(Florenz 1501–1547) und
Luzio Romano, gen. Luzio Luzzi
(tätig in Rom um 1519–1582)
Neptun in seinem Wagen; vermutlich Rhea (oder eine Nymphe?) und Zeus als Kind auf der amaltheischen Ziege reitend, bezeichnet “Pierino”, Feder in Braun über schwarzer Kreide auf Bütten, 29 x 22 cm, Passep., ohne Rahmen, (Sch)

Provenienz:
Sammlung Baron Auguste Rey de Villet (1864-1934), Boulange-sur-Seine/ Paris (Lugt 2200a);
Dessen Auktion, Hollstein & Puppel, Berlin, 4. Mai 1931, Los 1245;
Auktion, Max Perl, Berlin, 30. Juni 1932, Los 704;
Privatsammlung, Italien.

Wir danken Dr. Maria Cristina Chiusa für die wissenschaftliche Unterstützung. Eine schriftliche Mitteilung (18. August 2021) liegt vor.

Die Zeichnung zeigt auf zwei übereinanderliegenden Ebenen zwei Episoden aus dem Leben der olypmischen Götter Neptun und Zeus: in der oberen Zone ist Zeus als Kind, begleitet von Rhea oder eine Nymphe auf der amaltheischen Ziege reitend zu sehen, während in der unteren Zone Neptun auf seinem Wagen, gezogen von vier Pferden erscheint. Die beiden Episoden könnten Teil eines größeren narrativen Zyklus mit mythologischen Charakteren gewesen sein und eventuell in Vorbereitung für ein Fresko entstanden sein.
Die Darstellungen erinnern sowohl ikonographisch als auch in der Morphologie der Figuren an das Fresko mit dem „Sturz der Giganten“ im Palazzo del Principe Andrea Doria in Fassolo (Genua), das Perino del Vaga zwischen 1530 und 1532 schuf. Der Künstler war 1527 von Andrea Doria dazu eingeladen worden, an der malerischen Ausgestaltung des Palastes mitzuarbeiten, wo Perino als Hofkünstler eine bedeutende Rolle in der Gestaltung des Gesamtkonzeptes und der kompositorischen Einheit innehatte. Es ist daher denkbar, dass die vorliegende Zeichnung unter Mitwirkung eines weiteren Künstlers in Vorbereitung für eines der Fresken im Palast entstanden sein könnte. Während die Morphologie der Pferde, die Neptun begleiten, an Zeichnungen Perinos wie „Apollo in seinem Sonnenwagen“ im Art Institute, Chicago (Inv. 1922. 736) sowie die beiden Studien „Etudes de figures, d‘animaux vrais ou fantastiques et de motifs ornamentaux de grotesques“ und „Trois études de cheveaux, études d‘un corps d‘homme et d’une coupole“ im Musée du Louvre, Paris (Inv. 5013 verso; RF 352 recto) erinnern, ist auch eine stilistische Nähe zum graphischen Oeuvre von Luzzio Luzzi zu sehen, mit dem Perino eng an den Fresken des Palastes zusammengearbeitet hat. Die Figur von Rhea bzw. der Nymphe in der oberen Szene ist etwa vergleichbar mit dem „Entwurf für ein dekoratives Fries mit alternierenden Kartuschen und Putti“ im Metropolitan Museum of Art, New York (Inv. 52.570.132). Zu den Fresken des Palastes siehe: L. Stagno, “Il ciclo periniano del palazo del Principe: vicende, tecniche e restauri”, in: Perino del Vaga: prima, durante, dopo: atti delle Giornate internahzionali di studio, Genua,
26.–27. Mai 2001, Palazzo Doria del Principe, Genua 2004, S. 96-105.