(Baden bei Wien 1929 geb.)
Schwarze Übermalung, signiert, datiert A. Rainer 53-4 sowie auf der Rückseite signiert, datiert A Rainer 1953/54, Öl auf Leinwand, 92 x 75 cm, ein Schnitt oben rechts, auf der Rückseite in der Handschrift des Künstlers: Richtungspfeil (zum Schnitt hin) nicht restaurieren A. Rainer, gerahmt

Ausgestellt und im Katalog ganzseitig farbig abgebildet:
Arnulf Rainer. abgrundtiefe, perspektiefe, Retrospektive 1947-1997, Kunsthalle Krems, Verlag Christian Brandstätter, 1997, S. 96
Arnulf Rainer gegen.Bilder, Retrospektive zum 70. Geburtstag, Kunstforum Wien, Edition Minerva, 2000, S. 91, verzeichnet auf S. 239, Nr. 27

Ausgestellt und im Katalog verzeichnet:
Lassnig-Rainer. Das Frühwerk, Lentos Kunstmuseum Linz, Verlag der Buchhandlung Walther König, 2019, S. 197
Lassnig-Rainer. Das Frühwerk, Museum Moderner Kunst Kärnten (MMKK), Klagenfurt, Verlag der Buchhandlung Walther König, 2019, S. 197

Provenienz:
Privatsammlung, Deutschland

Malerei, um die Malerei zu verlassen
Die Malerei ist eine visuelle „Form“ des gesitigen Bewußtseins. Das Erlebnis eines Punktes gegenüber einer Umgebung war der Moment ihrer Geburt. Die unendliche Anzahl von Punkten (die homogende Fläche) verwischt sie. Auf einem Weg der permanenten Reduktion strebt sie jene Grenzsituationen an. (Die „Destillation“ und die Auflösung“.) Zu zerstören die Götzen der Jahrtausendwende, ein Weg der unermüdlichen Befreiung von einer Tradition des Verfalls, jene Tradition, die die zweitälteste ist.
Am Beispiel der Malerei diese Art Welt verlassen, ihre Kultur, ihre Malerei zu enthüllen durch sie selsbt, ohne sich mit ihr zu vermischen, zu enthüllen als Ersatz für die mangelnde und verloren gegangene Metaphysische Bindung (in deren Sein es weder Handeln noch Missionen noch Beweise noch Künste gibt), sie zu enthüllen als bloße Verbindung zwischen dem Ästhetischen und Metaphysischen . Künstler sein und die Kunst verachten. Denn die Bilder, die Gedichte, die Gedanken, die Reden, es ist der Schaum, die Hefe, der Abfall, die Asche, der unsinnige Versuch, den Anschluß in die Ekstase (des Erlebnisses) statt in der dauernden Vereinigung zu vollenden (eine unfruchtbare Methode der Forderung und der Aneignung). Sie sind der unmögliche Versuch zu beweisen, die sündige Art, durch Reden statt Schweigen verführen zu wollen. Es sind die Konzessionen an unseren schmutzigen Boden, derer wir uns schämen. Möge jeder wissen, es sind Spuren, nicht wir selbst. Das zur Entschuldigung …
Aus: Arnulf Rainer Schriften, Selbstzeugnisse und ausgewählte Interviews, Hatje Cantz, 2010

„Übermalungen“ aber bedeuten, daß das Vielfältige in Einem verdichtet wurde, daß die Vorgänge und Ereignisse durch die Gebändigtkeit und Beruhigtheit das Einen hindurch noch als das Leben spürbar sind: nicht more geometrico wird die rationelle Formel des Geistes angeboten, werden die Strukturen des Seins definiert; über das Begreifliche hängt sich, Schichte um Schichte, der Vorgang des Unbegreiflichen. Hinter den vordergründlichen Figuren sakraler Bilder leuchten in alten Zeiten die goldenen Untergründe, die das Ewige symbolisieren; hier decken die einfarbigen Vorhänge des Bleibenden das Besondere, Zufällige zu; das Drama der Welt hüllt sich langsam und unaufhaltsam in das Schweigen eines Geheimnisses, das seine Übermacht im Verborgenen besitzt. … Rainer schafft Vorhänge, die sich allmählich aus Hunderten von Strich- und Pinsellagen bilden. …
Otto Mauer 1960/61
(aus dem Katalog der Kunsthalle Krems)

Meine Übermalungen ergaben sich aus der Anhäufung von 20 000 Durchstreichungsgesten. Diese Zumalungen waren für mich eine persönliche Definition über den Endpunkt der Tafelmalerei.
Arnulf Rainer (ohne Jahr)
Aus: Arnulf Rainer „Aller Anfang ist schwer“, Du Mont, 2009