Andrea Meldolla, gen. Schiavone
(Zadar? um 1515–1563 Venedig)
Die Heilige Familie mit der heiligen Katharina von Alexandrien vor einer Landschaft,
Öl auf Leinwand, 101,5 x 153 cm, ungerahmt
Provenienz:
vermutlich Sammlung der Familie Widmann, Venedig;
Kunsthandel, Deutschland, um 2014;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer
Dokumentation:
vermutlich Inventario e stima d’argenti piture e mobili et altro della casa Vidman di Venezia, Palazzo a S. Canziano, 1659: im „Cameron Grande sopra il canale verso la Basadonna“, eine „Madonna S. Caterina S. Giuseppe di Andrea Schiavon“, Wert 80 ducati (Archivio Widmann-Rezzonico, Mira [Venezia] Malcontenta, Italia, Busta XXXIX, Atti di famiglia 1660–1692, sottofascicolo 4, S. 35, Nr. 15)
Literatur:
vermutlich C. Ridolfi, Le Maraviglie Dell’Arte, Ouero Le Vite De Gl’Illvstri Pittori Veneti, E Dello Stato, Teil I, Venedig 1648, S. 238 (als Andra Schiavone, „Gli Signori Conti Vidmani hanno vna Madonna con S. Gioseppe, e Santa Caterina“)
Wir danken Mauro Lucco, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes nach dessen Prüfung im Original vorgeschlagen hat, für seine Hilfe bei der Katalogisierung des Lots.
Die Protagonistinnen dieser Heiligen Familie mit der heiligen Katharina von Alexandrien sind reich gekleidet, entsprechend der Mode der ersten Dekaden des 16. Jahrhunderts, insbesondere der venezianischen. Katharinas Kleid mit dem quadratischen Ausschnitt und den Prosciutto-Ärmeln war etwa um 1530 en vogue. Ihre Frisur, bei der das von einem Stirnband gehaltene glatte Haar zu einem langen Zopf gebunden und hinten zu einem Knoten gewickelt ist, entspricht einem Stil, der zwischen den 1520er- und 1540er-Jahren vorherrschte und in unterschiedlichen Kunstwerken auftaucht, u. a. bei den Frauen in Lorenzo Lottos Sacra Conversazione im Kunsthistorischen Museum in Wien (Inv. GG 101) oder Tizians La Bella im Palazzo Pitti (Inv. 1912 Nr. 18).
Ein weiterer gesellschaftlicher Brauch, der in diesen Jahren gerne dargestellt wurde, ist die Lust, Zeit im Freien und auf dem Land zu verbringen, oft im Schatten eines Baumes. Die harmonische Beziehung zwischen Mensch und Natur und der reizvolle Blick auf im fernen Hintergrund liegende Orte, ist seit Giovanni Bellini ein Charakteristikum der venezianischen Malerei. Die bereits erwähnte Sacra Conversazione Lorenzo Lottos, die zwischen 1528 und 1530 datiert wird, veranschaulicht diese Verbindung und evoziert selbst die Töne der Wiese.
Mauro Lucco zufolge spiegelt dieses Werk vielmehr die einzigartige Form von Schiavones passioniertem Autodidaktentum wider als das formelle Studium eines einzelnen Meisters, zumal es mehrere stilistische Welten in sich aufnimmt: Der Stil des Gemäldes mit seinen dynamisch fließenden Faltenwürfen deutet auf eine einzigartige Mischung aus dem Einfluss Lottos und der Manier Tizians. Die für Schiavone typischen rhythmischen, geschwungenen Pinselstriche sind hier unverkennbar, und die leuchtenden Farben insbesondere der rosafarbenen Morgendämmerung im rechten Bildbereich verraten die Fähigkeit des Künstlers, seine Technik an die visuellen Anforderungen unterschiedlicher Bildbereiche anzupassen.
Es gibt nur wenige urkundlich belegte Aufzeichnungen über Schiavones Leben und Werk. Sein Geburtsjahr in Zadar ist ungewiss, wird aber auf etwa 1515 geschätzt. Er zog wahrscheinlich vor 1540 nach Venedig und ließ sich offenbar von verschiedenen Meistern beeinflussen, darunter Tizian und mittelitalienische Maler wie Cecchino Salviati. Sein einziges sicher datiertes Werk ist eine Radierung mit der Entführung der Helena, die signiert und mit 1547 datiert ist. Um 1548 könnte der Künstler nach Belluno gezogen sein, um neue Aufträge zu erhalten. Schiavones Zugehörigkeit zu den intellektuellen Kreisen venezianischer Künstler, darunter Lotto, und die in seinen Werken sichtbaren Einflüsse insbesondere aus den 1530er-Jahren lassen vermuten, dass unsere Heilige Familie mit der heiligen Katharina von Alexandrien in den späten 1530er-Jahren entstanden sein könnte. Die Nähe des vorliegenden Werks zu Lottos stilistischen Praktiken jener Zeit unterstreicht diese Annahme.
Experte: Mark MacDonnell
Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403
old.masters@dorotheum.at
22.10.2024 - 18:00
- Erzielter Preis: **
-
EUR 66.000,-
- Schätzwert:
-
EUR 60.000,- bis EUR 80.000,-
Andrea Meldolla, gen. Schiavone
(Zadar? um 1515–1563 Venedig)
Die Heilige Familie mit der heiligen Katharina von Alexandrien vor einer Landschaft,
Öl auf Leinwand, 101,5 x 153 cm, ungerahmt
Provenienz:
vermutlich Sammlung der Familie Widmann, Venedig;
Kunsthandel, Deutschland, um 2014;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer
Dokumentation:
vermutlich Inventario e stima d’argenti piture e mobili et altro della casa Vidman di Venezia, Palazzo a S. Canziano, 1659: im „Cameron Grande sopra il canale verso la Basadonna“, eine „Madonna S. Caterina S. Giuseppe di Andrea Schiavon“, Wert 80 ducati (Archivio Widmann-Rezzonico, Mira [Venezia] Malcontenta, Italia, Busta XXXIX, Atti di famiglia 1660–1692, sottofascicolo 4, S. 35, Nr. 15)
Literatur:
vermutlich C. Ridolfi, Le Maraviglie Dell’Arte, Ouero Le Vite De Gl’Illvstri Pittori Veneti, E Dello Stato, Teil I, Venedig 1648, S. 238 (als Andra Schiavone, „Gli Signori Conti Vidmani hanno vna Madonna con S. Gioseppe, e Santa Caterina“)
Wir danken Mauro Lucco, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes nach dessen Prüfung im Original vorgeschlagen hat, für seine Hilfe bei der Katalogisierung des Lots.
Die Protagonistinnen dieser Heiligen Familie mit der heiligen Katharina von Alexandrien sind reich gekleidet, entsprechend der Mode der ersten Dekaden des 16. Jahrhunderts, insbesondere der venezianischen. Katharinas Kleid mit dem quadratischen Ausschnitt und den Prosciutto-Ärmeln war etwa um 1530 en vogue. Ihre Frisur, bei der das von einem Stirnband gehaltene glatte Haar zu einem langen Zopf gebunden und hinten zu einem Knoten gewickelt ist, entspricht einem Stil, der zwischen den 1520er- und 1540er-Jahren vorherrschte und in unterschiedlichen Kunstwerken auftaucht, u. a. bei den Frauen in Lorenzo Lottos Sacra Conversazione im Kunsthistorischen Museum in Wien (Inv. GG 101) oder Tizians La Bella im Palazzo Pitti (Inv. 1912 Nr. 18).
Ein weiterer gesellschaftlicher Brauch, der in diesen Jahren gerne dargestellt wurde, ist die Lust, Zeit im Freien und auf dem Land zu verbringen, oft im Schatten eines Baumes. Die harmonische Beziehung zwischen Mensch und Natur und der reizvolle Blick auf im fernen Hintergrund liegende Orte, ist seit Giovanni Bellini ein Charakteristikum der venezianischen Malerei. Die bereits erwähnte Sacra Conversazione Lorenzo Lottos, die zwischen 1528 und 1530 datiert wird, veranschaulicht diese Verbindung und evoziert selbst die Töne der Wiese.
Mauro Lucco zufolge spiegelt dieses Werk vielmehr die einzigartige Form von Schiavones passioniertem Autodidaktentum wider als das formelle Studium eines einzelnen Meisters, zumal es mehrere stilistische Welten in sich aufnimmt: Der Stil des Gemäldes mit seinen dynamisch fließenden Faltenwürfen deutet auf eine einzigartige Mischung aus dem Einfluss Lottos und der Manier Tizians. Die für Schiavone typischen rhythmischen, geschwungenen Pinselstriche sind hier unverkennbar, und die leuchtenden Farben insbesondere der rosafarbenen Morgendämmerung im rechten Bildbereich verraten die Fähigkeit des Künstlers, seine Technik an die visuellen Anforderungen unterschiedlicher Bildbereiche anzupassen.
Es gibt nur wenige urkundlich belegte Aufzeichnungen über Schiavones Leben und Werk. Sein Geburtsjahr in Zadar ist ungewiss, wird aber auf etwa 1515 geschätzt. Er zog wahrscheinlich vor 1540 nach Venedig und ließ sich offenbar von verschiedenen Meistern beeinflussen, darunter Tizian und mittelitalienische Maler wie Cecchino Salviati. Sein einziges sicher datiertes Werk ist eine Radierung mit der Entführung der Helena, die signiert und mit 1547 datiert ist. Um 1548 könnte der Künstler nach Belluno gezogen sein, um neue Aufträge zu erhalten. Schiavones Zugehörigkeit zu den intellektuellen Kreisen venezianischer Künstler, darunter Lotto, und die in seinen Werken sichtbaren Einflüsse insbesondere aus den 1530er-Jahren lassen vermuten, dass unsere Heilige Familie mit der heiligen Katharina von Alexandrien in den späten 1530er-Jahren entstanden sein könnte. Die Nähe des vorliegenden Werks zu Lottos stilistischen Praktiken jener Zeit unterstreicht diese Annahme.
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Auktion: | Alte Meister |
Auktionstyp: | Saalauktion mit Live Bidding |
Datum: | 22.10.2024 - 18:00 |
Auktionsort: | Wien | Palais Dorotheum |
Besichtigung: | 12.10. - 22.10.2024 |
** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer
Es können keine Kaufaufträge über Internet mehr abgegeben werden. Die Auktion befindet sich in Vorbereitung bzw. wurde bereits durchgeführt.