Lot Nr. 109 -


Melchior d’Hondecoeter


(Utrecht 1636–1695 Amsterdam)
Ein Wiedehopf, ein Sittich und eine Schwalbe mit einem Köcher, Pfeilen, einem Bogen und einem Netz auf einer Marmorbrüstung,
Öl auf Leinwand, 116 x 124 cm, gerahmt

Wir danken Fred G. Meijer, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes bestätigt hat.

Melchior d’Hondecoeter, genannt „Raffael der Vögel“, ist einer der bekanntesten und bewundertsten Tiermaler des 17. Jahrhunderts. Der aus einer Malerfamilie stammende Künstler begann seine Ausbildung bei seinem Vater, bevor er bei seinem Onkel, dem Maler Jan Baptist Weenix (1621–1659), in die Lehre ging, bei dem er Maltechnik und Farbpalette ausbildete. Schon früh wurde die Darstellung von Vögeln zu seinem bevorzugten Sujet. Häufig sind seine Werke von einer moralisierenden Absicht getragen, indem er sich auf Fabeln beruft oder das Federvieh gegenüber den Wildvögeln preist, waren es doch die ersten Tiere, die in den Dienst des Menschen gestellt wurden. Diese Vorliebe wurde von seinen holländischen Zeitgenossen sehr geschätzt, da sie sich mit dem Lob der Arbeit als festem Bestandteil ihrer Religion deckte.

Das vorliegende Gemälde spiegelt deutlich das Prestige der Jagd und ihre Beliebtheit bei d’Hondecoeters aristokratischer Klientel wider; in diesem Fall geht es um die Jagd mit dem Pfeil. Köcher, Bogen, Pfeil und Netz sind wunderschön wiedergegeben und ragen in einem packenden „Trompe-l’œil“ aus der Maloberfläche hinaus in Richtung Betrachter. Obwohl d’Hondecoeter die meisten seiner Wildstillleben zu einem relativ frühen Zeitpunkt seiner Laufbahn schuf, scheint das vorliegende Gemälde eher mit einem Paar Jagdstillleben aus der Zeit um 1678 vergleichbar, das sich heute im Rijksmuseum in Amsterdam befindet (Inv.-Nr. SK-A-170 und SK-A-171), so dass ein relativ spätes Entstehungsjahr und eine reife Schaffensphase zu vermuten sind.

Fred G. Meijer hat erwogen, dass das vorliegende Gemälde zu einer Gruppe von mindestens zwei weiteren Gemälden gehören könnte, die kürzlich in Paris verkauft wurden (siehe Auktion, Sotheby’s, Paris, 15. Juni 2021, Lot 32, Stillleben mit Reiher und blauem Vorhang, 116,5 x 125,2 cm, und Stillleben mit Hirsch und rotem Vorhang, 116,8 x 125,3 cm). Ein weiteres vergleichbares Gemälde mit demselben Marmorsims von identischer Breite und einer ähnlichen dekorativen Platzierung der Vögel am Himmel könnte ebenfalls als Teil der Gruppe gedacht gewesen sein. Dieses Werk ist signiert und mit 1685 datiert und wurde 1958 in der Sammlung von Lord Crawford erwähnt. Es liegt daher nahe, auch das vorliegende Gemälde in die Zeit um 1685 zu datieren.

Mit diesem ambitionierten Stillleben hat der Künstler sein Talent für die Darstellung des Tierreichs mit Finesse eingesetzt. Vor allem aber zeigt sich in der Originalität der Komposition die Fähigkeit des Künstlers, dem Genre neues Leben einzuhauchen, wodurch das Gemälde dem Höhepunkt seiner Schaffenszeit zugewiesen werden kann. Wie bei den meisten Hauptwerken des Künstlers finden sich einzelne Vögel auch in anderen Kompositionen wieder. Der Wiedehopf, der auf dem Korb des vorliegenden Gemäldes sitzt, taucht in einem Gemälde im Rijksmuseum in Amsterdam wieder auf (Inv.-Nr. SK-A-695). Ein weiteres vergleichbares Werk, Die Menagerie, war für Het Loo, den Palast von Wilhelm III., bestimmt. Es hing über der Tür des Privatgemachs des Königs und wird heute im Rijksmuseum in Amsterdam aufbewahrt (Inv.-Nr. SK-A-173). Sehr auffällig bei dem jetzt wiederentdeckten Gemälde ist die sorgfältig beobachtete und inszenierte Interaktion zwischen den Vögeln innerhalb der Komposition, die nicht nur nach einem dekorativen Schema angeordnet sind, sondern aufeinander oder in diesem Fall scheinbar missbilligend auf die Jagdausrüstung reagieren. Zeitgenossen lobten einhellig diese Gabe, das Verhalten seiner Lieblingsmotive zu beobachten und realistisch darzustellen.

Experte: Dr. Alexander Strasoldo Dr. Alexander Strasoldo
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

24.04.2024 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 183.625,-
Schätzwert:
EUR 80.000,- bis EUR 120.000,-

Melchior d’Hondecoeter


(Utrecht 1636–1695 Amsterdam)
Ein Wiedehopf, ein Sittich und eine Schwalbe mit einem Köcher, Pfeilen, einem Bogen und einem Netz auf einer Marmorbrüstung,
Öl auf Leinwand, 116 x 124 cm, gerahmt

Wir danken Fred G. Meijer, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes bestätigt hat.

Melchior d’Hondecoeter, genannt „Raffael der Vögel“, ist einer der bekanntesten und bewundertsten Tiermaler des 17. Jahrhunderts. Der aus einer Malerfamilie stammende Künstler begann seine Ausbildung bei seinem Vater, bevor er bei seinem Onkel, dem Maler Jan Baptist Weenix (1621–1659), in die Lehre ging, bei dem er Maltechnik und Farbpalette ausbildete. Schon früh wurde die Darstellung von Vögeln zu seinem bevorzugten Sujet. Häufig sind seine Werke von einer moralisierenden Absicht getragen, indem er sich auf Fabeln beruft oder das Federvieh gegenüber den Wildvögeln preist, waren es doch die ersten Tiere, die in den Dienst des Menschen gestellt wurden. Diese Vorliebe wurde von seinen holländischen Zeitgenossen sehr geschätzt, da sie sich mit dem Lob der Arbeit als festem Bestandteil ihrer Religion deckte.

Das vorliegende Gemälde spiegelt deutlich das Prestige der Jagd und ihre Beliebtheit bei d’Hondecoeters aristokratischer Klientel wider; in diesem Fall geht es um die Jagd mit dem Pfeil. Köcher, Bogen, Pfeil und Netz sind wunderschön wiedergegeben und ragen in einem packenden „Trompe-l’œil“ aus der Maloberfläche hinaus in Richtung Betrachter. Obwohl d’Hondecoeter die meisten seiner Wildstillleben zu einem relativ frühen Zeitpunkt seiner Laufbahn schuf, scheint das vorliegende Gemälde eher mit einem Paar Jagdstillleben aus der Zeit um 1678 vergleichbar, das sich heute im Rijksmuseum in Amsterdam befindet (Inv.-Nr. SK-A-170 und SK-A-171), so dass ein relativ spätes Entstehungsjahr und eine reife Schaffensphase zu vermuten sind.

Fred G. Meijer hat erwogen, dass das vorliegende Gemälde zu einer Gruppe von mindestens zwei weiteren Gemälden gehören könnte, die kürzlich in Paris verkauft wurden (siehe Auktion, Sotheby’s, Paris, 15. Juni 2021, Lot 32, Stillleben mit Reiher und blauem Vorhang, 116,5 x 125,2 cm, und Stillleben mit Hirsch und rotem Vorhang, 116,8 x 125,3 cm). Ein weiteres vergleichbares Gemälde mit demselben Marmorsims von identischer Breite und einer ähnlichen dekorativen Platzierung der Vögel am Himmel könnte ebenfalls als Teil der Gruppe gedacht gewesen sein. Dieses Werk ist signiert und mit 1685 datiert und wurde 1958 in der Sammlung von Lord Crawford erwähnt. Es liegt daher nahe, auch das vorliegende Gemälde in die Zeit um 1685 zu datieren.

Mit diesem ambitionierten Stillleben hat der Künstler sein Talent für die Darstellung des Tierreichs mit Finesse eingesetzt. Vor allem aber zeigt sich in der Originalität der Komposition die Fähigkeit des Künstlers, dem Genre neues Leben einzuhauchen, wodurch das Gemälde dem Höhepunkt seiner Schaffenszeit zugewiesen werden kann. Wie bei den meisten Hauptwerken des Künstlers finden sich einzelne Vögel auch in anderen Kompositionen wieder. Der Wiedehopf, der auf dem Korb des vorliegenden Gemäldes sitzt, taucht in einem Gemälde im Rijksmuseum in Amsterdam wieder auf (Inv.-Nr. SK-A-695). Ein weiteres vergleichbares Werk, Die Menagerie, war für Het Loo, den Palast von Wilhelm III., bestimmt. Es hing über der Tür des Privatgemachs des Königs und wird heute im Rijksmuseum in Amsterdam aufbewahrt (Inv.-Nr. SK-A-173). Sehr auffällig bei dem jetzt wiederentdeckten Gemälde ist die sorgfältig beobachtete und inszenierte Interaktion zwischen den Vögeln innerhalb der Komposition, die nicht nur nach einem dekorativen Schema angeordnet sind, sondern aufeinander oder in diesem Fall scheinbar missbilligend auf die Jagdausrüstung reagieren. Zeitgenossen lobten einhellig diese Gabe, das Verhalten seiner Lieblingsmotive zu beobachten und realistisch darzustellen.

Experte: Dr. Alexander Strasoldo Dr. Alexander Strasoldo
+43 1 515 60 403

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Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 24.04.2024 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 13.04. - 24.04.2024


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer(für Lieferland Österreich)

Es können keine Kaufaufträge über Internet mehr abgegeben werden. Die Auktion befindet sich in Vorbereitung bzw. wurde bereits durchgeführt.