Lot Nr. 32


Marino Marini *


Marino Marini * - Moderne

(Pistoia 1901–1980 Viareggio)
Piccolo Miracolo, 1955–56, auf der Unterseite signiert M. M., Bronze, 44,1 x 41,5 x 14 cm

Aus einer Edition von 7 Exemplaren.

Das Werk ist beim Archiv der Fondazione Marino Marini registriert. Ein Fotozertifikat liegt bei.

Was Marino Marini am meisten faszinierte, war die etruskische Bronzeskulptur. Für Marini war die Rückkehr zur italienischen Kunst die einzige Möglichkeit, die Ursprünge der Bildhauerei zu verstehen, aber vor allem die Ursprünge seines Landes, der Toskana, und seiner Vorfahren wiederzuentdecken und so die klassische Kunst in einer modernen Form neu zu interpretieren.

„Ich blicke auf die Etrusker aus demselben Grund, aus dem jede moderne Kunst sich zurückgewandt hat, die unmittelbare Vergangenheit überwindend und im Bestreben, sich selbst neues Leben einzuhauchen durch den authentischeren Ausdruck einer jungfräulichen und weit entfernten Menschheit. Das ist nicht nur ein kultureller Zufall, sondern die Art und Weise, wie wir nach einer Einfachheit der Kunst streben“ (Erklärung gegenüber der Zeitung Il Sud Attualità anlässlich der Biennale 1948).

Marini konnte sich zugleich mit Picasso, gotischer Bildhauerei, Henry Moore, Renaissance-Porträts, Rodin und Maillol sowie mit Kunstformen der entlegensten Kontinente messen. Die unverwechselbare Eigenheit seiner Kunst war ebenjene Tatsache, dass er wusste, wie er sich die Zeugnisse der Vergangenheit, seiner kulturellen Wurzeln, seiner Verbundenheit zu einer uralten Vergangenheit zunutze machen konnte, um zeitgenössische Kunst zu schaffen, die sich in vollem Maß an den Revolutionen seiner Zeit beteiligte und im Dialog mit den derzeitigen Ereignissen stand.

Wie die meisten schöpferischen Handlungen von Künstlern und Intellektuellen des 20. Jahrhunderts ist auch seine Skulptur in das dichte Netz von Ereignissen eingebettet, die mit den weltweiten Konflikten und ihren Beziehungen zur Menschheit verbunden sind.
Das hier analysierte Werk gehört zu einer Serie von sieben Werken, die unter dem Titel „Miracoli“ („Wunder“) bekannt sind: ein typisches Thema der Bildhauerei von Marino Marini ab 1943 - dem Jahr, in dem er vor den Bombenangriffen des Zweiten Weltkriegs in die Schweiz floh.
Das Thema des Pferdes und des Reiters ist eines der Leitmotive der Bildhauerei Marinis, und in den „Wundern“ hat er versucht, die beiden Themen beizubehalten, sie aber in einer Reihe von Versionen zu steigern, in denen das Pferd den Reiter immer unterwirft: eine Metapher für die durch die Tragödien des Krieges verwundete Menschheit.

Er selbst definiert die Wunder wie folgt: „Der Reiter wird immer weniger in der Lage, sein Pferd zu beherrschen, und das Tier wird in seiner immer grimmigeren Angst starr, anstatt sich aufzubäumen. Ich glaube wirklich, dass wir auf das Ende der Welt zusteuern“.

Das Pferd, ungezähmt und rücksichtslos, entzieht sich der Kontrolle seines Reiters, der an dem Punkt gefangen ist, an dem er zu Boden zu fallen droht, ohne jegliche Chance, wieder aufzustehen.

Die Komposition dieser Skulptur ist so einfach, dass die beiden Subjekte, Pferd und Reiter, einen einzigen skulpturalen Körper bilden, in dem alles unter Spannung zu stehen scheint und der Reiter vergeblich versucht, wieder aufzustehen.
Die Einzigartigkeit von Marino Marini liegt in seiner Fähigkeit, die ganze Ausdruckskraft und Spannung der Szene in die Bronze zu übertragen, so dass der Betrachter dieser Skulptur eine apokalyptische Atmosphäre wahrnimmt, für die es kein Heilmittel gibt.

Provenienz:
Auktion Farsetti, Prato, 29. November 2008, Los 750
Europäische Privatsammlung

Ausgestellt:
Venedig, Marino Marini – Sculture pitture disegni dal 1914 al 1977, Palazzo Grassi, 28. Mai-15. August 1983, Ausst.-Kat. S. 145, Nr. 91, ein anderes Exemplar ausgestellt
Ascona, Marino Marini, Museo Comunale d’Arte Moderna, 3. September-29. Oktober 1989, ein anderes Exemplar ausgestellt
Bologna, Marino Marini, Forni Galleria d’Arte, Oktober 1990 Ausst.-Kat. S. 51, ein anderes Exemplar ausgestellt
Rom, Marino Marini – Antologica 1919–1978, Villa Medici, 7. März-19. Mai 1991, Ausst.-Kat. S. 100, ein anderes Exemplar ausgestellt
Paris, Marino Marini, Galerie Philip, Oktober-Dezember 1993, Ausst.-Kat. Nr. 7, ein anderes Exemplar ausgestellt
Verona, Marino Marini. Mitografia – sculture e dipinti 1939–1966, 11. Dezember 1994 – 12. Februar 1995, Ausst.-Kat. S. 93, Nr. 25, ein anderes Exemplar ausgestellt
Tokio, Marino Marini, Station Gallery, 22. November 1997 – 25. Januar 1998, Ausst.-Kat. S. 39, Nr. 17, ein anderes Exemplar ausgestellt

Literatur:
P. Waldberg, H. Read, G. di San Lazzaro, Marino Marini Complete works, New York 1970, S. 373, Nr. 333, Abb. ein anderes Exemplar
C. Pirovano, Marino Marini, Scultore, Mailand 1972, Nr. 339, Abb. ein anderes Exemplar
M. P. Garberi, Marino Marini alla Galleria d’Arte Moderna di Milano, Comune di Milano, Mailand 1973, N. 29, Abb. ein anderes Exemplar
M. P. Garberi, Marino Marini alla Galleria d’Arte Moderna di Milano, A. Mondadori, Mailand 1984, S. 163, Nr. 31, Abb. ein anderes Exemplar
M. Meneguzzo, Marino Marini – Cavalli e Cavalieri, Skira, Mailand 1997, S. 226, Nr. 85, Abb. ein anderes Exemplar
M. Meneguzzo, Marino Marini – Il Museo alla Villa Reale di Milano, Skira, Mailand 1997, Nr. 29, Abb. ein anderes Exemplar
Fondazione Marino Marini (Hrsg.), Marino Marini, Catalogo ragionato della scultura, Mailand 1998, S. 288, Nr. 414, Abb. ein anderes Exemplar

Aufbewahrungsort der übrigen sechs Exemplare:
Mailand Galleria d'Arte Moderna, Museo Marino Marini
Pistoia, Palazzo del Tau, Fondazione Marino Marini (Variante ohne Beine)
Toyota-City, Städtisches Museum für Kunst (Variante ohne Beine, aus polychromer Bronze)
Die drei anderen Exemplare befinden sich in Privatsammlungen (eines davon ist eine Variante ohne Beine)

Experte: Alessandro Rizzi Alessandro Rizzi
+39-02-303 52 41

alessandro.rizzi@dorotheum.it

31.05.2022 - 17:00

Erzielter Preis: **
EUR 453.000,-
Schätzwert:
EUR 180.000,- bis EUR 280.000,-

Marino Marini *


(Pistoia 1901–1980 Viareggio)
Piccolo Miracolo, 1955–56, auf der Unterseite signiert M. M., Bronze, 44,1 x 41,5 x 14 cm

Aus einer Edition von 7 Exemplaren.

Das Werk ist beim Archiv der Fondazione Marino Marini registriert. Ein Fotozertifikat liegt bei.

Was Marino Marini am meisten faszinierte, war die etruskische Bronzeskulptur. Für Marini war die Rückkehr zur italienischen Kunst die einzige Möglichkeit, die Ursprünge der Bildhauerei zu verstehen, aber vor allem die Ursprünge seines Landes, der Toskana, und seiner Vorfahren wiederzuentdecken und so die klassische Kunst in einer modernen Form neu zu interpretieren.

„Ich blicke auf die Etrusker aus demselben Grund, aus dem jede moderne Kunst sich zurückgewandt hat, die unmittelbare Vergangenheit überwindend und im Bestreben, sich selbst neues Leben einzuhauchen durch den authentischeren Ausdruck einer jungfräulichen und weit entfernten Menschheit. Das ist nicht nur ein kultureller Zufall, sondern die Art und Weise, wie wir nach einer Einfachheit der Kunst streben“ (Erklärung gegenüber der Zeitung Il Sud Attualità anlässlich der Biennale 1948).

Marini konnte sich zugleich mit Picasso, gotischer Bildhauerei, Henry Moore, Renaissance-Porträts, Rodin und Maillol sowie mit Kunstformen der entlegensten Kontinente messen. Die unverwechselbare Eigenheit seiner Kunst war ebenjene Tatsache, dass er wusste, wie er sich die Zeugnisse der Vergangenheit, seiner kulturellen Wurzeln, seiner Verbundenheit zu einer uralten Vergangenheit zunutze machen konnte, um zeitgenössische Kunst zu schaffen, die sich in vollem Maß an den Revolutionen seiner Zeit beteiligte und im Dialog mit den derzeitigen Ereignissen stand.

Wie die meisten schöpferischen Handlungen von Künstlern und Intellektuellen des 20. Jahrhunderts ist auch seine Skulptur in das dichte Netz von Ereignissen eingebettet, die mit den weltweiten Konflikten und ihren Beziehungen zur Menschheit verbunden sind.
Das hier analysierte Werk gehört zu einer Serie von sieben Werken, die unter dem Titel „Miracoli“ („Wunder“) bekannt sind: ein typisches Thema der Bildhauerei von Marino Marini ab 1943 - dem Jahr, in dem er vor den Bombenangriffen des Zweiten Weltkriegs in die Schweiz floh.
Das Thema des Pferdes und des Reiters ist eines der Leitmotive der Bildhauerei Marinis, und in den „Wundern“ hat er versucht, die beiden Themen beizubehalten, sie aber in einer Reihe von Versionen zu steigern, in denen das Pferd den Reiter immer unterwirft: eine Metapher für die durch die Tragödien des Krieges verwundete Menschheit.

Er selbst definiert die Wunder wie folgt: „Der Reiter wird immer weniger in der Lage, sein Pferd zu beherrschen, und das Tier wird in seiner immer grimmigeren Angst starr, anstatt sich aufzubäumen. Ich glaube wirklich, dass wir auf das Ende der Welt zusteuern“.

Das Pferd, ungezähmt und rücksichtslos, entzieht sich der Kontrolle seines Reiters, der an dem Punkt gefangen ist, an dem er zu Boden zu fallen droht, ohne jegliche Chance, wieder aufzustehen.

Die Komposition dieser Skulptur ist so einfach, dass die beiden Subjekte, Pferd und Reiter, einen einzigen skulpturalen Körper bilden, in dem alles unter Spannung zu stehen scheint und der Reiter vergeblich versucht, wieder aufzustehen.
Die Einzigartigkeit von Marino Marini liegt in seiner Fähigkeit, die ganze Ausdruckskraft und Spannung der Szene in die Bronze zu übertragen, so dass der Betrachter dieser Skulptur eine apokalyptische Atmosphäre wahrnimmt, für die es kein Heilmittel gibt.

Provenienz:
Auktion Farsetti, Prato, 29. November 2008, Los 750
Europäische Privatsammlung

Ausgestellt:
Venedig, Marino Marini – Sculture pitture disegni dal 1914 al 1977, Palazzo Grassi, 28. Mai-15. August 1983, Ausst.-Kat. S. 145, Nr. 91, ein anderes Exemplar ausgestellt
Ascona, Marino Marini, Museo Comunale d’Arte Moderna, 3. September-29. Oktober 1989, ein anderes Exemplar ausgestellt
Bologna, Marino Marini, Forni Galleria d’Arte, Oktober 1990 Ausst.-Kat. S. 51, ein anderes Exemplar ausgestellt
Rom, Marino Marini – Antologica 1919–1978, Villa Medici, 7. März-19. Mai 1991, Ausst.-Kat. S. 100, ein anderes Exemplar ausgestellt
Paris, Marino Marini, Galerie Philip, Oktober-Dezember 1993, Ausst.-Kat. Nr. 7, ein anderes Exemplar ausgestellt
Verona, Marino Marini. Mitografia – sculture e dipinti 1939–1966, 11. Dezember 1994 – 12. Februar 1995, Ausst.-Kat. S. 93, Nr. 25, ein anderes Exemplar ausgestellt
Tokio, Marino Marini, Station Gallery, 22. November 1997 – 25. Januar 1998, Ausst.-Kat. S. 39, Nr. 17, ein anderes Exemplar ausgestellt

Literatur:
P. Waldberg, H. Read, G. di San Lazzaro, Marino Marini Complete works, New York 1970, S. 373, Nr. 333, Abb. ein anderes Exemplar
C. Pirovano, Marino Marini, Scultore, Mailand 1972, Nr. 339, Abb. ein anderes Exemplar
M. P. Garberi, Marino Marini alla Galleria d’Arte Moderna di Milano, Comune di Milano, Mailand 1973, N. 29, Abb. ein anderes Exemplar
M. P. Garberi, Marino Marini alla Galleria d’Arte Moderna di Milano, A. Mondadori, Mailand 1984, S. 163, Nr. 31, Abb. ein anderes Exemplar
M. Meneguzzo, Marino Marini – Cavalli e Cavalieri, Skira, Mailand 1997, S. 226, Nr. 85, Abb. ein anderes Exemplar
M. Meneguzzo, Marino Marini – Il Museo alla Villa Reale di Milano, Skira, Mailand 1997, Nr. 29, Abb. ein anderes Exemplar
Fondazione Marino Marini (Hrsg.), Marino Marini, Catalogo ragionato della scultura, Mailand 1998, S. 288, Nr. 414, Abb. ein anderes Exemplar

Aufbewahrungsort der übrigen sechs Exemplare:
Mailand Galleria d'Arte Moderna, Museo Marino Marini
Pistoia, Palazzo del Tau, Fondazione Marino Marini (Variante ohne Beine)
Toyota-City, Städtisches Museum für Kunst (Variante ohne Beine, aus polychromer Bronze)
Die drei anderen Exemplare befinden sich in Privatsammlungen (eines davon ist eine Variante ohne Beine)

Experte: Alessandro Rizzi Alessandro Rizzi
+39-02-303 52 41

alessandro.rizzi@dorotheum.it


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Moderne
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 31.05.2022 - 17:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 21.05. - 30.05.2022


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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