Lot Nr. 56 -


Cesare Dandini


Cesare Dandini - Alte Meister I

(Florenz 1596–1657)
Die heilige Maria Magdalena,
Öl auf Leinwand, 116 x 99 cm, gerahmt

Wir danken Sandro Bellesi und Daniele Benati, die die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes unabhängig voneinander bestätigt haben. Bellesi datiert das Werk in Dandinis Spätzeit.

Dandini war ein Vertreter der florentinischen Vorliebe für elegant gestaltete Kompositionen in kräftigen Farben. Seine geschliffene Maltechnik wurde von seinem jüngeren Bruder Vincenzo Dandini weitergeführt. Neffe Pietro Dandini war Vincenzos Schüler, und Pietros Söhne – Ottaviano und der Jesuit Vincenzo – arbeiteten beide als Maler in Florenz. Cesare Dandini wurde zuerst bei Francesco Curradi und danach kurze Zeit von Cristofano Allori ausgebildet, später lernte er bei Domenico Passignano. Das Wenige, das man über sein Leben weiß, bezieht man aus der Biografie von Filippo Baldinucci (1624–1697). Dort ist zu lesen, dass Dandini aufgrund seines Äußeren Curradi für seine zahlreiche Madonnen Modell saß und dass er sich an den schlechten Manieren in der Werkstatt Alloris stieß – eine Reaktion, die dem Sinn für Verfeinerung seiner Kunst entspricht. Curradi hatte den jungen Mann bei Hofe eingeführt. Dandini schien sich jedoch auch einer eher ruhelosen Lebensweise zugewendet zu haben. Baldinucci schreibt: „[…] incominciò a dar bando agli studi, e poco meno al dipingere, ed in quella vece a’ spendere il suo tempo ne’ passatempi e nella caccia“ (siehe F. Baldinucci, Notizie de’ professori del disegno da Cimabue in qua, Florenz 1681–1728, 6 Bde.). 1621 schrieb er sich an der Accademia del Disegno ein. Sein frühestes bekanntes Gemälde ist eine mit 1625 datierte Pietà, die sich in der Sakristei der Kirche Santissima Annunziata in Florenz befindet. Spätestens 1631, als er Zerbino und Isabella (Florenz, Uffizien) für den Musiker Giovanni Battista Severi und die Madonna mit Heiligen für die Santissima Annunziata schuf, hatte er bereits viele Auftraggeber von sich überzeugt, darunter insbesondere Lorenzo de’ Medici, der sein bedeutendster Förderer bleiben sollte.

Dandini entwickelte einen theatralischen Idealstil, der zugleich naturalistisch, klassizistisch, und harmonisch in Form und Farbe sowie zurückhaltend in der Bewegung und im Ausdruck war. In seinen späteren Werken – neben dem vorliegenden Gemälde etwa die Bekehrung des Saulus (1646/47, Vallombrosa, Klosterkirche) oder der Tod der Kleopatra (Privatsammlung) – fand er verstärkt zu rhetorischen Gesten und einer lebhaften Bewegtheit, die an Pietro da Cortona und seinen Florentiner Zeitgenossen Baldassare Franceschini erinnern.

Diese kürzlich entdeckte Maria Magdalena ist ein außergewöhnlich schönes Beispiel für Dandinis eleganten Spätstil, der ihm den Ruf eintrug, einer der führenden Barockmaler im Florenz des 17. Jahrhunderts zu sein. Das Bild, das sich durch eine dramatische Lichtführung und eine kräftige, leuchtende Farbigkeit auszeichnet, ist zurecht als ein Hauptwerk des Künstlers einzuschätzen. Das gekonnt wiedergegebene Gesicht mit den weichen, vollen Lippen, Maria Magdalenas entrückter, rätselhafter Ausdruck, die kühle Tonalität ihres Inkarnats und die starken Farben, insbesondere das auffällige Blau, das für den Umhang zum Einsatz kam, sprechen allesamt für Dandinis Reifestil, der zu einem guten Teil seiner Ausbildung und seinen prägenden Jahren geschuldet war. Das Bild ist gut mit anderen Werken seiner späten Reifezeit vergleichbar, etwa mit dem Gemäldepaar der heiligen Dorothea von Kappadokien und der heiligen Katharina von Alexandrien, das 2015 bei Christie’s versteigert wurde (Christie’s, London, 18. November 2015, Lot 120). Eine in Sandro Bellesis Monografie des Künstlers abgebildete Zeichnung (siehe S. Bellesi, Cesare Dandini, Turin 1996, S. 48, Nr. 48s) zeigt eine nach oben blickende junge Frau in einer sehr ähnlichen Pose und in vergleichbarer Handhaltung. Die Pose erinnert außerdem an die Heilige Katharina von Alexandrien in einer Privatsammlung (siehe S. Bellesi 1996, S. 162, Kat.-Nr. 105).

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

11.05.2022 - 16:00

Schätzwert:
EUR 80.000,- bis EUR 120.000,-

Cesare Dandini


(Florenz 1596–1657)
Die heilige Maria Magdalena,
Öl auf Leinwand, 116 x 99 cm, gerahmt

Wir danken Sandro Bellesi und Daniele Benati, die die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes unabhängig voneinander bestätigt haben. Bellesi datiert das Werk in Dandinis Spätzeit.

Dandini war ein Vertreter der florentinischen Vorliebe für elegant gestaltete Kompositionen in kräftigen Farben. Seine geschliffene Maltechnik wurde von seinem jüngeren Bruder Vincenzo Dandini weitergeführt. Neffe Pietro Dandini war Vincenzos Schüler, und Pietros Söhne – Ottaviano und der Jesuit Vincenzo – arbeiteten beide als Maler in Florenz. Cesare Dandini wurde zuerst bei Francesco Curradi und danach kurze Zeit von Cristofano Allori ausgebildet, später lernte er bei Domenico Passignano. Das Wenige, das man über sein Leben weiß, bezieht man aus der Biografie von Filippo Baldinucci (1624–1697). Dort ist zu lesen, dass Dandini aufgrund seines Äußeren Curradi für seine zahlreiche Madonnen Modell saß und dass er sich an den schlechten Manieren in der Werkstatt Alloris stieß – eine Reaktion, die dem Sinn für Verfeinerung seiner Kunst entspricht. Curradi hatte den jungen Mann bei Hofe eingeführt. Dandini schien sich jedoch auch einer eher ruhelosen Lebensweise zugewendet zu haben. Baldinucci schreibt: „[…] incominciò a dar bando agli studi, e poco meno al dipingere, ed in quella vece a’ spendere il suo tempo ne’ passatempi e nella caccia“ (siehe F. Baldinucci, Notizie de’ professori del disegno da Cimabue in qua, Florenz 1681–1728, 6 Bde.). 1621 schrieb er sich an der Accademia del Disegno ein. Sein frühestes bekanntes Gemälde ist eine mit 1625 datierte Pietà, die sich in der Sakristei der Kirche Santissima Annunziata in Florenz befindet. Spätestens 1631, als er Zerbino und Isabella (Florenz, Uffizien) für den Musiker Giovanni Battista Severi und die Madonna mit Heiligen für die Santissima Annunziata schuf, hatte er bereits viele Auftraggeber von sich überzeugt, darunter insbesondere Lorenzo de’ Medici, der sein bedeutendster Förderer bleiben sollte.

Dandini entwickelte einen theatralischen Idealstil, der zugleich naturalistisch, klassizistisch, und harmonisch in Form und Farbe sowie zurückhaltend in der Bewegung und im Ausdruck war. In seinen späteren Werken – neben dem vorliegenden Gemälde etwa die Bekehrung des Saulus (1646/47, Vallombrosa, Klosterkirche) oder der Tod der Kleopatra (Privatsammlung) – fand er verstärkt zu rhetorischen Gesten und einer lebhaften Bewegtheit, die an Pietro da Cortona und seinen Florentiner Zeitgenossen Baldassare Franceschini erinnern.

Diese kürzlich entdeckte Maria Magdalena ist ein außergewöhnlich schönes Beispiel für Dandinis eleganten Spätstil, der ihm den Ruf eintrug, einer der führenden Barockmaler im Florenz des 17. Jahrhunderts zu sein. Das Bild, das sich durch eine dramatische Lichtführung und eine kräftige, leuchtende Farbigkeit auszeichnet, ist zurecht als ein Hauptwerk des Künstlers einzuschätzen. Das gekonnt wiedergegebene Gesicht mit den weichen, vollen Lippen, Maria Magdalenas entrückter, rätselhafter Ausdruck, die kühle Tonalität ihres Inkarnats und die starken Farben, insbesondere das auffällige Blau, das für den Umhang zum Einsatz kam, sprechen allesamt für Dandinis Reifestil, der zu einem guten Teil seiner Ausbildung und seinen prägenden Jahren geschuldet war. Das Bild ist gut mit anderen Werken seiner späten Reifezeit vergleichbar, etwa mit dem Gemäldepaar der heiligen Dorothea von Kappadokien und der heiligen Katharina von Alexandrien, das 2015 bei Christie’s versteigert wurde (Christie’s, London, 18. November 2015, Lot 120). Eine in Sandro Bellesis Monografie des Künstlers abgebildete Zeichnung (siehe S. Bellesi, Cesare Dandini, Turin 1996, S. 48, Nr. 48s) zeigt eine nach oben blickende junge Frau in einer sehr ähnlichen Pose und in vergleichbarer Handhaltung. Die Pose erinnert außerdem an die Heilige Katharina von Alexandrien in einer Privatsammlung (siehe S. Bellesi 1996, S. 162, Kat.-Nr. 105).

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
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Auktion: Alte Meister I
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 11.05.2022 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 30.04. - 11.05.2022