Werden in Zukunft Facebook-Eintragungen oder Blogs historische Dokumente? Angesichts der Textflut eher bedenklich. Gute alte analoge Einblicke in die Denkweise von Geistesgrößen bieten die Autographen. Am 11. Juni 2010 kommen Autographen im Wiener Dorotheum unter dem Hammer.
Auf der Visitenkarte eines gewissen Dr. Franz Kafka findet sich des Dichters eigenhändige Textzeilen an seinen engen Freund Felix Weltsch. Der Dichter, der 1914, zum Zeitpunkt dieser Zeilen an seinem Roman „Der Prozess" in Prag schrieb, entschuldigt sich, dass er Felix und seine Frau noch nicht besucht habe. Kafka, der bei Tag seinem Brotberuf in einer Versicherung nachging, erklärt dies mit seinem „elenden ewig unausgeschlafenen Zustand" und bezweifelt auch seine Auswahl der Bücher für das Ehepaar. (Rufpreis € 10.000).
Mit 20.000 Euro gerufen wird ein Gedichtmanuskript der deutschen Dichterin Karoline von Günderode (1780-1809). Es handelt sich bei dem auf grünem Papier geschriebenen Manuskript um das Gedicht "Morgenlicht! Morgenlicht!", das wohl um 1804/05 entstanden sein müsste und erst 1899 publiziert wurde. Die Schwermut und Kühnheit ihrer Verse verlieh Günderode, die eng mit Bettina von Arnim und Clemens Brentano befreundet war, schon im 19. Jahrhundert den Titel einer „Sappho der Romantik". Da das Ouevre der Dichterin, einer mit 26 Jahren freiwillig aus dem Leben geschiedenen tragischen Figur der Literaturgeschichte, nur 66 hauptsächlich in öffentlichen Sammlungen befindliche Textstücke umfasst, ist dieses Manuskript von außergewöhnlicher Seltenheit.
Ein hochinteressantes Schreiben zur Wahrnehmung der Revolution von 1848 durch Maximilian von Österreich, den damals 16jährigen Bruder des Thronfolgers, stellt der Brief an Königin Maria Anna von Sachsen, der Zwillingsschwester seiner Mutter, dar. Auf insgesamt 14 Seiten beklagt er das traurige Leben in Wien. Ihm käme es vor, "wie eine Familie um das Sterbebett einer theuren Mutter versammelt ist (....) Diese Mutter ist Österreich...." (Rufpreis 1000 Euro).
Auktion:
Autographen, 11. Juni 2010, 16 Uhr
Besichtigung:
ab 4. Juni 2010
Experte:
Mag. Andreas Löbbecke, Tel. + 43 1/515 60-389, books@dorotheum.at
Ort:
PALAIS DOROTHEUM, Wien 1, Dorotheergasse 17
Presse:
Mag. Doris Krumpl, Tel. + 43 1/515 60-406, doris.krumpl@dorotheum.at
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