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Lot Nr. 187


Raffaello Sanzio, gen. Raffael

[Verkaufsraum Hinweis]

(Urbino 1483–1520 Rom)
Kopf eines jungen Mannes,
Tusche, schwarze und rote Kreide auf Papier, 70 x 56 mm, gerahmt

Verkaufsraum Hinweis:

Bitte beachten Sie die aktualisierten Angaben zu Provenienz und Literatur.

Rückseitig beschriftet „P 444“

Provenienz:
Sammlung Giovanni Battista Clarici (1542-1602);
Biblioteca Ambrosiana, Mailand (vor 1661 – bis ins frühe 20. Jahrhundert);
Privatsammlung, Florenz (lt. Oberhuber);
Auktion, Galerie Bassenge, Berlin, 30. Mai 2008, Lot 6608 (als Schule des Raffael);
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Literatur:
E. Knab, E. Mitsch, K. Oberhuber, S. Ferino-Pagden, Raphael. Die Zeichnungen, Stuttgart 1983, S. 607, Nr. 518 (als Raffael?);
S. Mara, Il collezionismo di disegni nel tardo Cinquecento a Milano e le origini della della raccolta grafica dell'Ambrosiana: il caso di Giovanni Battista Clarici, in: La donazione della raccolta d'arte di Federico Borromeo all'Ambrosiana 1618–2018, Confronti e prospettive, hrsg. von A. Rocca, A. Rovetta, A. Squizzato, Mailand 2019, erwähnt S. 372, Abb. 14, mit Abb. (als vormals Teil Giovanni Battista Claricis „Libro di disegni“)

Wir danken Paul Joannides, der die Zuschreibung nach Prüfung der vorliegenden Zeichnung im Original bestätigt hat. Dem Werk liegt ein Schreiben von Jürg Meyer zur Capellen aus dem Jahr 2016 bei, in dem die Zuschreibung ebenfalls bestätigt wird.

Das vorliegende Blatt ist eine Tuschskizze mit dem fast ganz ins Profil nach rechts gedrehten Kopf eines jungen Mannes. Es ist beschnitten und weist an allen Seiten etwas unregelmäßige Ränder auf. Auf der Rückseite befindet sich die Inschrift „P 444“. Oberhuber hat es, wenn auch mit Vorbehalt, in das zeichnerische Œuvre Raffaels aufgenommen (siehe Oberhuber 1983, Nr. 518). In seinem kursorischen Text fehlen jegliche Abmessungen, was die Frage aufwirft, ob er das Werk im Original beurteilen konnte oder sich lediglich auf eine Fotografie stützte.

In der vorliegenden Skizze hat sich Raffael ausschließlich auf den Kopf konzentriert. Im Bereich der Federzeichnung befindet sich im rechten Drittel des Blattes eine Rötelzeichnung, deren breite Striche nicht in einem figurativen Sinn zu lesen sind. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Skizze ursprünglich mehr von der Figur zeigte, zumal die nach unten auslaufenden Federstriche immer schwächer werden. Es handelt sich um eine Art Einzelskizze, wie sie in einem frühen Stadium der Entwicklung einer Bildkomposition entsteht. Skizzen dieser Art dienten dazu, den größeren kompositorischen Kontext einer Figur zu umreißen oder eine flüchtige Bildidee festzuhalten. Auf dem vorliegenden Blatt gilt das Hauptinteresse des Künstlers der Erfassung des Kopfes; die Kleidung, vermutlich ein weiter Mantel, ist nur mit einigen lockeren Federstrichen angedeutet. Das Profil wird durch eine kräftige, nur leicht abgesetzte Linie betont; die den Kopf einrahmenden Locken sind in dichten Schwüngen gegeben, die zum Hals hin länger werden. Ein großer Teil des Gesichts ist zwecks Markierung eines Schattens mit einer in kleinen Häkchen auslaufenden Schraffur überzogen. Das Ohr ist mit wenigen suchenden Strichen gezeichnet, wobei die unterste Linie das Ohrläppchen andeutet. Ungeachtet des sparsamen Einsatzes künstlerischer Mittel ist die Haltung des Jünglings umrissen: In einen weiten Mantel gehüllt, wird er als nach vorne gebeugt beschrieben, mit leicht gesenktem Haupt, Interesse, aber auch Ehrfurcht zum Ausdruck bringend.

Lose Skizzen tauchen schon früh in Raffaels Schaffen auf, doch scheint der Künstler den prägnant akzentuierten Skizzierstil des vorliegenden Blattes erst in seinen Florentiner Jahren, nach seiner Beschäftigung mit Leonardo da Vinci, entwickelt zu haben. Joannides datiert das vorliegende Werk um 1507 und vergleicht es mit den Blatt Nach rechts schreitender männlicher Akt im British Museum (siehe P. Joannides, The Drawings of Raphael, 1983, S. 153, Nr. 85v). Oberhuber bezog das vorliegende Blatt auf die Figur des Jüngers Johannes in Raffaels Modello zur Tapisserie Die Berufung des Petrus von 1514. Die vorliegende Skizze weist Ähnlichkeiten mit dem Kopf des Johannes auf, sowohl was den Typus als auch den Schatten mit dem von links oben auf den Kopf fallende Licht angeht. Es handelt sich um eine ähnliche Beleuchtungssituation wie bei den erhaltenen Beispielen von Studienblättern zum Haupt des Johannes (siehe Oberhuber 1983, Nr. 513, 515, 517). Das vorliegende Blatt unterscheidet sich von diesen in der etwas anderen Kopfhaltung des jungen Mannes: Das Haupt ist hier leicht gesenkt und zeigt nicht den für die Figur in den anderen Zeichnungen charakteristischen Blick nach oben. Es könnte jedoch sein, dass vorliegendes Blatt eine frühe Bildidee für den Kopf des Johannes darstellt.

Meyer zur Capellen wies darauf hin, dass von der vorliegenden kleinen Kopfstudie eine Seelenhaftigkeit ausgeht, die für Raffaels Zeichnungen dieser Art besonders charakteristisch ist.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

old.masters@dorotheum.at

Schätzwert:
EUR 120.000,- bis EUR 180.000,-

Raffaello Sanzio, gen. Raffael

[Verkaufsraum Hinweis]

(Urbino 1483–1520 Rom)
Kopf eines jungen Mannes,
Tusche, schwarze und rote Kreide auf Papier, 70 x 56 mm, gerahmt

Verkaufsraum Hinweis:

Bitte beachten Sie die aktualisierten Angaben zu Provenienz und Literatur.

Rückseitig beschriftet „P 444“

Provenienz:
Sammlung Giovanni Battista Clarici (1542-1602);
Biblioteca Ambrosiana, Mailand (vor 1661 – bis ins frühe 20. Jahrhundert);
Privatsammlung, Florenz (lt. Oberhuber);
Auktion, Galerie Bassenge, Berlin, 30. Mai 2008, Lot 6608 (als Schule des Raffael);
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Literatur:
E. Knab, E. Mitsch, K. Oberhuber, S. Ferino-Pagden, Raphael. Die Zeichnungen, Stuttgart 1983, S. 607, Nr. 518 (als Raffael?);
S. Mara, Il collezionismo di disegni nel tardo Cinquecento a Milano e le origini della della raccolta grafica dell'Ambrosiana: il caso di Giovanni Battista Clarici, in: La donazione della raccolta d'arte di Federico Borromeo all'Ambrosiana 1618–2018, Confronti e prospettive, hrsg. von A. Rocca, A. Rovetta, A. Squizzato, Mailand 2019, erwähnt S. 372, Abb. 14, mit Abb. (als vormals Teil Giovanni Battista Claricis „Libro di disegni“)

Wir danken Paul Joannides, der die Zuschreibung nach Prüfung der vorliegenden Zeichnung im Original bestätigt hat. Dem Werk liegt ein Schreiben von Jürg Meyer zur Capellen aus dem Jahr 2016 bei, in dem die Zuschreibung ebenfalls bestätigt wird.

Das vorliegende Blatt ist eine Tuschskizze mit dem fast ganz ins Profil nach rechts gedrehten Kopf eines jungen Mannes. Es ist beschnitten und weist an allen Seiten etwas unregelmäßige Ränder auf. Auf der Rückseite befindet sich die Inschrift „P 444“. Oberhuber hat es, wenn auch mit Vorbehalt, in das zeichnerische Œuvre Raffaels aufgenommen (siehe Oberhuber 1983, Nr. 518). In seinem kursorischen Text fehlen jegliche Abmessungen, was die Frage aufwirft, ob er das Werk im Original beurteilen konnte oder sich lediglich auf eine Fotografie stützte.

In der vorliegenden Skizze hat sich Raffael ausschließlich auf den Kopf konzentriert. Im Bereich der Federzeichnung befindet sich im rechten Drittel des Blattes eine Rötelzeichnung, deren breite Striche nicht in einem figurativen Sinn zu lesen sind. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Skizze ursprünglich mehr von der Figur zeigte, zumal die nach unten auslaufenden Federstriche immer schwächer werden. Es handelt sich um eine Art Einzelskizze, wie sie in einem frühen Stadium der Entwicklung einer Bildkomposition entsteht. Skizzen dieser Art dienten dazu, den größeren kompositorischen Kontext einer Figur zu umreißen oder eine flüchtige Bildidee festzuhalten. Auf dem vorliegenden Blatt gilt das Hauptinteresse des Künstlers der Erfassung des Kopfes; die Kleidung, vermutlich ein weiter Mantel, ist nur mit einigen lockeren Federstrichen angedeutet. Das Profil wird durch eine kräftige, nur leicht abgesetzte Linie betont; die den Kopf einrahmenden Locken sind in dichten Schwüngen gegeben, die zum Hals hin länger werden. Ein großer Teil des Gesichts ist zwecks Markierung eines Schattens mit einer in kleinen Häkchen auslaufenden Schraffur überzogen. Das Ohr ist mit wenigen suchenden Strichen gezeichnet, wobei die unterste Linie das Ohrläppchen andeutet. Ungeachtet des sparsamen Einsatzes künstlerischer Mittel ist die Haltung des Jünglings umrissen: In einen weiten Mantel gehüllt, wird er als nach vorne gebeugt beschrieben, mit leicht gesenktem Haupt, Interesse, aber auch Ehrfurcht zum Ausdruck bringend.

Lose Skizzen tauchen schon früh in Raffaels Schaffen auf, doch scheint der Künstler den prägnant akzentuierten Skizzierstil des vorliegenden Blattes erst in seinen Florentiner Jahren, nach seiner Beschäftigung mit Leonardo da Vinci, entwickelt zu haben. Joannides datiert das vorliegende Werk um 1507 und vergleicht es mit den Blatt Nach rechts schreitender männlicher Akt im British Museum (siehe P. Joannides, The Drawings of Raphael, 1983, S. 153, Nr. 85v). Oberhuber bezog das vorliegende Blatt auf die Figur des Jüngers Johannes in Raffaels Modello zur Tapisserie Die Berufung des Petrus von 1514. Die vorliegende Skizze weist Ähnlichkeiten mit dem Kopf des Johannes auf, sowohl was den Typus als auch den Schatten mit dem von links oben auf den Kopf fallende Licht angeht. Es handelt sich um eine ähnliche Beleuchtungssituation wie bei den erhaltenen Beispielen von Studienblättern zum Haupt des Johannes (siehe Oberhuber 1983, Nr. 513, 515, 517). Das vorliegende Blatt unterscheidet sich von diesen in der etwas anderen Kopfhaltung des jungen Mannes: Das Haupt ist hier leicht gesenkt und zeigt nicht den für die Figur in den anderen Zeichnungen charakteristischen Blick nach oben. Es könnte jedoch sein, dass vorliegendes Blatt eine frühe Bildidee für den Kopf des Johannes darstellt.

Meyer zur Capellen wies darauf hin, dass von der vorliegenden kleinen Kopfstudie eine Seelenhaftigkeit ausgeht, die für Raffaels Zeichnungen dieser Art besonders charakteristisch ist.

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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: Termin in privaten Kalender übernehmen
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 12.04. - 29.04.2025