Lot Nr. 738


Eberhard Havekost *


(Dresden 1967 geb.)
“Blau”, 1998, rückseitig betitelt, signiert, datiert Havekost M98, Öl auf Leinwand, 200 x 140 cm, (PP)

Provenienz:
Galerie Gebr. Lehmann, Dresden
Europäische Privatsammlung

In seinen Werken verwendet Havekost Medienbilder aus Fernsehen und Tageszeitungen und adaptiert auch Motive aus seinen eigenen Fotografien, die er dann am Computer manipuliert. Nichtsdestotrotz entspricht Havekosts Arbeit – anders als die Gerhard Richters – nicht dem skeptischen Versuch eines Malers, den Wert des fotografischen Sujets zu erhöhen, sondern er befasst sich mit der skeptischen Art, die den Umgang der Medien mit der Fotografie als Dokumentation kennzeichnet.
Havekost betrachtet die Fotografie als ein Mittel, um Distanz zu schaffen. Letztere wird ferner durch die technischen Prozesse des Scannens und der digitalen Manipulation der Bilder auf dem Weg zum gemalten Bild intensiviert. Ziel dieser Methode ist es, das Physische bzw. das Private, wie sie der Künstler bezeichnet, zugunsten der Struktur bzw. der Fassade zurücktreten zu lassen. Das Ergebnis dieser kreativen Strategie sind Werke, die zwischen aseptischer Beschreibung und hochemotionaler Präsentation schwanken. Gemälde, die die Fähigkeit besitzen, in dem Betrachter auch ein echtes Gefühl der Verwirrung in Bezug auf ihre Urheberschaft hervorzurufen, können diametral entgegengesetzt zu ihrer malerischen Ausführung erscheinen.
Das vorliegende Werk ist ein von Havekosts geometrisch aufgebautes „technoiden“ Gemälde. Im Gegensatz zu seinen frei gemalten „organischen“ Arbeiten, werden diese Gebäude menschenleer dargestellt. Der Wohnblock ist so gemalt, als ob er ein Fernsehbild mit aneinandergereihten Farbstreifen wäre. Ein Spiel von Verkehrungen schafft eine schwankende Fläche, die in klar umrissene Streifen geteilt wird, ohne dass sie allerdings eine qualitative Unterscheidung herbeiführt. Was hier gemalt ist, ist keine soziale Struktur, die wir mit den traditionellen Mitteln der Sozialwissenschaften interpretieren können, sondern die Auflösung jener Form der gesellschaftlichen Wirklichkeit in einen virtuellen Raum, den Nicht-Ort von „Fenstern“. Die universelle Verfügbarkeit und der Nicht-Ort gehören zu den Eigenschaften, die das paradigmatische elektronische Medium mit den Objekten der Darstellung teilt. Havekosts Gemälde entlarven eine universelle, televisuelle Situation, in der es unmöglich ist, zwischen dargestelltem Objekt und dessen Darstellung zu unterscheiden.
Havekosts Gemälde fordern uns auf, eine Erzählung zu konstruieren und assoziative Felder zu schaffen, indem sie uns plötzlich inmitten des Überschusses an Bildern aus unserem mediensaturierten Leben aufhalten und uns dazu bringen, mit Zweifeln und wachsendem Verdacht eine unerwartete Tiefe hinter diesen bemalten Flächen zu entdecken.

Expertin: Mag. Patricia Pálffy Mag. Patricia Pálffy
+43-1-515 60-386

patricia.palffy@dorotheum.at

10.06.2015 - 19:00

Schätzwert:
EUR 40.000,- bis EUR 60.000,-

Eberhard Havekost *


(Dresden 1967 geb.)
“Blau”, 1998, rückseitig betitelt, signiert, datiert Havekost M98, Öl auf Leinwand, 200 x 140 cm, (PP)

Provenienz:
Galerie Gebr. Lehmann, Dresden
Europäische Privatsammlung

In seinen Werken verwendet Havekost Medienbilder aus Fernsehen und Tageszeitungen und adaptiert auch Motive aus seinen eigenen Fotografien, die er dann am Computer manipuliert. Nichtsdestotrotz entspricht Havekosts Arbeit – anders als die Gerhard Richters – nicht dem skeptischen Versuch eines Malers, den Wert des fotografischen Sujets zu erhöhen, sondern er befasst sich mit der skeptischen Art, die den Umgang der Medien mit der Fotografie als Dokumentation kennzeichnet.
Havekost betrachtet die Fotografie als ein Mittel, um Distanz zu schaffen. Letztere wird ferner durch die technischen Prozesse des Scannens und der digitalen Manipulation der Bilder auf dem Weg zum gemalten Bild intensiviert. Ziel dieser Methode ist es, das Physische bzw. das Private, wie sie der Künstler bezeichnet, zugunsten der Struktur bzw. der Fassade zurücktreten zu lassen. Das Ergebnis dieser kreativen Strategie sind Werke, die zwischen aseptischer Beschreibung und hochemotionaler Präsentation schwanken. Gemälde, die die Fähigkeit besitzen, in dem Betrachter auch ein echtes Gefühl der Verwirrung in Bezug auf ihre Urheberschaft hervorzurufen, können diametral entgegengesetzt zu ihrer malerischen Ausführung erscheinen.
Das vorliegende Werk ist ein von Havekosts geometrisch aufgebautes „technoiden“ Gemälde. Im Gegensatz zu seinen frei gemalten „organischen“ Arbeiten, werden diese Gebäude menschenleer dargestellt. Der Wohnblock ist so gemalt, als ob er ein Fernsehbild mit aneinandergereihten Farbstreifen wäre. Ein Spiel von Verkehrungen schafft eine schwankende Fläche, die in klar umrissene Streifen geteilt wird, ohne dass sie allerdings eine qualitative Unterscheidung herbeiführt. Was hier gemalt ist, ist keine soziale Struktur, die wir mit den traditionellen Mitteln der Sozialwissenschaften interpretieren können, sondern die Auflösung jener Form der gesellschaftlichen Wirklichkeit in einen virtuellen Raum, den Nicht-Ort von „Fenstern“. Die universelle Verfügbarkeit und der Nicht-Ort gehören zu den Eigenschaften, die das paradigmatische elektronische Medium mit den Objekten der Darstellung teilt. Havekosts Gemälde entlarven eine universelle, televisuelle Situation, in der es unmöglich ist, zwischen dargestelltem Objekt und dessen Darstellung zu unterscheiden.
Havekosts Gemälde fordern uns auf, eine Erzählung zu konstruieren und assoziative Felder zu schaffen, indem sie uns plötzlich inmitten des Überschusses an Bildern aus unserem mediensaturierten Leben aufhalten und uns dazu bringen, mit Zweifeln und wachsendem Verdacht eine unerwartete Tiefe hinter diesen bemalten Flächen zu entdecken.

Expertin: Mag. Patricia Pálffy Mag. Patricia Pálffy
+43-1-515 60-386

patricia.palffy@dorotheum.at


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Zeitgenössische Kunst, Teil 1
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 10.06.2015 - 19:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 30.05. - 10.06.2015