Lot Nr. 10


Meister von Paulus und Barnabas


Meister von Paulus und Barnabas - Alte Meister I

(Antwerpen, tätig in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts)
Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter,
Öl auf Holz, 85,5 x 65 cm, gerahmt

Provenienz:
Privatsammlung, Spanien, seit dem frühen 20. Jahrhundert

Literatur:
A. Diéguez Rodríguez, Dos nuevas pinturas del Maestro de Pablo y Barnabás en España, Boletín del Museo e Instituto Camón Aznar, 107, 2011, S. 62–66 und 69–70

Erstmals von Ana Diéguez Rodriguez im Jahr 2011 veröffentlicht, ist das vorliegende Gemälde eine wichtige Hinzufügung zum Werkkorpus eines versierten Antwerpener Manieristen, der als Meister von Paulus und Barnabas identifiziert wird.

Darüber hinaus bestätigt Peter van den Brink die Zuschreibung an diesen Meister auf Grundlage einer Fotografie. Van den Brink weist darauf hin, dass das vorliegende Gemälde insbesondere dem im Bonnefantenmuseum in Maastricht aufbewahrten Sündenfall des Meisters von Paulus und Barnabas sowie dem Rockox-Triptychon in der Sint-Jacobskerk in Antwerpen (ausgeführt gemeinsam mit Jan Sanders van Hemessen) nahesteht.

Das vorliegende Gemälde zeigt links den sitzenden Christus, der auf die Frage eines hebräischen Schriftgelehrten, der mit einem mit Schriftzeichen bestickten Rock bekleidet ist, antwortet. Daneben ist Petrus zu stehen gekommen, während die übrigen Apostel um die Gruppe herum sitzen. Dahinter spielt das Gleichnis des barmherzigen Samariters mit der in der Legende erwähnten Herberge rechts. Das Kompositionsschema verrät sowohl das diesbezügliche Geschick des Meisters, der in der Werkstatt von Pieter Coecke van Aelst, für den er als Ergänzung der religiösen Szenen Altarflügel malte, den Feinschliff erhielt, als auch die Erfahrungen, die der Künstler beim Malen von Landschaftshintergründen für van Hemessen gesammelt hatte, etwa im Fall des oben erwähnten Rockox-Triptychons.

Im Fall des vorliegenden Bildes verweist Diéguez Rodríguez auf die gekonnte Modellierung des Meisters, wobei die satten Farbtöne der Gewänder im Bereich der Figurengruppe des Vordergrunds in Richtung der hinteren Bildebenen sanfteren Nuancen weichen und verwässerte Grau- und Blautöne in den blassen Himmel übergehen. Typisch für den Meister sind die bewegten kleineren Figuren – etwa des Samariters, der die Wunden des Reisenden wäscht, während ein jüdischer Priester und ein Levit vorüberziehen – in Verbindung mit der größer dargestellten Zuhörergruppe um Christus, insbesondere die Wiedergabe der Gesichtszüge und des Haars. Van den Brink fügt hinzu, dass das vorliegende Werk mehr Licht auf die Verbindung des Meisters zum Antwerpener Dreigestirn, bestehend aus Coecke, van Hemessen und dem jungen Pieter Aertsen, wirft.

Die Hand des Meisters von Paulus und Barnabas wurde erstmals 1976 in einem Gemälde Aertsens mit Paulus und Barnabas in Lystra im Museum der schönen Künste in Budapest, (Inv.-Nr. 4315) identifiziert. Damals erwog Mary Braman Buchan, dass sich Aertsen bei mehreren Figuren sowie im Bereich des Hintergrunds eines unbekannten Gehilfen bedient hatte, den sie Meister von Paulus und Barnabas taufte (siehe M. Braman Buchan, The Paintings of Pieter Aertsen, in: Marsyas, 1976, Nr. 18, S. 45).

Technische Untersuchung durch Gianluca Poldi:

Der eigenartige bläulich-grüne Farbton von Vegetation und Hintergrundarchitektur beruht auf Azurit, der abwechselnd mit bleibasiertem Gelb und Bleiweiß vermischt wurde, während unvermischter Azurit für den Mantel des Mannes mit schwarzem Hut im Hintergrund Verwendung fand. Die anderen Blaubereiche, etwa im Bereich des Himmels, des am Horizont liegenden Gebirges sowie der blauen Gewänder und Krägen der zentralen Figuren wurden mit offenbar unverfärbt gebliebener Smalte umgesetzt. Dasselbe blaue Pigment, nämlich vermahlenes und mit Kobalt versetztes blaues Glas, wurde zur Erzielung von Violetttönen Azurit vorgezogen: Bei dem purpurnen Kleid des links sitzenden Mannes im roten Mantel wurde der Farbton durch eine Mischung von Smalte und Rotlack erzielt, die über einen roten Grundton aufgetragen wurde. Beim bläulichen Purpur des Gewandes des der Szene von rechts hinzutretenden älteren Mannes ist der Anteil von Smalte noch höher, wobei abermals auf rot-bzw. rosafarbenen Grund gemalt wurde: eine gute Lösung, um einen nuancierten Violettton zu erhalten. Dasselbe Blau findet sich vermischt mit Rot in den blassen purpurfarbenen Gewändern. Smalte kam auch bei den Buchstaben des hebräischen Alphabets zum Einsatz, welche die Ordenstracht des Priesters in der Bildmitte säumen. Deren grüne Färbung scheint auf Grünspan zu basieren, zwecks Unterscheidung von den anderen Grüntönen und um eine Farbigkeit zu erzielen, die der Tönung eines textilen Gewebes eher entspricht. Hingegen findet sich Azurit in den blassblauen Streifen entlang der Kanten der Gewänder. Bleizinngelb wurde für die helleren Gelbtöne herangezogen, Ocker für die orangen oder gelblichbraunen Schatten. Der einzige feststellbare Rotlack basiert auf Karmin. Er findet breite Verwendung, ebenso Zinnober, welcher für die Hauttöne verwendet und ebenso wie die braunen Erden mit Bleiweiß vermischt wurde.

Die Infrarotreflektografie bringt eine faszinierende Zeichnung zutage, welche die Qualitäten dieses Malers zweifellos zutage bringt. Sie wurde rasch und freihändig mit schwarzer Kreide ausgeführt und verrät die durchweg fließende Handhabung des Mediums und große Meisterschaft dieses Künstlers. Nicht selten legen sparsame Schraffuren die im Schatten liegenden Bereiche fest. Über der skizzenhaften, ziemlich detaillierten aber nicht unbedingt weit ausgeführten Zeichnung musste der Meister beim anschließenden Malen vor allem im Bereich der Positionierung der Augen und Köpfe ein paar Anpassungen vornehmen.

Experte: Damian Brenninkmeyer Damian Brenninkmeyer
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

10.11.2021 - 16:00

Erzielter Preis: **
EUR 108.800,-
Schätzwert:
EUR 80.000,- bis EUR 120.000,-

Meister von Paulus und Barnabas


(Antwerpen, tätig in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts)
Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter,
Öl auf Holz, 85,5 x 65 cm, gerahmt

Provenienz:
Privatsammlung, Spanien, seit dem frühen 20. Jahrhundert

Literatur:
A. Diéguez Rodríguez, Dos nuevas pinturas del Maestro de Pablo y Barnabás en España, Boletín del Museo e Instituto Camón Aznar, 107, 2011, S. 62–66 und 69–70

Erstmals von Ana Diéguez Rodriguez im Jahr 2011 veröffentlicht, ist das vorliegende Gemälde eine wichtige Hinzufügung zum Werkkorpus eines versierten Antwerpener Manieristen, der als Meister von Paulus und Barnabas identifiziert wird.

Darüber hinaus bestätigt Peter van den Brink die Zuschreibung an diesen Meister auf Grundlage einer Fotografie. Van den Brink weist darauf hin, dass das vorliegende Gemälde insbesondere dem im Bonnefantenmuseum in Maastricht aufbewahrten Sündenfall des Meisters von Paulus und Barnabas sowie dem Rockox-Triptychon in der Sint-Jacobskerk in Antwerpen (ausgeführt gemeinsam mit Jan Sanders van Hemessen) nahesteht.

Das vorliegende Gemälde zeigt links den sitzenden Christus, der auf die Frage eines hebräischen Schriftgelehrten, der mit einem mit Schriftzeichen bestickten Rock bekleidet ist, antwortet. Daneben ist Petrus zu stehen gekommen, während die übrigen Apostel um die Gruppe herum sitzen. Dahinter spielt das Gleichnis des barmherzigen Samariters mit der in der Legende erwähnten Herberge rechts. Das Kompositionsschema verrät sowohl das diesbezügliche Geschick des Meisters, der in der Werkstatt von Pieter Coecke van Aelst, für den er als Ergänzung der religiösen Szenen Altarflügel malte, den Feinschliff erhielt, als auch die Erfahrungen, die der Künstler beim Malen von Landschaftshintergründen für van Hemessen gesammelt hatte, etwa im Fall des oben erwähnten Rockox-Triptychons.

Im Fall des vorliegenden Bildes verweist Diéguez Rodríguez auf die gekonnte Modellierung des Meisters, wobei die satten Farbtöne der Gewänder im Bereich der Figurengruppe des Vordergrunds in Richtung der hinteren Bildebenen sanfteren Nuancen weichen und verwässerte Grau- und Blautöne in den blassen Himmel übergehen. Typisch für den Meister sind die bewegten kleineren Figuren – etwa des Samariters, der die Wunden des Reisenden wäscht, während ein jüdischer Priester und ein Levit vorüberziehen – in Verbindung mit der größer dargestellten Zuhörergruppe um Christus, insbesondere die Wiedergabe der Gesichtszüge und des Haars. Van den Brink fügt hinzu, dass das vorliegende Werk mehr Licht auf die Verbindung des Meisters zum Antwerpener Dreigestirn, bestehend aus Coecke, van Hemessen und dem jungen Pieter Aertsen, wirft.

Die Hand des Meisters von Paulus und Barnabas wurde erstmals 1976 in einem Gemälde Aertsens mit Paulus und Barnabas in Lystra im Museum der schönen Künste in Budapest, (Inv.-Nr. 4315) identifiziert. Damals erwog Mary Braman Buchan, dass sich Aertsen bei mehreren Figuren sowie im Bereich des Hintergrunds eines unbekannten Gehilfen bedient hatte, den sie Meister von Paulus und Barnabas taufte (siehe M. Braman Buchan, The Paintings of Pieter Aertsen, in: Marsyas, 1976, Nr. 18, S. 45).

Technische Untersuchung durch Gianluca Poldi:

Der eigenartige bläulich-grüne Farbton von Vegetation und Hintergrundarchitektur beruht auf Azurit, der abwechselnd mit bleibasiertem Gelb und Bleiweiß vermischt wurde, während unvermischter Azurit für den Mantel des Mannes mit schwarzem Hut im Hintergrund Verwendung fand. Die anderen Blaubereiche, etwa im Bereich des Himmels, des am Horizont liegenden Gebirges sowie der blauen Gewänder und Krägen der zentralen Figuren wurden mit offenbar unverfärbt gebliebener Smalte umgesetzt. Dasselbe blaue Pigment, nämlich vermahlenes und mit Kobalt versetztes blaues Glas, wurde zur Erzielung von Violetttönen Azurit vorgezogen: Bei dem purpurnen Kleid des links sitzenden Mannes im roten Mantel wurde der Farbton durch eine Mischung von Smalte und Rotlack erzielt, die über einen roten Grundton aufgetragen wurde. Beim bläulichen Purpur des Gewandes des der Szene von rechts hinzutretenden älteren Mannes ist der Anteil von Smalte noch höher, wobei abermals auf rot-bzw. rosafarbenen Grund gemalt wurde: eine gute Lösung, um einen nuancierten Violettton zu erhalten. Dasselbe Blau findet sich vermischt mit Rot in den blassen purpurfarbenen Gewändern. Smalte kam auch bei den Buchstaben des hebräischen Alphabets zum Einsatz, welche die Ordenstracht des Priesters in der Bildmitte säumen. Deren grüne Färbung scheint auf Grünspan zu basieren, zwecks Unterscheidung von den anderen Grüntönen und um eine Farbigkeit zu erzielen, die der Tönung eines textilen Gewebes eher entspricht. Hingegen findet sich Azurit in den blassblauen Streifen entlang der Kanten der Gewänder. Bleizinngelb wurde für die helleren Gelbtöne herangezogen, Ocker für die orangen oder gelblichbraunen Schatten. Der einzige feststellbare Rotlack basiert auf Karmin. Er findet breite Verwendung, ebenso Zinnober, welcher für die Hauttöne verwendet und ebenso wie die braunen Erden mit Bleiweiß vermischt wurde.

Die Infrarotreflektografie bringt eine faszinierende Zeichnung zutage, welche die Qualitäten dieses Malers zweifellos zutage bringt. Sie wurde rasch und freihändig mit schwarzer Kreide ausgeführt und verrät die durchweg fließende Handhabung des Mediums und große Meisterschaft dieses Künstlers. Nicht selten legen sparsame Schraffuren die im Schatten liegenden Bereiche fest. Über der skizzenhaften, ziemlich detaillierten aber nicht unbedingt weit ausgeführten Zeichnung musste der Meister beim anschließenden Malen vor allem im Bereich der Positionierung der Augen und Köpfe ein paar Anpassungen vornehmen.

Experte: Damian Brenninkmeyer Damian Brenninkmeyer
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister I
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 10.11.2021 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 29.10. - 10.11.2021


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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