlichung des Denkens eine intime Poesie entwickelt.

Das in den 1920er und 1930er Jahren stilistisch vielfältige, kulturelle Geschehen der Prager Szene wird von verschiedenen Künstlervereinigungen bestimmt, die entschlossen sind den Prozess der Avantgarde fortzuführen. In der progressiven Gruppe Devětsil (Pestwurz) dominiert anfangs das Interesse einiger Mitglieder an primitivistischen Formen bevor ab 1922 unter der Führung von Karel Teige das Konzept der proletarischen Kunst ins Zentrum rückte. Die verschiedenen Ausdrucksformen in der sehr breiten Bewegung reichen allerdings bis hin zum surrealistischen Werk von Jindřich Štyrský und Josef Šíma.

Expertin: Mag. Patricia Pálffy Mag. Patricia Pálffy
+43-1-515 60-386

patricia.palffy@dorotheum.at

22.06.2021 - 16:00

Erzielter Preis: **
EUR 229.000,-
Schätzwert:
EUR 150.000,- bis EUR 200.000,-

Jan Zrzavý *


(Vadín-Okrouhlice 1890–1977 Prag)
Stilleben mit drei Äpfeln, 1928, signiert und datiert J. Zerzavý 1928, Öl auf Leinwand, 35 x 46,5 cm, gerahmt

Ein Zertifikat von PhDr. Karel Srp, 5.2.2015, liegt bei.

Provenienz:
Privatsammlung, Brünn (rückseitig Etikett)
dort um 1990 vom Vater des heutigen Besitzers erworben –
Europäische Privatsammlung

Ausgestellt:
Paris, Musée National d'Art Moderne, Paris-Prag 1906-1930, März - April 1966, Ausst.-Kat. Nr. 125, Abb. (Text: Bernard Dorival) (Nature morte à la serviette et aux pommes) (rückseitig Etikett)
Brünn , Dům pánů z Kunštátu, Jan Zrzavý, Werke 1907–1962, April – June 1963, Kat.-Nr. 82
Prag, Mánes, Jan Zrzavý, Werke 1907–1962, Jänner – März 1963, Kat. Nr. 110
Prag, Stadthaus, Jan Zrzavý - Ausstellung seiner Werke 1905-1940, März 1940, Kat. Nr. 79, S. 22
Prag, Aventinská mansarda, Jan Zrzavý, Oktober - Dezember 1928, Nr. 8 (Stillleben mit drei Äpfeln)

Literatur:
Miroslav Lamač, Prag 1980, Nr. 101 mit Abb. (Stillleben mit drei Äpfeln),
František Dvořák, Jan Zrzavý, Prag 1965, Nr. 36 mit Abb. (Stillleben auf Marmortisch)
Svět Jana Zrzavého, Nationalgalerie, Prag 1963, mit Abb.
(Stilleben mit 3 Äpfeln und einer blauen Vase)
Karel Šourek, Jan Zrzavý, Werke 1906-1940, Prag 1941,
Nr. LXXVIII mit Abb. (Stilleben mit einer Vase und drei Äpfeln)

Publiziert in:
Musaion (Jahresmagazin), 1928, Nr. 1, Seite 4, mit Abb.

Die tschechische Kunst der Zwischenkriegszeit charakterisiert eine große stilistische Pluralität, in der sich der Optimismus und die Aufbruchstimmung nach den Kriegswirren ebenso wie die Internationalität und das Selbstbewusstsein der jungen Nation im Zentrum Europas spiegeln. Der tschechische Kubismus in seiner unverwechselbaren kuboexpressionistischen Ausprägung, der neben der Malerei auch Architektur, Skulptur und die angewandten Künste umfasst, klingt mit dem Ersten Weltkrieg zwar ab, wird aber ab Mitte der 1920er Jahre vor dem Hintergrund eines vitalen Kunstpanoramas erneut zu einem zentralen Referenzstile der Avantgarde.

Nachdem Bohumil Kubista 1918 verstorben war und Otto Gutfreund seinen Stil zunehmend veränderte, wurde vor allem Emil Filla als Wegbereiter der Moderne zur Leitfigur der jüngeren Generation. Vom analytischen Kubismus Braques und Picassos beeinflusst hat Filla die zugrundeliegenden Ideen früh durchdrungen und zu einer eigenständigen Malweise weiterentwickelt. Er nutzt das Zerlegungsverfahren des Kubismus als frei verfügbare Sprache und formale Systematik, um die dynamischen Möglichkeiten des Bildraums auszuloten. Dabei vereint er das abstrakte Vokabular mit der malerischen Autonomie seiner Pinselstriche und einer Spiritualisierung der Form, in der sich seine Überzeugung, dass das Bild eine Projektion des geistigen Lebens des Künstlers sei, ausdrückt. Fillas Werke kennzeichnet eine ausgewogene Expressivität und farbliche Eigenwilligkeit. In den späteren Bildern ist die Auswahl der Motive zudem von der Stofflichkeit holländischer Stilleben des 17. Jahrhunderts beeinflusst. In die kubistische Reduktion aus rechtwinkeligen Blöcken und Flächen treten zunehmend naturalistische Elemente wie aufgeschnittene Zitronen, Kristallgläser und Weintrauben.

Die bereits 1918 gegründete Vereinigung Tvrdošíjní (Die Hartnäckigen) hingegen, zu deren Mitgliedern unter anderem Josef Čapek, Vlastislav Hofman, Václav Špála und Jan Zrzavý zählten, war geleitet vom Wunsch nach einem glücklichen Leben und einfachen Dingen, verfolgte aber kein einheitliches Programm. In ihren Werken zeichnet sich neben dem verblassenden Kubismus eine deutliche Tendenz zum naiven Primitivismus und Neoklassizismus ab, die sich am Werk von Jan Zrzavý beispielhaft nachvollziehen lässt. Seine Stillleben sind ein Synthese aus fest umrissenen latent kubistischen Formelementen, einer teils von J. Rousseau inspirierten Naivität, die sich unter anderem in der einfachen Anordnung und Isoliertheit der einzelnen Gegenstände äußert, und einem Verhältnis zur Realität, das aus der intuitiven Erkenntnis und Verinnerlichung des Denkens eine intime Poesie entwickelt.

Das in den 1920er und 1930er Jahren stilistisch vielfältige, kulturelle Geschehen der Prager Szene wird von verschiedenen Künstlervereinigungen bestimmt, die entschlossen sind den Prozess der Avantgarde fortzuführen. In der progressiven Gruppe Devětsil (Pestwurz) dominiert anfangs das Interesse einiger Mitglieder an primitivistischen Formen bevor ab 1922 unter der Führung von Karel Teige das Konzept der proletarischen Kunst ins Zentrum rückte. Die verschiedenen Ausdrucksformen in der sehr breiten Bewegung reichen allerdings bis hin zum surrealistischen Werk von Jindřich Štyrský und Josef Šíma.

Expertin: Mag. Patricia Pálffy Mag. Patricia Pálffy
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patricia.palffy@dorotheum.at


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Auktion: Moderne
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 22.06.2021 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 17.06. - 22.06.2021


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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