Lot Nr. 78


Hendrick van Somer


Hendrick van Somer - Alte Meister I

(Lokeren 1607/08 – um 1656 Neapel?)
Christus und die Ehebrecherin,
Öl auf Leinwand, 125,5 x 174,5 cm, gerahmt

Provenienz:
europäische Privatsammlung

Wir danken Nicola Spinosa, der die Zuschreibung an Hendrick van Somer nach Prüfung des vorliegenden Gemäldes im Original vorgeschlagen hat.

Das vorliegende Gemälde zeichnet sich durch eine feine Pinselführung und ein elegantes Helldunkel aus. Die dargestellten Figuren werden von einer Lichtquelle links außerhalb des Gemäldes beleuchtet; die zentralen Protagonisten Christus und die Ehebrecherin sind wie auf einer Bühne angeordnet.

Das Drama des biblischen Stoffes wird sowohl durch die nahansichtige Komposition vor einem monochromen Hintergrund als auch durch die Wahl der Farbpalette, unter Verwendung kräftiger Rot-, Blau- und Weißtöne, die ein Gegengewicht zu den zurückhaltenden dunklen Farbtönen der übrigen Figuren bilden, gesteigert. Das Spiel von Licht und Schatten auf den üppigen Draperien, insbesondere auf den klassisch aufgefassten Falten der Christusfigur, verleiht den Hauptfiguren Volumen und Tiefe. Somer wählte den besonderen Augenblick, als Christus seinen Finger gegen den Boden richtet, um in den Sand zu schreiben. Bis auf zwei Figuren folgen die anderen neugierig der Bewegung der nach unten zeigenden rechten Hand Christi.

Der neapolitanische Biograf und Maler Bernardo de’ Dominici nennt van Somer in seinen Viten einen Schüler Jusepe de Riberas (siehe B. de’ Dominici, Vite dei pittori scultori e architetti napoletani [1742], Bd. III, Bologna 1971, S. 32). Tatsächlich übernahm der Künstler von Ribera die Monumentalität in der Komposition und starke Expressivität, ebenso eine große Detailfreude, etwa bei der Darstellung von Bart, Haar und Händen und bei der Setzung der Lichter. Zudem beobachten wir Riberas Erbe im Umgang mit dem Pigment; das breite Impasto in der Bluse der Ehebrecherin kontrastiert mit der fließenden Malweise in den übrigen Gewändern.

Bis vor Kurzem wurde Hendrick van Somer mit dem gleichnamigen holländischen Maler aus Amsterdam verwechselt (siehe G. J. Hoogewerff, Hendrick van Somer, schilder van Amsterdam, navolger van Ribera, in: Oud Holland, Bd. LX, 1943, S. 158–172). Nur wenig ist über das Leben des Künstlers bekannt. Er verließ die Niederlande mit seiner Familie um 1622 und siedelte sich in Neapel an, wo seine Tätigkeit bis 1655 belegt ist. Urkundliche Erwähnungen bezeugen Kontakte mit den Malerkollegen Viviano Codazzi, Micco Spadaro und Matthias Stom.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

11.05.2022 - 16:00

Schätzwert:
EUR 60.000,- bis EUR 80.000,-

Hendrick van Somer


(Lokeren 1607/08 – um 1656 Neapel?)
Christus und die Ehebrecherin,
Öl auf Leinwand, 125,5 x 174,5 cm, gerahmt

Provenienz:
europäische Privatsammlung

Wir danken Nicola Spinosa, der die Zuschreibung an Hendrick van Somer nach Prüfung des vorliegenden Gemäldes im Original vorgeschlagen hat.

Das vorliegende Gemälde zeichnet sich durch eine feine Pinselführung und ein elegantes Helldunkel aus. Die dargestellten Figuren werden von einer Lichtquelle links außerhalb des Gemäldes beleuchtet; die zentralen Protagonisten Christus und die Ehebrecherin sind wie auf einer Bühne angeordnet.

Das Drama des biblischen Stoffes wird sowohl durch die nahansichtige Komposition vor einem monochromen Hintergrund als auch durch die Wahl der Farbpalette, unter Verwendung kräftiger Rot-, Blau- und Weißtöne, die ein Gegengewicht zu den zurückhaltenden dunklen Farbtönen der übrigen Figuren bilden, gesteigert. Das Spiel von Licht und Schatten auf den üppigen Draperien, insbesondere auf den klassisch aufgefassten Falten der Christusfigur, verleiht den Hauptfiguren Volumen und Tiefe. Somer wählte den besonderen Augenblick, als Christus seinen Finger gegen den Boden richtet, um in den Sand zu schreiben. Bis auf zwei Figuren folgen die anderen neugierig der Bewegung der nach unten zeigenden rechten Hand Christi.

Der neapolitanische Biograf und Maler Bernardo de’ Dominici nennt van Somer in seinen Viten einen Schüler Jusepe de Riberas (siehe B. de’ Dominici, Vite dei pittori scultori e architetti napoletani [1742], Bd. III, Bologna 1971, S. 32). Tatsächlich übernahm der Künstler von Ribera die Monumentalität in der Komposition und starke Expressivität, ebenso eine große Detailfreude, etwa bei der Darstellung von Bart, Haar und Händen und bei der Setzung der Lichter. Zudem beobachten wir Riberas Erbe im Umgang mit dem Pigment; das breite Impasto in der Bluse der Ehebrecherin kontrastiert mit der fließenden Malweise in den übrigen Gewändern.

Bis vor Kurzem wurde Hendrick van Somer mit dem gleichnamigen holländischen Maler aus Amsterdam verwechselt (siehe G. J. Hoogewerff, Hendrick van Somer, schilder van Amsterdam, navolger van Ribera, in: Oud Holland, Bd. LX, 1943, S. 158–172). Nur wenig ist über das Leben des Künstlers bekannt. Er verließ die Niederlande mit seiner Familie um 1622 und siedelte sich in Neapel an, wo seine Tätigkeit bis 1655 belegt ist. Urkundliche Erwähnungen bezeugen Kontakte mit den Malerkollegen Viviano Codazzi, Micco Spadaro und Matthias Stom.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister I
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 11.05.2022 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 30.04. - 11.05.2022