Lot Nr. 89


Römische Schule, 17. Jahrhundert


Römische Schule, 17. Jahrhundert - Alte Meister

Rinaldo und Armida auf dem Schlachtfeld,
Öl auf Leinwand, 74 x 292,5 cm, gerahmt

Provenienz:
vermutlich Sammlung Kardinal Pompeo Aldrovandi (1668–1752), Rom, 1736;
europäische Privatsammlung

Dokumentation:
vermutlich Inventario delle Pitture, e Statue esistenti nell’Appartamento dell’Emo, e Rmo Sig: Carde,: Pompeo Aldrovandi, 1736, Bd. 78, Nr. 12, fol. 13, Quinta Stanza, Nr. 124: „Due Quadri assai bislunghi, rappresentanti uno La Battaglia d’Armida con Rinaldo, L’altro la Liberazione de due Condannat ad esser abbruciati, e liberati da Arminia, favole del Tasso, di mano di Michelangelo delle Battaglie“

Das vorliegende Gemälde zeigt die Begegnung zwischen dem Kreuzfahrer Rinaldo und der Zauberin Armida aus Torquato Tassos epischem Gedicht La Gerusalemme liberata, das sich bis zum Ende des 18. Jahrhunderts in ganz Europa großer Beliebtheit erfreute.

In der letzten Schlacht zwischen Christen und Heiden treffen die beiden Liebenden auf dem Schlachtfeld aufeinander (XX. Gesang, Strophen LXI und LXII):

[…] sul carro aurato,
Stavasi Armida in militar sembianti:
E nobil guardia avea da ciascun lato
De’ baroni seguaci, e degli amanti.
Noto a più segni, egli è da lei mirato
Con occhj d’ira e di desio tremanti.
Ei si tramuta in volto un cotal poco:
Ella si fa di gel, divien poi foco.
[…] Ella stessa in sull’arco ha già lo strale.
Spingea le mani e incrudelia lo sdegno:
Ma le placava, e n’era Amor ritegno.

[…] auf dem goldnen Wagen
Armida steht in kriegerischer Tracht,
Wo des Gefolges Ritter sie umragen,
Zusammt der Bulen Schaar, als Edelwacht.
Sie kennt ihn gleich, und ihre Blicke sagen,
Wie Rachgier bald, bald Sehnsucht sie durchfacht.
Er wandelt sich ein wenig im Gesichte,
Sie wird wie Eis, dann flammt sie gleich dem Lichte.
[…] Armida selbst hat schon den Pfeil gefasst.
Zorn treibt die Hand zu grausam heft’gem Walten,
Doch Liebe fleht und will zurück sie halten.

Der literarischen Quelle folgend ist Armida im vorliegenden Werk in Rüstung auf dem Streitwagen auf der linken Seite des Bildes dargestellt, wobei sie ihren Bogen in Richtung Rinaldo spannt. Rinaldo, ein angesehener Soldat und Anführer der christlichen Truppen, erscheint in voller Rüstung zu Pferde und erhebt seinen Säbel, um gegen zwei Heiden in der Mitte der Komposition zu kämpfen. Über der heidnischen Zauberin zielt Amor mit seinem Bogen auf sie, um zu verhindern, dass ihre Pfeile Rinaldo tödlich treffen. Die Darstellung dieses Aspekts des Themas scheint einzigartig: Während Künstler gewöhnlich die Episode von Rinaldo und Armida auf der verzauberten Insel darstellten, wurde hier der Moment höchster Spannung gewählt: der mögliche Tod des Paares auf dem Schlachtfeld.

Das Querformat des Gemäldes deutet auf seine Bestimmung als Supraporte hin, vermutlich als Teil eines Zyklus zusammen mit anderen Episoden aus Tassos Gedicht. Das Format unterstreicht die Bilderzählung und erinnert an antike Schlachtenfriese.

In den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts, als weite Teile Europas durch den Dreißigjährigen Krieg schwer erschüttert wurden, herrschte in Italien ein stabiler Frieden – und gerade in dieser ungewöhnlich ruhigen Zeit gewann die neue Bildgattung der Schlachtenszene beständig an Beliebtheit. Gemälde mit Schlachtenszenen fanden bei römischen und neapolitanischen Adeligen Gefallen, die die Wände ihrer Salons gerne mit Bildern schmückten, die Heldentaten oder ganze Kämpfe darstellten, Patriotismus und kriegerisches Geschick verherrlichten: Tugenden, mit denen sie sich gerne identifizieren wollten. Auch die katholische Kirche stand bei der Vergabe von Aufträgen an vorderster Front und beauftragte Künstler mit der Darstellung der spektakulären Triumphe des Christentums über die Ungläubigen, was zu einem wiederkehrenden ikonografischen Motiv von hoher Andachtswürdigkeit avancierte.

Unter dem Einfluss von Künstlern wie Aniello Falcone und Salvator Rosa, die ihrerseits von den französischen Klassizisten Nicholas Poussin und Claude Lorrain beeinflusst waren, erschienen in Rom und Neapel im Laufe des 17. Jahrhunderts eine Reihe erfolgreicher Schlachtenmaler auf der Bildfläche, darunter Jacques Curtois, Il Borgognone, Andrea di Lione oder Francesco Allegrini da Gubbio.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

03.05.2023 - 18:00

Schätzwert:
EUR 40.000,- bis EUR 60.000,-

Römische Schule, 17. Jahrhundert


Rinaldo und Armida auf dem Schlachtfeld,
Öl auf Leinwand, 74 x 292,5 cm, gerahmt

Provenienz:
vermutlich Sammlung Kardinal Pompeo Aldrovandi (1668–1752), Rom, 1736;
europäische Privatsammlung

Dokumentation:
vermutlich Inventario delle Pitture, e Statue esistenti nell’Appartamento dell’Emo, e Rmo Sig: Carde,: Pompeo Aldrovandi, 1736, Bd. 78, Nr. 12, fol. 13, Quinta Stanza, Nr. 124: „Due Quadri assai bislunghi, rappresentanti uno La Battaglia d’Armida con Rinaldo, L’altro la Liberazione de due Condannat ad esser abbruciati, e liberati da Arminia, favole del Tasso, di mano di Michelangelo delle Battaglie“

Das vorliegende Gemälde zeigt die Begegnung zwischen dem Kreuzfahrer Rinaldo und der Zauberin Armida aus Torquato Tassos epischem Gedicht La Gerusalemme liberata, das sich bis zum Ende des 18. Jahrhunderts in ganz Europa großer Beliebtheit erfreute.

In der letzten Schlacht zwischen Christen und Heiden treffen die beiden Liebenden auf dem Schlachtfeld aufeinander (XX. Gesang, Strophen LXI und LXII):

[…] sul carro aurato,
Stavasi Armida in militar sembianti:
E nobil guardia avea da ciascun lato
De’ baroni seguaci, e degli amanti.
Noto a più segni, egli è da lei mirato
Con occhj d’ira e di desio tremanti.
Ei si tramuta in volto un cotal poco:
Ella si fa di gel, divien poi foco.
[…] Ella stessa in sull’arco ha già lo strale.
Spingea le mani e incrudelia lo sdegno:
Ma le placava, e n’era Amor ritegno.

[…] auf dem goldnen Wagen
Armida steht in kriegerischer Tracht,
Wo des Gefolges Ritter sie umragen,
Zusammt der Bulen Schaar, als Edelwacht.
Sie kennt ihn gleich, und ihre Blicke sagen,
Wie Rachgier bald, bald Sehnsucht sie durchfacht.
Er wandelt sich ein wenig im Gesichte,
Sie wird wie Eis, dann flammt sie gleich dem Lichte.
[…] Armida selbst hat schon den Pfeil gefasst.
Zorn treibt die Hand zu grausam heft’gem Walten,
Doch Liebe fleht und will zurück sie halten.

Der literarischen Quelle folgend ist Armida im vorliegenden Werk in Rüstung auf dem Streitwagen auf der linken Seite des Bildes dargestellt, wobei sie ihren Bogen in Richtung Rinaldo spannt. Rinaldo, ein angesehener Soldat und Anführer der christlichen Truppen, erscheint in voller Rüstung zu Pferde und erhebt seinen Säbel, um gegen zwei Heiden in der Mitte der Komposition zu kämpfen. Über der heidnischen Zauberin zielt Amor mit seinem Bogen auf sie, um zu verhindern, dass ihre Pfeile Rinaldo tödlich treffen. Die Darstellung dieses Aspekts des Themas scheint einzigartig: Während Künstler gewöhnlich die Episode von Rinaldo und Armida auf der verzauberten Insel darstellten, wurde hier der Moment höchster Spannung gewählt: der mögliche Tod des Paares auf dem Schlachtfeld.

Das Querformat des Gemäldes deutet auf seine Bestimmung als Supraporte hin, vermutlich als Teil eines Zyklus zusammen mit anderen Episoden aus Tassos Gedicht. Das Format unterstreicht die Bilderzählung und erinnert an antike Schlachtenfriese.

In den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts, als weite Teile Europas durch den Dreißigjährigen Krieg schwer erschüttert wurden, herrschte in Italien ein stabiler Frieden – und gerade in dieser ungewöhnlich ruhigen Zeit gewann die neue Bildgattung der Schlachtenszene beständig an Beliebtheit. Gemälde mit Schlachtenszenen fanden bei römischen und neapolitanischen Adeligen Gefallen, die die Wände ihrer Salons gerne mit Bildern schmückten, die Heldentaten oder ganze Kämpfe darstellten, Patriotismus und kriegerisches Geschick verherrlichten: Tugenden, mit denen sie sich gerne identifizieren wollten. Auch die katholische Kirche stand bei der Vergabe von Aufträgen an vorderster Front und beauftragte Künstler mit der Darstellung der spektakulären Triumphe des Christentums über die Ungläubigen, was zu einem wiederkehrenden ikonografischen Motiv von hoher Andachtswürdigkeit avancierte.

Unter dem Einfluss von Künstlern wie Aniello Falcone und Salvator Rosa, die ihrerseits von den französischen Klassizisten Nicholas Poussin und Claude Lorrain beeinflusst waren, erschienen in Rom und Neapel im Laufe des 17. Jahrhunderts eine Reihe erfolgreicher Schlachtenmaler auf der Bildfläche, darunter Jacques Curtois, Il Borgognone, Andrea di Lione oder Francesco Allegrini da Gubbio.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com


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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 03.05.2023 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 22.04. - 03.05.2023