Lot Nr. 33


Flämische Schule, 17. Jahrhundert


Der heilige Franziskus in Anbetung des Kreuzes,
Öl auf Holz, rückseitig mit dem Brandzeichen der Antwerpener Tafelmacherzunft und dem Stempel Lambrecht Steens’ (tätig um 1608–1632), 73,5 x 55,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Auktion, Hôtel Drouot, Paris, 8. Dezember 1943 (als Peter Paul Rubens);
Sammlung Albin von Prybram-Gladona (1890–1974) und seiner Frau Charlotte von Prybram-Gladona (1910–2002), Zürich/München/Salzburg;
Weitergabe im Erbgang

Dieses bemerkenswert gut erhaltene Tafelbild von verblüffender Unmittelbarkeit und Ausdruckssterke zeigt den heiligen Franziskus, der über dem Kreuz meditiert. Die packende Kraft des Gemäldes rührt von der strengen und intensiven spirituellen Präsenz des heiligen Franziskus her, der in einem Moment tiefster Kontemplation festgehalten ist. Die Kapuze des Heiligen fällt auf den Rücken, das von Tränen gezeichnete Gesicht ist offen zur Schau gestellt, während er mit voller Aufmerksamkeit das Kruzifix anblickt und dabei seine Hände hebt, die von den Stigmata, den Wunden Christi, gezeichnet sind. Abgesehen vom auffälligen Fehlen des Totenschädels ist der Heilige mit den mit ihm verbundenen Symbolen, die mit seiner Heiligkeit einhergehen, wie dem bereits erwähnten Kreuz und dem offenen Buch, das auf seine Andacht verweist, umgeben. Die eingeschränkte Farbpalette und die schlichte Kulisse einer undeutlich wiedergegebenen Grotte sorgen dafür, dass nichts von der aufrichtigen Meditation des heiligen Franziskus ablenkt.

Die Menschlichkeit des Sohnes einer reichen Kaufmannsfamilie, der auf alle weltlichen Besitztümer verzichtete, um im 13. Jahrhundert den die Armut predigenden Franziskanerorden zu gründen, übte in der Gegenreformation eine besondere Anziehungskraft aus. Die Franziskaner gehörten zu den religiösen Reformorden, deren Predigttätigkeit dazu beitrug, die römisch-katholische Kirche in den Südlichen Niederlanden wiederzubeleben, nachdem es dort in den Jahren um 1500 zu religiösen und politischen Unruhen und zu den Ausbrüchen des Bildersturms gekommen war. Tatsächlich war der traditionelle Heiligenkult eine der effektivsten Propagandamaßnahmen, die der Gegenreformation zur Verfügung standen. Man ermunterte enthusiastisch zur Heiligenverehrung, um die Gläubigen zu neuen und inbrünstigeren Andachten anzuhalten. Ein Schlüsselvertreter dieser Maßnahmen war der große flämische Maler Peter Paul Rubens (1577–1640), bei dessen Gemälden der Fokus ganz auf der katholischen Lehre lag.

Die meisterhafte Ausführung des vorliegenden Gemäldes genügte, um die führenden Experten des 20. Jahrhunderts, u. a. Wilhelm Valentiner, Hermann Voss, Justus Müller Hofstede, Erik Larsen, Max J. Friedländer und den renommierten Rubens-Gelehrten Ludwig Burchard zu überzeugen, dass es sich bei dem vorliegenden Gemälde um ein völlig authentisches Werk Rubens’ handelte (schriftliche Mitteilungen in Kopie). Burchard hatte das Gemälde zuerst in Rubens Antwerpen-Jahre zwischen 1610 und 1620 datiert. Rubens kehrte mehrere Male in seiner Laufbahn zur Figur des heiligen Franziskus zurück, darunter bei dem Gemälde Der heilige Franziskus von 1615, das sich im Art Institute Chicago (Inv.-Nr. 1983.372) befindet, und einem weiteren Bild Der heilige Franz von Assisi erhält die Wundmale von 1633, das im Museum voor Schone Kunsten in Gent (Inv.-Nr. S-9) aufbewahrt wird. Es wurde eine alternative Zuschreibung an Abraham van Diepenbeeck (1596–1675) vorgeschlagen.

Experte: Dr. Alexander Strasoldo Dr. Alexander Strasoldo
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

24.04.2024 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 80.600,-
Schätzwert:
EUR 30.000,- bis EUR 40.000,-

Flämische Schule, 17. Jahrhundert


Der heilige Franziskus in Anbetung des Kreuzes,
Öl auf Holz, rückseitig mit dem Brandzeichen der Antwerpener Tafelmacherzunft und dem Stempel Lambrecht Steens’ (tätig um 1608–1632), 73,5 x 55,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Auktion, Hôtel Drouot, Paris, 8. Dezember 1943 (als Peter Paul Rubens);
Sammlung Albin von Prybram-Gladona (1890–1974) und seiner Frau Charlotte von Prybram-Gladona (1910–2002), Zürich/München/Salzburg;
Weitergabe im Erbgang

Dieses bemerkenswert gut erhaltene Tafelbild von verblüffender Unmittelbarkeit und Ausdruckssterke zeigt den heiligen Franziskus, der über dem Kreuz meditiert. Die packende Kraft des Gemäldes rührt von der strengen und intensiven spirituellen Präsenz des heiligen Franziskus her, der in einem Moment tiefster Kontemplation festgehalten ist. Die Kapuze des Heiligen fällt auf den Rücken, das von Tränen gezeichnete Gesicht ist offen zur Schau gestellt, während er mit voller Aufmerksamkeit das Kruzifix anblickt und dabei seine Hände hebt, die von den Stigmata, den Wunden Christi, gezeichnet sind. Abgesehen vom auffälligen Fehlen des Totenschädels ist der Heilige mit den mit ihm verbundenen Symbolen, die mit seiner Heiligkeit einhergehen, wie dem bereits erwähnten Kreuz und dem offenen Buch, das auf seine Andacht verweist, umgeben. Die eingeschränkte Farbpalette und die schlichte Kulisse einer undeutlich wiedergegebenen Grotte sorgen dafür, dass nichts von der aufrichtigen Meditation des heiligen Franziskus ablenkt.

Die Menschlichkeit des Sohnes einer reichen Kaufmannsfamilie, der auf alle weltlichen Besitztümer verzichtete, um im 13. Jahrhundert den die Armut predigenden Franziskanerorden zu gründen, übte in der Gegenreformation eine besondere Anziehungskraft aus. Die Franziskaner gehörten zu den religiösen Reformorden, deren Predigttätigkeit dazu beitrug, die römisch-katholische Kirche in den Südlichen Niederlanden wiederzubeleben, nachdem es dort in den Jahren um 1500 zu religiösen und politischen Unruhen und zu den Ausbrüchen des Bildersturms gekommen war. Tatsächlich war der traditionelle Heiligenkult eine der effektivsten Propagandamaßnahmen, die der Gegenreformation zur Verfügung standen. Man ermunterte enthusiastisch zur Heiligenverehrung, um die Gläubigen zu neuen und inbrünstigeren Andachten anzuhalten. Ein Schlüsselvertreter dieser Maßnahmen war der große flämische Maler Peter Paul Rubens (1577–1640), bei dessen Gemälden der Fokus ganz auf der katholischen Lehre lag.

Die meisterhafte Ausführung des vorliegenden Gemäldes genügte, um die führenden Experten des 20. Jahrhunderts, u. a. Wilhelm Valentiner, Hermann Voss, Justus Müller Hofstede, Erik Larsen, Max J. Friedländer und den renommierten Rubens-Gelehrten Ludwig Burchard zu überzeugen, dass es sich bei dem vorliegenden Gemälde um ein völlig authentisches Werk Rubens’ handelte (schriftliche Mitteilungen in Kopie). Burchard hatte das Gemälde zuerst in Rubens Antwerpen-Jahre zwischen 1610 und 1620 datiert. Rubens kehrte mehrere Male in seiner Laufbahn zur Figur des heiligen Franziskus zurück, darunter bei dem Gemälde Der heilige Franziskus von 1615, das sich im Art Institute Chicago (Inv.-Nr. 1983.372) befindet, und einem weiteren Bild Der heilige Franz von Assisi erhält die Wundmale von 1633, das im Museum voor Schone Kunsten in Gent (Inv.-Nr. S-9) aufbewahrt wird. Es wurde eine alternative Zuschreibung an Abraham van Diepenbeeck (1596–1675) vorgeschlagen.

Experte: Dr. Alexander Strasoldo Dr. Alexander Strasoldo
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 24.04.2024 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 13.04. - 24.04.2024


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

Es können keine Kaufaufträge über Internet mehr abgegeben werden. Die Auktion befindet sich in Vorbereitung bzw. wurde bereits durchgeführt.