Lot Nr. 131


Jean-Victor-Louis Faure


Jean-Victor-Louis Faure - Alte Meister I

(Berlin 1786–1879 Paris)

Die Basilika San Paolo fuori le Mura in Rom nach dem Brand von 1823,

signiert untere Mitte: J. Faure,

Öl auf Leinwand, 74 x 62 cm, gerahmt

In der Nacht vom 15. zum 16. Juli 1823 wurde die frühchristliche Kirche von San Paolo fuori le Mura in Rom durch ein Feuer zerstört. Die Tragik des Ereignisses wird von Stendhal in seinen Promenades dans Rome unter dem Datum 4. Juli 1828 beschrieben. Indem er seine Gedanken und Gefühle angesichts der Ruinen zum Ausdruck zu bringen sucht, hält er fest: „Je visitai Saint-Paul le endemain de l’incendie. J’y trouvai une beauté sévère et une empreinte de malheur […]. Tout retraçait l’horreur et le désordre de ce malheureux événement; l’eglise était encombrée de poutres noires fumantes et à demi brûlées; de grands fragments de colonnes fendues de haut en bas menaçaient de tomber au moindre ébranlement. Les Romains qui remplissaient l’église étaient costernés“ („Ich besuchte Saint-Paul am Tag nach dem Brand. Ich fand dort eine strenge Schönheit und die Spuren des Unglücks vor […]. Alles sprach vom Schrecken und der Unordnung dieses schrecklichen Ereignisses; die Kirche war versperrt von den schwarzen, rauchenden und halb verbrannten Balken; große Bruchstücke von Säulen, von oben bis unten gespalten, drohten bei der geringsten Erschütterung umzustürzen. Die Römer, die in die Kirche strömten, waren bestürzt (siehe Stendhal, Promenades dans Rome, Paris 1829, erschienen bei Gallimard, Paris 1997, S. 346).

Die Trümmer und Ruinen des zerstörten Inneren der Basilika entsprachen der Atmosphäre der Romantik, die das frühe 19. Jahrhundert durchdrang und die durch die Präsenz gotischer Elemente in der Kirchenarchitektur gesteigert wurde, etwa durch das Ziborium Arnolfo de Cambios. Nur jene Teile der antiken Basilika, die gerettet und wieder zusammengesetzt wurden, sind auf diesem Gemälde zu sehen, wie beispielsweise das außergewöhnlich große Apsismosaik (24 x 12 m), das von venezianischen Meistern, die in San Marco in Venedig zwischen 1220 und 1227 gearbeitet hatten, ausgeführt worden war, sowie die Mosaike des Presbyteriums, die aus der Zeit Papst Leos I (440–461) datieren, und schließlich Arnolfos Marmorziborium von 1285, welches das Feuer fast unversehrt überstand.

Die Auswirkung dieses Ereignisses kann man auch an den Bildern ermessen, die man davon schuf. Zwischen 1823 und 1824 war das Motiv ein von vielen Künstlern gewählter Bildgegenstand, vor allem von Luigi Rossini, der 1823 eine Radierung der zerstörten Basilika anfertigte; Léopold Robert malte ein Gemälde, das sich heute im Musée d’Art et d’Histoire in Neuchâtel befindet; Alexander Brjullov schuf ein Aquarell, das heute im Staatlichen Russischen Museum im Sankt Petersburg aufbewahrt wird, und Wilhelm Noack realisierte eine Arbeit, die sich heute im Thorvaldsen Museum in Kopenhagen befindet.

Faure kam um 1820 in Rom an und war einer von den vielen Künstlern aus dem Norden, die die Reise nach Italien unternommen hatten, um die Schönheit des Lichts und der Landschaft für ihre Kunst zu nutzen, indem sie direkt in der Natur malten. Faure wurde als Sohn französischer Eltern in Berlin geboren. Wenige Informationen gibt es über den Aufenthaltsort während seiner Ausbildung. Als er sich jedoch in Paris niederließ, wurde er Schüler des berühmten Malers historischer Landschaften Jean-Victor Bertin, in dessen umfangreichen Werkbestand italienische Landschaften vorherrschen. Bertins Landschaftsdarstellungen und sein Umgang mit Licht übten starken Einfluss auf alle seine Schüler aus, zu denen auch Jean-Baptiste-Camille Corot und Charles-François Daubigny zählten.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

11.05.2022 - 16:00

Erzielter Preis: **
EUR 10.240,-
Schätzwert:
EUR 8.000,- bis EUR 12.000,-

Jean-Victor-Louis Faure


(Berlin 1786–1879 Paris)

Die Basilika San Paolo fuori le Mura in Rom nach dem Brand von 1823,

signiert untere Mitte: J. Faure,

Öl auf Leinwand, 74 x 62 cm, gerahmt

In der Nacht vom 15. zum 16. Juli 1823 wurde die frühchristliche Kirche von San Paolo fuori le Mura in Rom durch ein Feuer zerstört. Die Tragik des Ereignisses wird von Stendhal in seinen Promenades dans Rome unter dem Datum 4. Juli 1828 beschrieben. Indem er seine Gedanken und Gefühle angesichts der Ruinen zum Ausdruck zu bringen sucht, hält er fest: „Je visitai Saint-Paul le endemain de l’incendie. J’y trouvai une beauté sévère et une empreinte de malheur […]. Tout retraçait l’horreur et le désordre de ce malheureux événement; l’eglise était encombrée de poutres noires fumantes et à demi brûlées; de grands fragments de colonnes fendues de haut en bas menaçaient de tomber au moindre ébranlement. Les Romains qui remplissaient l’église étaient costernés“ („Ich besuchte Saint-Paul am Tag nach dem Brand. Ich fand dort eine strenge Schönheit und die Spuren des Unglücks vor […]. Alles sprach vom Schrecken und der Unordnung dieses schrecklichen Ereignisses; die Kirche war versperrt von den schwarzen, rauchenden und halb verbrannten Balken; große Bruchstücke von Säulen, von oben bis unten gespalten, drohten bei der geringsten Erschütterung umzustürzen. Die Römer, die in die Kirche strömten, waren bestürzt (siehe Stendhal, Promenades dans Rome, Paris 1829, erschienen bei Gallimard, Paris 1997, S. 346).

Die Trümmer und Ruinen des zerstörten Inneren der Basilika entsprachen der Atmosphäre der Romantik, die das frühe 19. Jahrhundert durchdrang und die durch die Präsenz gotischer Elemente in der Kirchenarchitektur gesteigert wurde, etwa durch das Ziborium Arnolfo de Cambios. Nur jene Teile der antiken Basilika, die gerettet und wieder zusammengesetzt wurden, sind auf diesem Gemälde zu sehen, wie beispielsweise das außergewöhnlich große Apsismosaik (24 x 12 m), das von venezianischen Meistern, die in San Marco in Venedig zwischen 1220 und 1227 gearbeitet hatten, ausgeführt worden war, sowie die Mosaike des Presbyteriums, die aus der Zeit Papst Leos I (440–461) datieren, und schließlich Arnolfos Marmorziborium von 1285, welches das Feuer fast unversehrt überstand.

Die Auswirkung dieses Ereignisses kann man auch an den Bildern ermessen, die man davon schuf. Zwischen 1823 und 1824 war das Motiv ein von vielen Künstlern gewählter Bildgegenstand, vor allem von Luigi Rossini, der 1823 eine Radierung der zerstörten Basilika anfertigte; Léopold Robert malte ein Gemälde, das sich heute im Musée d’Art et d’Histoire in Neuchâtel befindet; Alexander Brjullov schuf ein Aquarell, das heute im Staatlichen Russischen Museum im Sankt Petersburg aufbewahrt wird, und Wilhelm Noack realisierte eine Arbeit, die sich heute im Thorvaldsen Museum in Kopenhagen befindet.

Faure kam um 1820 in Rom an und war einer von den vielen Künstlern aus dem Norden, die die Reise nach Italien unternommen hatten, um die Schönheit des Lichts und der Landschaft für ihre Kunst zu nutzen, indem sie direkt in der Natur malten. Faure wurde als Sohn französischer Eltern in Berlin geboren. Wenige Informationen gibt es über den Aufenthaltsort während seiner Ausbildung. Als er sich jedoch in Paris niederließ, wurde er Schüler des berühmten Malers historischer Landschaften Jean-Victor Bertin, in dessen umfangreichen Werkbestand italienische Landschaften vorherrschen. Bertins Landschaftsdarstellungen und sein Umgang mit Licht übten starken Einfluss auf alle seine Schüler aus, zu denen auch Jean-Baptiste-Camille Corot und Charles-François Daubigny zählten.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
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Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
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Auktion: Alte Meister I
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 11.05.2022 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 30.04. - 11.05.2022


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

Es können keine Kaufaufträge über Internet mehr abgegeben werden. Die Auktion befindet sich in Vorbereitung bzw. wurde bereits durchgeführt.