Lotto No. 238


Maria Lassnig *


Maria Lassnig * - Arte contemporanea I

(Kappel, Carinthia, 1919-2014 Vienna)
"Wilde Tiere sind gefährdet", monogrammed, dated M. L. 1980, oil on canvas, 306 x 209 cm, framed

Label on the reverse:
Biennale di Venezia 1980/515

Registered in:
Christa Murken. Maria Lassnig. Ihr Leben und ihr malerisches Werk. Ihre kunstgeschichtliche Stellung in der Malerei des
20. Jahrhunderts, Verlag Murken-Altrogge, 1990, p. 471/340

Exhibited and full-page colour illustration in catalogue:
Maria Lassnig, Museum moderner Kunst / Museum des
20. Jahrhunderts, Vienna / Kunstmuseum Düsseldorf, Düsseldorf / Kunsthalle Nürnberg, Nuremberg / Kärntner Landesgalerie, Klagenfurt, Ritter Verlag, Klagenfurt, 1985, p. 95
Helmut A. Gansterer. Helmut M. Zoidl. Mein Weg zur Kunst. Die Sammlung der H. M. Z. Privatstiftung, Vienna 2010, p. 155

Provenance:
Wiener Kunst Auktion, 13 October 1999, lot 291
H. M. Z. Privatstiftung

… Bei ihren Bildern hat Maria Lassnig das narrativ Inhaltliche kaum je interessiert, was aber nicht ausschließt, daß die Bilder im Nachhinein, bei der Titelgebung, einen erzählerischen, oft auch ironischen oder kritisch stellungnehmenden Charakter bekommen konnten: So bei einigen Bildern aus der Mitte der sechziger Jahre, wie „Der mürrische Held“, „Patriotische Familie“, “Die Diktatoren“, „Dressur“, oder auch bei einigen der seit ihrer Rückkehr nach Wien entstandenen, wie „Wilde Tiere sind gefährdet“, „Ich trage die Verantwortung“, „Lebensmitte“ oder „Der verlorene Sohn“. Das narrative Element bekam stets dann erhöhte Bedeutung, wenn die Eindrücke, Erlebnisse und Erfahrungen, die von der Außenwelt her auf die Künstlerin einwirkten, stärker waren als ihre Sublimierungskraft, vehementer waren als ihre ansonst so ausgeprägte Begabung, Außenerlebnisse in Innenerlebnisse zu verwandeln und diese wiederum in Malerei umzusetzen. …
Wolfgang Drechsler – aus: Außen und Innen. Zur Malerei von Maria Lassnig
„Wilde Tiere sind gefährdet“, ein auch für Lassnigs kombinatorisches Komponieren aufschlußreiches Kolossalformat von 1980, überträgt in freier Weise den geographischen Grundriß Südamerikas mit der Küste am Karibischen Meer auf die Leinwand. Die blaue Wasserzone zeigt den apokalyptischen Atompilz und daneben gleichfalls in Seitenansicht eine allegorische Anspielung auf das lateinamerikanische Abhängigkeitsverhältnis von den USA. Die bei Lassnig wiederholt vorkommende, häufig auch antipatriarchalisch gebrauchte Huckepack-Darstellung zweier Figuren („Die Aufhockung“, 1980, „Die Beute“, 1972, „Die Dressur“, 1965) wird hier abermals verwendet. Man sieht eine als Mars gekennzeichnete Symbolfigur auf einer anderen Figur reiten, die durch ihre Fortbewegung auf einer Lafette als ausgebeutetes Arbeitstier und „Kanonenfutter“ kenntlich gemacht ist. Der Dressurakt wird in der grünen Landzone der unteren Bildhälfte durch eine mörderische Szene ergänzt, die unschwer als eine allegorische Chiffre der Ausrottung von Exoten und des fortgesetzten Lebensentzugs der Bevölkerung in diesem Kontinent gelesen werden kann.
Dort identifiziert und solidarisiert sich Lassnig wie so häufig mit dem ausgebeuteten Teil der Natur, der hier in Trophäengestalt eines wie gekreuzigt ausgebreiteten Leopardenfells erscheint und mit dem Selbstbildnis der Künstlerin verschmolzen ist. Mitleiden mit der ausgebeuteten Natur, Mitgefühl für die ausgerottete Kreatur, ein Hauptthema in den Selbstbildnissen mit Tier, bedeutet stets auch eine indirekte Kritik an den gewaltförmigen Mitteln der Naturbeherrschung. Dieser Aspekt kommt in diesem Gemälde besonders gut zum Ausdruck.
Peter Gorsen – aus: Die Kunst der guten und schlechten Gefühle
Texte aus dem oben angeführten Katalog.

... Maria Lassnig was hardly ever interested in the narrative content of her pictures, but in retrospect they could take on a narrative, often ironic or critical character through their titles. This was the case with some of the pictures from the mid-sixties, such as "The Grumpy Hero", "Patriotic Family", "The Dictators", "Dressage", or with some of those created since her return to Vienna, such as "Wild Animals Are Endangered", "I Carry the Responsibility", "Midlife" or "The Prodigal Son". The narrative element always took on heightened significance for the artist when external impressions, experiences, and events were stronger than her power of sublimation, more vehement than her otherwise so pronounced talent for transforming external experiences into internal experiences and translating these in turn into painting. ...
Wolfgang Drechsler - from: Außen und Innen. Zur Malerei von Maria Lassnig

"Wilde Tiere sind gefährdet" a colossal format painting from 1980 revealing of Lassnig's deductive composition style, freely transfers the geographical outline of South America’s Caribbean coast onto canvas. The area of blue water depicts an apocalyptic mushroom cloud and next to it, also in profile, is an allegorical allusion to Latin America's dependence on the USA. The depiction of two piggybacked figures ("Die Aufhockung", 1980, "Die Beute", 1972, "Die Dressur", 1965), which occurs repeatedly in Lassnig's work, often with anti-patriarchal overtones, is deployed again here. A symbolic figure identifiable as Mars is seen riding on another figure, represented as an exploited workhorse and "cannon fodder" by its movement on a gun barrel. This performance is complemented by a murderous scene in the green land area in the lower half of the picture that can easily be read as an allegorical cipher of the extermination of exotic species and the continued draining of life from the population on this continent. Here, as so often, Lassnig identifies and shows solidarity with the exploited part of nature, which appears in the form of a leopard skin trophy spread out as if crucified and is fused with the artist's self-portrait. Compassion for exploited nature and compassion for the exterminated creature are main themes in the artist’s self-portraits with animals, and are always intended as an indirect criticism of controlling nature through violence. This aspect is particularly well expressed in the present painting.
Peter Gorsen - from: Die Kunst der guten und schlechten Gefühle
Texts from the aforementioned catalogue.

Our thanks to the Maria Lassnig Foundation, especially to
Johanna Ortner.

…Malerei ist als elementare Tätigkeit mein Meditationsinstrument, ich brauche keinen Shrink (Psychiater) oder Guru.

... Painting as a fundamental activity is my instrument of meditation, I don’t need a shrink (psychiatrist) or guru.
Maria Lassnig 1980

Esperta: Mag. Elke Königseder Mag. Elke Königseder
+43-1-515 60-358

elke.koenigseder@dorotheum.at

23.06.2021 - 16:00

Prezzo realizzato: **
EUR 1.367.800,-
Stima:
EUR 600.000,- a EUR 800.000,-

Maria Lassnig *


(Kappel, Carinthia, 1919-2014 Vienna)
"Wilde Tiere sind gefährdet", monogrammed, dated M. L. 1980, oil on canvas, 306 x 209 cm, framed

Label on the reverse:
Biennale di Venezia 1980/515

Registered in:
Christa Murken. Maria Lassnig. Ihr Leben und ihr malerisches Werk. Ihre kunstgeschichtliche Stellung in der Malerei des
20. Jahrhunderts, Verlag Murken-Altrogge, 1990, p. 471/340

Exhibited and full-page colour illustration in catalogue:
Maria Lassnig, Museum moderner Kunst / Museum des
20. Jahrhunderts, Vienna / Kunstmuseum Düsseldorf, Düsseldorf / Kunsthalle Nürnberg, Nuremberg / Kärntner Landesgalerie, Klagenfurt, Ritter Verlag, Klagenfurt, 1985, p. 95
Helmut A. Gansterer. Helmut M. Zoidl. Mein Weg zur Kunst. Die Sammlung der H. M. Z. Privatstiftung, Vienna 2010, p. 155

Provenance:
Wiener Kunst Auktion, 13 October 1999, lot 291
H. M. Z. Privatstiftung

… Bei ihren Bildern hat Maria Lassnig das narrativ Inhaltliche kaum je interessiert, was aber nicht ausschließt, daß die Bilder im Nachhinein, bei der Titelgebung, einen erzählerischen, oft auch ironischen oder kritisch stellungnehmenden Charakter bekommen konnten: So bei einigen Bildern aus der Mitte der sechziger Jahre, wie „Der mürrische Held“, „Patriotische Familie“, “Die Diktatoren“, „Dressur“, oder auch bei einigen der seit ihrer Rückkehr nach Wien entstandenen, wie „Wilde Tiere sind gefährdet“, „Ich trage die Verantwortung“, „Lebensmitte“ oder „Der verlorene Sohn“. Das narrative Element bekam stets dann erhöhte Bedeutung, wenn die Eindrücke, Erlebnisse und Erfahrungen, die von der Außenwelt her auf die Künstlerin einwirkten, stärker waren als ihre Sublimierungskraft, vehementer waren als ihre ansonst so ausgeprägte Begabung, Außenerlebnisse in Innenerlebnisse zu verwandeln und diese wiederum in Malerei umzusetzen. …
Wolfgang Drechsler – aus: Außen und Innen. Zur Malerei von Maria Lassnig
„Wilde Tiere sind gefährdet“, ein auch für Lassnigs kombinatorisches Komponieren aufschlußreiches Kolossalformat von 1980, überträgt in freier Weise den geographischen Grundriß Südamerikas mit der Küste am Karibischen Meer auf die Leinwand. Die blaue Wasserzone zeigt den apokalyptischen Atompilz und daneben gleichfalls in Seitenansicht eine allegorische Anspielung auf das lateinamerikanische Abhängigkeitsverhältnis von den USA. Die bei Lassnig wiederholt vorkommende, häufig auch antipatriarchalisch gebrauchte Huckepack-Darstellung zweier Figuren („Die Aufhockung“, 1980, „Die Beute“, 1972, „Die Dressur“, 1965) wird hier abermals verwendet. Man sieht eine als Mars gekennzeichnete Symbolfigur auf einer anderen Figur reiten, die durch ihre Fortbewegung auf einer Lafette als ausgebeutetes Arbeitstier und „Kanonenfutter“ kenntlich gemacht ist. Der Dressurakt wird in der grünen Landzone der unteren Bildhälfte durch eine mörderische Szene ergänzt, die unschwer als eine allegorische Chiffre der Ausrottung von Exoten und des fortgesetzten Lebensentzugs der Bevölkerung in diesem Kontinent gelesen werden kann.
Dort identifiziert und solidarisiert sich Lassnig wie so häufig mit dem ausgebeuteten Teil der Natur, der hier in Trophäengestalt eines wie gekreuzigt ausgebreiteten Leopardenfells erscheint und mit dem Selbstbildnis der Künstlerin verschmolzen ist. Mitleiden mit der ausgebeuteten Natur, Mitgefühl für die ausgerottete Kreatur, ein Hauptthema in den Selbstbildnissen mit Tier, bedeutet stets auch eine indirekte Kritik an den gewaltförmigen Mitteln der Naturbeherrschung. Dieser Aspekt kommt in diesem Gemälde besonders gut zum Ausdruck.
Peter Gorsen – aus: Die Kunst der guten und schlechten Gefühle
Texte aus dem oben angeführten Katalog.

... Maria Lassnig was hardly ever interested in the narrative content of her pictures, but in retrospect they could take on a narrative, often ironic or critical character through their titles. This was the case with some of the pictures from the mid-sixties, such as "The Grumpy Hero", "Patriotic Family", "The Dictators", "Dressage", or with some of those created since her return to Vienna, such as "Wild Animals Are Endangered", "I Carry the Responsibility", "Midlife" or "The Prodigal Son". The narrative element always took on heightened significance for the artist when external impressions, experiences, and events were stronger than her power of sublimation, more vehement than her otherwise so pronounced talent for transforming external experiences into internal experiences and translating these in turn into painting. ...
Wolfgang Drechsler - from: Außen und Innen. Zur Malerei von Maria Lassnig

"Wilde Tiere sind gefährdet" a colossal format painting from 1980 revealing of Lassnig's deductive composition style, freely transfers the geographical outline of South America’s Caribbean coast onto canvas. The area of blue water depicts an apocalyptic mushroom cloud and next to it, also in profile, is an allegorical allusion to Latin America's dependence on the USA. The depiction of two piggybacked figures ("Die Aufhockung", 1980, "Die Beute", 1972, "Die Dressur", 1965), which occurs repeatedly in Lassnig's work, often with anti-patriarchal overtones, is deployed again here. A symbolic figure identifiable as Mars is seen riding on another figure, represented as an exploited workhorse and "cannon fodder" by its movement on a gun barrel. This performance is complemented by a murderous scene in the green land area in the lower half of the picture that can easily be read as an allegorical cipher of the extermination of exotic species and the continued draining of life from the population on this continent. Here, as so often, Lassnig identifies and shows solidarity with the exploited part of nature, which appears in the form of a leopard skin trophy spread out as if crucified and is fused with the artist's self-portrait. Compassion for exploited nature and compassion for the exterminated creature are main themes in the artist’s self-portraits with animals, and are always intended as an indirect criticism of controlling nature through violence. This aspect is particularly well expressed in the present painting.
Peter Gorsen - from: Die Kunst der guten und schlechten Gefühle
Texts from the aforementioned catalogue.

Our thanks to the Maria Lassnig Foundation, especially to
Johanna Ortner.

…Malerei ist als elementare Tätigkeit mein Meditationsinstrument, ich brauche keinen Shrink (Psychiater) oder Guru.

... Painting as a fundamental activity is my instrument of meditation, I don’t need a shrink (psychiatrist) or guru.
Maria Lassnig 1980

Esperta: Mag. Elke Königseder Mag. Elke Königseder
+43-1-515 60-358

elke.koenigseder@dorotheum.at


Hotline dell'acquirente lun-ven: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Asta: Arte contemporanea I
Tipo d'asta: Asta in sala con Live Bidding
Data: 23.06.2021 - 16:00
Luogo dell'asta: Wien | Palais Dorotheum
Esposizione: 17.06. - 23.06.2021


** Prezzo d'acquisto comprensivo di tassa di vendita e IVA

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