Lot Nr. 85


Cornelis de Heem


Cornelis de Heem - Alte Meister I

(Leiden 1631–1695 Antwerpen)
Blumen und Früchte auf einer steinernen Plinthe,
signiert rechts der Mitte: C. DE. HEEM f.,
Öl auf Leinwand, 76 x 65,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Privatsammlung, Schweiz;
Auktion, Koller, Zürich, 21. September 2005, Lot 3028;
Privatsammlung, Belgien

Das vorliegende Gemälde ist in der Datenbank des RKD unter Nr. 116264 verzeichnet.

Bei dem vorliegenden üppigen Arrangement von Rosen, Lilien und Nelken auf einem Steinsims mit Feigen, Melonen und Pfirsichen handelt es sich um ein typisch verfeinertes Prunkstillleben bzw. „Pronkstilleven“, wie diese pompösen Schaustücke genannt wurden, von der Hand Cornelis de Heems. Prunkstillleben waren ein speziell in Antwerpen entwickeltes Untergenre, das den Sinn für kosmopolitischen Luxus zur Schau stellte. Cornelis, der in der Werkstatt seines Vaters Jan Davidsz. de Heem in Antwerpen ausgebildet worden war, wurde 1660 Meister der Lukasgilde. Die Beliebtheit von Cornelis’ Arbeiten in einem verfeinerten flämischen Barockstil unter holländischen Sammlern führte später zu seiner Tätigkeit in den ab 1667 blühenden Kunsthandlungen der Holländischen Republik in Utrecht, Den Haag und Ijsselstein. Das vorliegende Gemälde ist von intimerem Format und weist eine kräftigere Farbigkeit als die Werke von Jan Davidsz. auf, was – worauf auch Fred Meijer hingewiesen hat – darauf schließen lässt, dass das Bild in den 1670er Jahren entstanden ist, als der Künstler zu seinem eigenen Stil gefunden hatte, mit dem er sich selbstbewusst von dem seines berühmten Vaters abhob. Ein verwandtes Werk, Stillleben mit Blumen und Früchten auf einer steinernen Plinthe in einem Garten, befindet sich in Dyrham House, Gloucestershire, und entstand wahrscheinlich Mitte der 1680er Jahre, als der Künstler in Den Haag lebte.

Das Vorhandensein von aus dem Süden importierten teuren Früchten legt Zeugnis der im Überfluss vorhandenen Pracht der Natur ab, die hier üppig in Cornelis’ leuchtenden Farben wiedergegeben wurde. Derartigen Werken wohnte stets die Botschaft der Vanitas inne, dass all diese Extravaganz und Schönheit vergänglich sind (die de Heems waren Katholiken, doch auch Lutheraner und Calvinisten bedienten sich dieses moralischen Ausdrucksmittels). Im Hintergrund mag die gewölbte und zum Teil eingestürzten Decke, durch die Mondlicht fällt, um die Komposition zu erleuchten, ebenfalls auf vergänglichen Glanz anspielen, zumal es scheint, als wäre das Werk in einer antiken Ruine angesiedelt, was es mit der Prunksucht eines untergegangenen Reiches assoziieren lässt. Ein Kenner dieser Zeit hat wohl gewusst, dass ein Großteil des antiken Reichtums Roms noch unausgegraben unter dem Schlamm des Tibers lag, der sich über die Jahrhunderte angesammelt hatte. Künstlerisch einflussreiche Bauten wie die Domus Aurea waren buchstäblich nur durch eine Art Loch im Erdboden zugänglich. Eigentlich handelte es sich um Einbrüche in den Deckengewölben antiker Paläste. Allerlei Pilze, die dort wuchsen, trugen zum Eindruck drohenden Verfalls bei.

Die Künstlerfamilie de Heem und ihr schillerndes Schaffen geben Zeugnis von der miteinander verwobenen und zum Teil traumatischen Geschichte des habsburgisch regierten Flanderns und der Republik Holland. Jan Davidsz. wurde in Utrecht geboren und in der in der Stadt befindlichen Werkstatt von Balthasar van der Ast ausgebildet, wo er aufgrund seiner flämischen Wurzeln als Johannes van Antwerpen bekannt war. Bald nach der Geburt Cornelis’ 1631 kehrte er offensichtlich dorthin zurück und schloss sich 1636 der Antwerpener Lukasgilde an. Zwar erleichterte der Friede von Münster 1648 das Reisen zwischen den Nördlichen und Südlichen Niederlanden. Doch aufgrund des ewigen Gespensts des bewaffneten Konflikts, das seine Kindheit und Jugend bestimmt hatte, wurde Cornelis in der Antwerpener Werkstatt der Familie de Heem ausgebildet, an der Seite weiterer begabter Schüler wie Abraham Mignon, Elian van den Broek und Jacob Marrel. Obwohl den Werken seines Vaters und seiner Zeitgenossen in ihrer Verfeinerung und ikonografischen Subtilität verwandt, unterscheiden sich Cornelis’ Werke durch ihre minutiöse, in Schichten aufgetragene Lasurtechnik, welche die Blumen und Blätter in seinen Werken ungemein weich erscheinen lässt und ihnen eine überirdische Transparenz verleiht, die auch im vorliegenden Gemälde zum Ausdruck kommt.

Experte: Damian Brenninkmeyer Damian Brenninkmeyer
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

11.05.2022 - 16:00

Schätzwert:
EUR 250.000,- bis EUR 350.000,-

Cornelis de Heem


(Leiden 1631–1695 Antwerpen)
Blumen und Früchte auf einer steinernen Plinthe,
signiert rechts der Mitte: C. DE. HEEM f.,
Öl auf Leinwand, 76 x 65,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Privatsammlung, Schweiz;
Auktion, Koller, Zürich, 21. September 2005, Lot 3028;
Privatsammlung, Belgien

Das vorliegende Gemälde ist in der Datenbank des RKD unter Nr. 116264 verzeichnet.

Bei dem vorliegenden üppigen Arrangement von Rosen, Lilien und Nelken auf einem Steinsims mit Feigen, Melonen und Pfirsichen handelt es sich um ein typisch verfeinertes Prunkstillleben bzw. „Pronkstilleven“, wie diese pompösen Schaustücke genannt wurden, von der Hand Cornelis de Heems. Prunkstillleben waren ein speziell in Antwerpen entwickeltes Untergenre, das den Sinn für kosmopolitischen Luxus zur Schau stellte. Cornelis, der in der Werkstatt seines Vaters Jan Davidsz. de Heem in Antwerpen ausgebildet worden war, wurde 1660 Meister der Lukasgilde. Die Beliebtheit von Cornelis’ Arbeiten in einem verfeinerten flämischen Barockstil unter holländischen Sammlern führte später zu seiner Tätigkeit in den ab 1667 blühenden Kunsthandlungen der Holländischen Republik in Utrecht, Den Haag und Ijsselstein. Das vorliegende Gemälde ist von intimerem Format und weist eine kräftigere Farbigkeit als die Werke von Jan Davidsz. auf, was – worauf auch Fred Meijer hingewiesen hat – darauf schließen lässt, dass das Bild in den 1670er Jahren entstanden ist, als der Künstler zu seinem eigenen Stil gefunden hatte, mit dem er sich selbstbewusst von dem seines berühmten Vaters abhob. Ein verwandtes Werk, Stillleben mit Blumen und Früchten auf einer steinernen Plinthe in einem Garten, befindet sich in Dyrham House, Gloucestershire, und entstand wahrscheinlich Mitte der 1680er Jahre, als der Künstler in Den Haag lebte.

Das Vorhandensein von aus dem Süden importierten teuren Früchten legt Zeugnis der im Überfluss vorhandenen Pracht der Natur ab, die hier üppig in Cornelis’ leuchtenden Farben wiedergegeben wurde. Derartigen Werken wohnte stets die Botschaft der Vanitas inne, dass all diese Extravaganz und Schönheit vergänglich sind (die de Heems waren Katholiken, doch auch Lutheraner und Calvinisten bedienten sich dieses moralischen Ausdrucksmittels). Im Hintergrund mag die gewölbte und zum Teil eingestürzten Decke, durch die Mondlicht fällt, um die Komposition zu erleuchten, ebenfalls auf vergänglichen Glanz anspielen, zumal es scheint, als wäre das Werk in einer antiken Ruine angesiedelt, was es mit der Prunksucht eines untergegangenen Reiches assoziieren lässt. Ein Kenner dieser Zeit hat wohl gewusst, dass ein Großteil des antiken Reichtums Roms noch unausgegraben unter dem Schlamm des Tibers lag, der sich über die Jahrhunderte angesammelt hatte. Künstlerisch einflussreiche Bauten wie die Domus Aurea waren buchstäblich nur durch eine Art Loch im Erdboden zugänglich. Eigentlich handelte es sich um Einbrüche in den Deckengewölben antiker Paläste. Allerlei Pilze, die dort wuchsen, trugen zum Eindruck drohenden Verfalls bei.

Die Künstlerfamilie de Heem und ihr schillerndes Schaffen geben Zeugnis von der miteinander verwobenen und zum Teil traumatischen Geschichte des habsburgisch regierten Flanderns und der Republik Holland. Jan Davidsz. wurde in Utrecht geboren und in der in der Stadt befindlichen Werkstatt von Balthasar van der Ast ausgebildet, wo er aufgrund seiner flämischen Wurzeln als Johannes van Antwerpen bekannt war. Bald nach der Geburt Cornelis’ 1631 kehrte er offensichtlich dorthin zurück und schloss sich 1636 der Antwerpener Lukasgilde an. Zwar erleichterte der Friede von Münster 1648 das Reisen zwischen den Nördlichen und Südlichen Niederlanden. Doch aufgrund des ewigen Gespensts des bewaffneten Konflikts, das seine Kindheit und Jugend bestimmt hatte, wurde Cornelis in der Antwerpener Werkstatt der Familie de Heem ausgebildet, an der Seite weiterer begabter Schüler wie Abraham Mignon, Elian van den Broek und Jacob Marrel. Obwohl den Werken seines Vaters und seiner Zeitgenossen in ihrer Verfeinerung und ikonografischen Subtilität verwandt, unterscheiden sich Cornelis’ Werke durch ihre minutiöse, in Schichten aufgetragene Lasurtechnik, welche die Blumen und Blätter in seinen Werken ungemein weich erscheinen lässt und ihnen eine überirdische Transparenz verleiht, die auch im vorliegenden Gemälde zum Ausdruck kommt.

Experte: Damian Brenninkmeyer Damian Brenninkmeyer
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
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Auktion: Alte Meister I
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 11.05.2022 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 30.04. - 11.05.2022