Lot Nr. 256


Giovanni Andrea Sirani


Giovanni Andrea Sirani - Alte Meister II

(Bologna 1610–1670)
Fortuna mit der Krone,
Öl auf Leinwand, 139 x 99 cm, gerahmt

Wir danken Massimo Pulini, der die Zuschreibung auf Grundlage einer Fotografie bestätigt hat

Die Komposition der vorliegenden Allegorie geht auf Guido Reni (1575–1642) zurück.

Fortuna, die römische Göttin des Glücks, ist hier mit mehreren Attributen dargestellt, die bezeichnend sind für ihre auf das Spätmittelalter und die Renaissance zurückgehende Ikonografie. Sie ist über dem dunklen Erdballen in der Luft schwebend mit im Wind wehendem Haar dargestellt, an dem der geflügelte Amor zieht.

Baldinuccis Notizie de’ professori del disegno (1702) zufolge schuf die Urfassung dieser Komposition mit der einen Geldbeutel haltenden Fortuna Guido Reni für den Bologneser Abt Giovanni Carlo Gavotti (siehe F. Baldinucci, Notizie de’ Professori del disegno da Cimabue in qua’, V, Florenz 1702, S. 327f.) In der vorliegenden Fassung erscheint statt des Geldbeutels eine Krone – eine Veränderung, die sich Reni für ein zweites Gemälde dieses Bildthemas ausgedacht hatte, dokumentiert 1638 von Luca Assarino (siehe L. Assarino, Sensi di umiltà e di stupor intorno la grandezza dell’Eminentissimo Cardinale Sacchetti, e le pitture di Guido Reni, Genua 1646, S. 27) und später erworben durch Monsignor Jacopo Altoviti (siehe F. Baldinucci 1702, S. 327). Renis Komposition stieß auf Anklang, und ihre Ikonografie fand durch in der Werkstatt produzierte Versionen wie die des vorliegenden Werks Verbreitung. Wichtigstes Mitglied dieser Werkstatt war Giovanni Andrea Sirani. Vergleicht man das vorliegende Werk mit der Komposition Renis, wird offensichtlich, dass Giovanni Andrea Sirani den Bereich des Himmels über dem Haupt der Fortuna erweitert hat.

Der 1610 in Bologna geborene Künstler wurde zunächst von Giacomo Cavedone (1577–1660) ausgebildet, der selbst ein Schüler der Carracci gewesen war, doch ging Sirani bald dazu über, in der Werkstatt Guido Renis zu verkehren. Er blieb als sein wichtigster Mitarbeiter bis zum Lebensende des Meisters an dessen Seite. Die Bedeutung des Jahrzehnts, das Sirani bei Reni verbrachte, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden, spielte es doch eine Hauptrolle bei der Entwicklung des Künstlers; ein Großteil seines Schaffens verrät eine große stilistische Nähe zum Werk Guido Renis. Der Biograf Malvasia erwähnt in seinem Werk Felsina Pittrice, dass Reni Siranis Werke häufig retuschierte, was zuweilen bei den Zuschreibungen Verwirrung stiftete (siehe B. Bohn, The Construction of Artistic Reputation in Seicento Bologna: Guido Reni and the Sirani, in: Renaissance Studies, Bd. 25, Nr. 4, 2010, S. 511–537, 512).

Eine frühe Fassung von Fortuna mit der Krone, die ebenfalls als Werk Siranis gilt, befindet sich in der Accademia di San Luca in Rom und ist seit 1647 dokumentiert. Die Geschichte ihrer Zuschreibung mag Malvasias Kommentare hinsichtlich der Ähnlichkeit des Malstils Renis und Siranis erklären: Das Werk war ursprünglich Sirani zugeschrieben und galt im 18. Jahrhundert als Werk Renis, bevor es kürzlich Sirani zurückgegeben wurde (siehe S. Pepper, D. Mahon, Guido Reni’s „Fortuna with a Purse“ Rediscovered, in: The Burlington Magazine, Bd. 141, Nr. 1152, 1999, S. 156–163, siehe Anhang).

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

11.11.2021 - 15:56

Erzielter Preis: **
EUR 30.720,-
Schätzwert:
EUR 20.000,- bis EUR 30.000,-
Startpreis:
EUR 18.000,-

Giovanni Andrea Sirani


(Bologna 1610–1670)
Fortuna mit der Krone,
Öl auf Leinwand, 139 x 99 cm, gerahmt

Wir danken Massimo Pulini, der die Zuschreibung auf Grundlage einer Fotografie bestätigt hat

Die Komposition der vorliegenden Allegorie geht auf Guido Reni (1575–1642) zurück.

Fortuna, die römische Göttin des Glücks, ist hier mit mehreren Attributen dargestellt, die bezeichnend sind für ihre auf das Spätmittelalter und die Renaissance zurückgehende Ikonografie. Sie ist über dem dunklen Erdballen in der Luft schwebend mit im Wind wehendem Haar dargestellt, an dem der geflügelte Amor zieht.

Baldinuccis Notizie de’ professori del disegno (1702) zufolge schuf die Urfassung dieser Komposition mit der einen Geldbeutel haltenden Fortuna Guido Reni für den Bologneser Abt Giovanni Carlo Gavotti (siehe F. Baldinucci, Notizie de’ Professori del disegno da Cimabue in qua’, V, Florenz 1702, S. 327f.) In der vorliegenden Fassung erscheint statt des Geldbeutels eine Krone – eine Veränderung, die sich Reni für ein zweites Gemälde dieses Bildthemas ausgedacht hatte, dokumentiert 1638 von Luca Assarino (siehe L. Assarino, Sensi di umiltà e di stupor intorno la grandezza dell’Eminentissimo Cardinale Sacchetti, e le pitture di Guido Reni, Genua 1646, S. 27) und später erworben durch Monsignor Jacopo Altoviti (siehe F. Baldinucci 1702, S. 327). Renis Komposition stieß auf Anklang, und ihre Ikonografie fand durch in der Werkstatt produzierte Versionen wie die des vorliegenden Werks Verbreitung. Wichtigstes Mitglied dieser Werkstatt war Giovanni Andrea Sirani. Vergleicht man das vorliegende Werk mit der Komposition Renis, wird offensichtlich, dass Giovanni Andrea Sirani den Bereich des Himmels über dem Haupt der Fortuna erweitert hat.

Der 1610 in Bologna geborene Künstler wurde zunächst von Giacomo Cavedone (1577–1660) ausgebildet, der selbst ein Schüler der Carracci gewesen war, doch ging Sirani bald dazu über, in der Werkstatt Guido Renis zu verkehren. Er blieb als sein wichtigster Mitarbeiter bis zum Lebensende des Meisters an dessen Seite. Die Bedeutung des Jahrzehnts, das Sirani bei Reni verbrachte, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden, spielte es doch eine Hauptrolle bei der Entwicklung des Künstlers; ein Großteil seines Schaffens verrät eine große stilistische Nähe zum Werk Guido Renis. Der Biograf Malvasia erwähnt in seinem Werk Felsina Pittrice, dass Reni Siranis Werke häufig retuschierte, was zuweilen bei den Zuschreibungen Verwirrung stiftete (siehe B. Bohn, The Construction of Artistic Reputation in Seicento Bologna: Guido Reni and the Sirani, in: Renaissance Studies, Bd. 25, Nr. 4, 2010, S. 511–537, 512).

Eine frühe Fassung von Fortuna mit der Krone, die ebenfalls als Werk Siranis gilt, befindet sich in der Accademia di San Luca in Rom und ist seit 1647 dokumentiert. Die Geschichte ihrer Zuschreibung mag Malvasias Kommentare hinsichtlich der Ähnlichkeit des Malstils Renis und Siranis erklären: Das Werk war ursprünglich Sirani zugeschrieben und galt im 18. Jahrhundert als Werk Renis, bevor es kürzlich Sirani zurückgegeben wurde (siehe S. Pepper, D. Mahon, Guido Reni’s „Fortuna with a Purse“ Rediscovered, in: The Burlington Magazine, Bd. 141, Nr. 1152, 1999, S. 156–163, siehe Anhang).

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
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Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
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+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister II
Auktionstyp: Online Auction
Datum: 11.11.2021 - 15:56
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 29.10. - 11.11.2021


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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