Lot Nr. 149


Emilie Mediz-Pelikan


Emilie Mediz-Pelikan - Weihnachtsauktion

(Vöcklabruck, OÖ 1861-1908 Dresden)
Löwenzahn im Dresdner Land, 1895, signiert unten rechts: E. Pelikan, Öl auf Leinwand, ca. 60 x 87 cm, rückseitiges Ausstellungsetikett handschriftlich bezeichnet: 'Emilie Mediz-Pelikan / Löwenzahn im Dresdner Land / 1895 / Kat.-Nr. 11 Echtheit beglaubigt Jeikner 2.11.43'; vergoldeter klassizistischer Rahmen, dieser beschädigt Ruf 12.000

Provenienz:
Süddeutsche Privatsammlung

Literatur:
E. Jeikner, Karl Mediz und Emilie Mediz-Pelikan. Gemälde und Zeichnungen im Galeriegebäude auf der Brühlschen Terrasse (...) veranstaltet vom Heimatwerk Sachsen, Ausstellungskatalog, Dresden 1943, S. 7, Nr. 111 (Löwenzahn im Dresdner Land, 1895). O. Oberhuber, W. Seipel, S. Geretsegger (Hrsg.), Emilie Mediz-Pelikan (1861-1908), Karl Mediz (1868-1945), Ausstellungskatalog (mit Werkverzeichnissen), Österreichisches Museum für Angewandte Kunst, Wien und Oberösterreichisches Landesmuseum, Landesgalerie, Linz, Wien (u. a.) 1986. - (Werk dort nicht verzeichnet.) T. Backhausen Ménage à trois Emilie Mediz-Pelikan - Karl Mediz, ein Leben für die Kunst, Dissertation (Manuskript), 3 Bände, Universität Salzburg, 2008.

Emilie Mediz-Pelikan lebte und studierte in Wien, Salzburg (1884-1990), München, Belgien (Knokke) und Paris und lebte mit ihrem Mann Karl Mediz ab 1894 hauptsächlich in Dresden, wo sie 1908 plötzlich verstarb.
Gemeinsam unternahmen sie einige, von Freunden ermöglichte Studienreisen nach Ungarn. Italien und andere Adrialänder, auf denen sie in der Landschaft – ihrem bevorzugten Motiv – malten und zeichneten. Emilie und der um sieben Jahre jüngere Karl lebten eine menschlich wie künstlerisch intensive und gleichsam symbiotische Beziehung, aus der sie viel künstlerische Schöpfungskraft gewannen. Sie ist charakteristisch für die enge motivische und stilistische Verknüpfung der beiden Oeuvres.

Um 1900 gelingt dem Künstlerpaar der Durchbruch. 1903 zeigte der Künstlerbund Hagen in seiner 7. Ausstellung einen ersten großen Gesamtüberblick über das Werk des Malerehepaars (verheiratet seit 1891) – im gleichen Jahr als die Wiener Secession zum ersten Mal eine Schau der „Entwicklung des Impressionismus in Malerei und Plastik“ widmete. Zuvor waren beide bereits mit jeweils drei Werken in der Eröffnungsausstellung der Sezession vertreten. 1943 organisierte Eduard Jeikner eine Ausstellung ihrer Oeuvres in Dresden, bei der auch alle drei der vorliegenden Werke zu sehen waren. Die beiden Künstler gerieten in Vergessenheit bis schließlich nach dem Tod der Tochter und einzigen Erbin der Nachlass (1180 Exponate inklusive Graphiken) nach Österreich gebracht und 1986 umfassende ausgestellt und katalogisiert werden konnte. Die drei zur Auktion kommenden Bilder waren mehrere Jahrzehnte in einer süddeutschen Privatsammlung vereint und blieben damit bis heute nahezu unbekannt.

Emilies Darstellung „Löwenzahn im Dresdner Land“ (1895) bezieht sich zwar auf eine bestimmte Region, erweist sich aber als eine allgemein gültige Landschaftskomposition, die den Impressionismus voraussetzt und bereits eine symbolistische Ausdruckskraft vermittelt, mit der sich das Ehepaar vornehmlich auseinandergesetzt hat.
Eine lichte Gruppe von Silberpappeln oder Birken sind gegen einen Himmels-Horizontstreifen gesetzt. Ihre betonten Vertikalen kontrastieren mit einer weitläufigen Wiese, die überzogen mit Löwenzahnblumen ist. Diese erstrecken sich als Teppich in den Bildraum und füllen als Hauptsujet fast zwei Drittel der Komposition aus. Ihre malerisch lockere Ausführung zeigt ein ungemein reiches stilistisches Spektrum:
Vor grünem Grund werden die Pusteblumen vorwiegend mit weißlichen Farben zart dünn, getupft oder zuweilen pastos und damit gleichsam haptisch aufgetragen; vereinzelt schimmert oder blitzt die Löwenzahnblume auch in Gelb durch den dichten Teppich aus Formen, Farben und Strukturen. Seine Farbpalette steht spannungsvoll dem dunklen Kolorit der Bäume und teils komplementär dem blau-gräulichen Hintergrund gegenüber. Es ist ein motivisches und malerisches Zusammenspiel, mit dem die Landschaft nur teilweise naturalistisch wiedergegeben wird; denn gleichzeitig ist hier auch ein symbolistischer Gehalt zu sehen und zu spüren: Ein idyllischer Anblick einer unberührten Spätfrühjahrs-Landschaft, die bei aller Beständigkeit (versinnbildlicht durch die starken Baumstämme) und vegetativer Schönheit zugleich fragil dem steten Wandel im Lebenskreislauf unterworfen ist. Die Atmosphäre des Bildes könnte man somit hinsichtlich Leben, Schönheit und Vergehen auch als Innenschau mit dem menschlichen Dasein assoziieren.

Die Pastellarbeit „Birkenzauber“ entstand acht Jahre später, möglicherweise in Verbindung mit einer Studienreise nach Mittelberg oder als „Erinnerung an Mittelberg“, so der Titel eines ihrer Ölgemälde (123,5 x 211 cm, 1903, Privatbesitz), das sich wie ein weiteres namens „Birkenstudie“ (Öl/Lw., 96 x 68 cm, 1903, OÖ Landesmuseum, Linz) mit diesem Baum auseinandersetzt. Die vorliegende Komposition scheint sich von einer möglichen direkten Vorlage zu lösen: Auf einer bildparallelen Naturbühne arrangiert Emilie zwei Gruppe von Birkenbäumen, deren Stämme sich unregelmäßig, gewunden oder knorrig gewachsen gegen den nahezu neutralen Hintergrund abheben. Feine Modellierungen für die belaubten Äste und für das Terrain, in dem die Birken etwas instabil wurzeln, lassen ihr Alter und ihre Größe schwer einschätzen. Ihre zeichnerischen Strukturen gleichen vielmehr einem graphisch-ornamentalen Kunstwerk, das sich ein wenig mit dem japanischen Bonsai assoziieren lässt. Das „zauberhaft“ Gewachsene erscheint in einer fast kühlen Stimmung mit reduziertem Kolorit. Alles wirkt wie ein spirituelles Naturerlebnis der Künstlerin.

Um 1900 reisten Emilie Mediz-Pelikan und Karl Mediz vermehrt in die Tiroler Bergwelt, wo sie sich meist unter schwierigen Bedingungen und in existentieller Einsamkeit mit dem Erhabenen der Landschaft auseinandersetzten. Karl Mediz zeigt dies unter anderem in den Gletscheransichten von 1903, die sich teilweise auf das Engadin beziehen – so wie auch das vorliegende Ölgemälde „Gletscher im Engadin“, das später, 1914 entstand.
Karl Mediz fast quadratische Darstellung lebt von den peniblen Modellierungen, mit denen er die gletscherüberzogene Hochgebirgslandschaft durchdringt und überzieht. Es gleicht einer Vogelschau mit scharfem Blick, der streckenweise eine graphisch-ornamentale Qualität suggeriert und damit mehr die Fläche als das Räumliche betont. Das landschaftliche Erscheinungsbild oszilliert zwischen dem großen Ganzen, das sich vor dem Betrachter bis zum hohen Horizont erhebt, und gleichsam dem Mikrokosmos der unterschiedlichen Oberflächen einer menschenleeren Gegend. Sie dient einmal mehr als meditativer Spiegel und als Sinnbild für die menschlichen Gefühlswelten, die Emilie und Karl in ihrer engen Beziehung immer wieder malerisch von Neuem ausgelotet haben – vor allem in ihren Landschaftsbildern, die sie in der Regel für sich selbst malten.

Dr. Tobias Nickel

Experte: Mag. Dr. Tobias Nickel Mag. Dr. Tobias Nickel
+43-662-871671-21

experts-salzburg@dorotheum.at

17.11.2021 - 15:12

Erzielter Preis: **
EUR 89.600,-
Schätzwert:
EUR 20.000,- bis EUR 30.000,-
Startpreis:
EUR 12.000,-

Emilie Mediz-Pelikan


(Vöcklabruck, OÖ 1861-1908 Dresden)
Löwenzahn im Dresdner Land, 1895, signiert unten rechts: E. Pelikan, Öl auf Leinwand, ca. 60 x 87 cm, rückseitiges Ausstellungsetikett handschriftlich bezeichnet: 'Emilie Mediz-Pelikan / Löwenzahn im Dresdner Land / 1895 / Kat.-Nr. 11 Echtheit beglaubigt Jeikner 2.11.43'; vergoldeter klassizistischer Rahmen, dieser beschädigt Ruf 12.000

Provenienz:
Süddeutsche Privatsammlung

Literatur:
E. Jeikner, Karl Mediz und Emilie Mediz-Pelikan. Gemälde und Zeichnungen im Galeriegebäude auf der Brühlschen Terrasse (...) veranstaltet vom Heimatwerk Sachsen, Ausstellungskatalog, Dresden 1943, S. 7, Nr. 111 (Löwenzahn im Dresdner Land, 1895). O. Oberhuber, W. Seipel, S. Geretsegger (Hrsg.), Emilie Mediz-Pelikan (1861-1908), Karl Mediz (1868-1945), Ausstellungskatalog (mit Werkverzeichnissen), Österreichisches Museum für Angewandte Kunst, Wien und Oberösterreichisches Landesmuseum, Landesgalerie, Linz, Wien (u. a.) 1986. - (Werk dort nicht verzeichnet.) T. Backhausen Ménage à trois Emilie Mediz-Pelikan - Karl Mediz, ein Leben für die Kunst, Dissertation (Manuskript), 3 Bände, Universität Salzburg, 2008.

Emilie Mediz-Pelikan lebte und studierte in Wien, Salzburg (1884-1990), München, Belgien (Knokke) und Paris und lebte mit ihrem Mann Karl Mediz ab 1894 hauptsächlich in Dresden, wo sie 1908 plötzlich verstarb.
Gemeinsam unternahmen sie einige, von Freunden ermöglichte Studienreisen nach Ungarn. Italien und andere Adrialänder, auf denen sie in der Landschaft – ihrem bevorzugten Motiv – malten und zeichneten. Emilie und der um sieben Jahre jüngere Karl lebten eine menschlich wie künstlerisch intensive und gleichsam symbiotische Beziehung, aus der sie viel künstlerische Schöpfungskraft gewannen. Sie ist charakteristisch für die enge motivische und stilistische Verknüpfung der beiden Oeuvres.

Um 1900 gelingt dem Künstlerpaar der Durchbruch. 1903 zeigte der Künstlerbund Hagen in seiner 7. Ausstellung einen ersten großen Gesamtüberblick über das Werk des Malerehepaars (verheiratet seit 1891) – im gleichen Jahr als die Wiener Secession zum ersten Mal eine Schau der „Entwicklung des Impressionismus in Malerei und Plastik“ widmete. Zuvor waren beide bereits mit jeweils drei Werken in der Eröffnungsausstellung der Sezession vertreten. 1943 organisierte Eduard Jeikner eine Ausstellung ihrer Oeuvres in Dresden, bei der auch alle drei der vorliegenden Werke zu sehen waren. Die beiden Künstler gerieten in Vergessenheit bis schließlich nach dem Tod der Tochter und einzigen Erbin der Nachlass (1180 Exponate inklusive Graphiken) nach Österreich gebracht und 1986 umfassende ausgestellt und katalogisiert werden konnte. Die drei zur Auktion kommenden Bilder waren mehrere Jahrzehnte in einer süddeutschen Privatsammlung vereint und blieben damit bis heute nahezu unbekannt.

Emilies Darstellung „Löwenzahn im Dresdner Land“ (1895) bezieht sich zwar auf eine bestimmte Region, erweist sich aber als eine allgemein gültige Landschaftskomposition, die den Impressionismus voraussetzt und bereits eine symbolistische Ausdruckskraft vermittelt, mit der sich das Ehepaar vornehmlich auseinandergesetzt hat.
Eine lichte Gruppe von Silberpappeln oder Birken sind gegen einen Himmels-Horizontstreifen gesetzt. Ihre betonten Vertikalen kontrastieren mit einer weitläufigen Wiese, die überzogen mit Löwenzahnblumen ist. Diese erstrecken sich als Teppich in den Bildraum und füllen als Hauptsujet fast zwei Drittel der Komposition aus. Ihre malerisch lockere Ausführung zeigt ein ungemein reiches stilistisches Spektrum:
Vor grünem Grund werden die Pusteblumen vorwiegend mit weißlichen Farben zart dünn, getupft oder zuweilen pastos und damit gleichsam haptisch aufgetragen; vereinzelt schimmert oder blitzt die Löwenzahnblume auch in Gelb durch den dichten Teppich aus Formen, Farben und Strukturen. Seine Farbpalette steht spannungsvoll dem dunklen Kolorit der Bäume und teils komplementär dem blau-gräulichen Hintergrund gegenüber. Es ist ein motivisches und malerisches Zusammenspiel, mit dem die Landschaft nur teilweise naturalistisch wiedergegeben wird; denn gleichzeitig ist hier auch ein symbolistischer Gehalt zu sehen und zu spüren: Ein idyllischer Anblick einer unberührten Spätfrühjahrs-Landschaft, die bei aller Beständigkeit (versinnbildlicht durch die starken Baumstämme) und vegetativer Schönheit zugleich fragil dem steten Wandel im Lebenskreislauf unterworfen ist. Die Atmosphäre des Bildes könnte man somit hinsichtlich Leben, Schönheit und Vergehen auch als Innenschau mit dem menschlichen Dasein assoziieren.

Die Pastellarbeit „Birkenzauber“ entstand acht Jahre später, möglicherweise in Verbindung mit einer Studienreise nach Mittelberg oder als „Erinnerung an Mittelberg“, so der Titel eines ihrer Ölgemälde (123,5 x 211 cm, 1903, Privatbesitz), das sich wie ein weiteres namens „Birkenstudie“ (Öl/Lw., 96 x 68 cm, 1903, OÖ Landesmuseum, Linz) mit diesem Baum auseinandersetzt. Die vorliegende Komposition scheint sich von einer möglichen direkten Vorlage zu lösen: Auf einer bildparallelen Naturbühne arrangiert Emilie zwei Gruppe von Birkenbäumen, deren Stämme sich unregelmäßig, gewunden oder knorrig gewachsen gegen den nahezu neutralen Hintergrund abheben. Feine Modellierungen für die belaubten Äste und für das Terrain, in dem die Birken etwas instabil wurzeln, lassen ihr Alter und ihre Größe schwer einschätzen. Ihre zeichnerischen Strukturen gleichen vielmehr einem graphisch-ornamentalen Kunstwerk, das sich ein wenig mit dem japanischen Bonsai assoziieren lässt. Das „zauberhaft“ Gewachsene erscheint in einer fast kühlen Stimmung mit reduziertem Kolorit. Alles wirkt wie ein spirituelles Naturerlebnis der Künstlerin.

Um 1900 reisten Emilie Mediz-Pelikan und Karl Mediz vermehrt in die Tiroler Bergwelt, wo sie sich meist unter schwierigen Bedingungen und in existentieller Einsamkeit mit dem Erhabenen der Landschaft auseinandersetzten. Karl Mediz zeigt dies unter anderem in den Gletscheransichten von 1903, die sich teilweise auf das Engadin beziehen – so wie auch das vorliegende Ölgemälde „Gletscher im Engadin“, das später, 1914 entstand.
Karl Mediz fast quadratische Darstellung lebt von den peniblen Modellierungen, mit denen er die gletscherüberzogene Hochgebirgslandschaft durchdringt und überzieht. Es gleicht einer Vogelschau mit scharfem Blick, der streckenweise eine graphisch-ornamentale Qualität suggeriert und damit mehr die Fläche als das Räumliche betont. Das landschaftliche Erscheinungsbild oszilliert zwischen dem großen Ganzen, das sich vor dem Betrachter bis zum hohen Horizont erhebt, und gleichsam dem Mikrokosmos der unterschiedlichen Oberflächen einer menschenleeren Gegend. Sie dient einmal mehr als meditativer Spiegel und als Sinnbild für die menschlichen Gefühlswelten, die Emilie und Karl in ihrer engen Beziehung immer wieder malerisch von Neuem ausgelotet haben – vor allem in ihren Landschaftsbildern, die sie in der Regel für sich selbst malten.

Dr. Tobias Nickel

Experte: Mag. Dr. Tobias Nickel Mag. Dr. Tobias Nickel
+43-662-871671-21

experts-salzburg@dorotheum.at


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 09.00 - 18.00, Sa.: 09.00 - 13.00
clients-sbg@dorotheum.at

+43 662 871671 22
Auktion: Weihnachtsauktion
Auktionstyp: Online Auction
Datum: 17.11.2021 - 15:12
Auktionsort: Salzburg
Besichtigung: 04.11. - 18.11.2021


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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