Lot Nr. 89


Jusepe de Ribera, gen. Spagnoletto


(Játiva 1591–1652 Neapel)
Der heilige Franziskus im Gebet,
rechts signiert und datiert: Jusepe de/Ribera/español/F./1648,
Öl auf Leinwand, 81,5 x 64,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Sammlung Cesáreo Aragón y Barroeta-Aldámar und seine Frau Blanca Carrillo de Albornoz y Elío, VI. Marquesa de Casa Torres, XVII. Vizcondesa de Baiguer, Madrid;
Weitergabe im Erbgang an deren Tochter, Marquesa de Casa Riera;
Weitergabe im Erbgang an deren Tochter, Duquesa de Medina de las Torres;
Weitergabe im Erbgang;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Wir danken Nicola Spinosa, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes bestätigt hat.

Die Darstellung des büßenden heiligen Franziskus, der mit einer rauen, abgetragenen Kutte bekleidet ist, war zur Zeit der Gegenreformation weit verbreitet und spiegelt ikonografisch den Zeitgeist wider (siehe S. Valenti Rodinò [Hg.], L'immagine di San Francesco nell'età della Controriforma, Ausstellungskatalog, Rom 1983).

Das vorliegende, unveröffentlichte Gemälde Jusepe de Riberas steht mit dem Gemälde Der Heilige Franziskus in Meditation von 1643, das im Palazzo Pitti in Florenz aufbewahrt wird (Inv. 1912 Nr. 73) in Beziehung, weist aber einige bedeutende Abweichungen auf. Auf dem Florentiner Franziskus hält der Protagonist einen Totenkopf in der Hand, ein Objekt der Meditation über die Sterblichkeit des Menschen, während der Heilige auf dem vorliegenden Gemälde mit der rechten Hand an der Brust einen Ausdruck der Reue zeigt – und in der linken Hand ein kleines Kruzifix hält.

Jusepe de Ribera stammte aus Játiva in Spanien und wurde als junger Mann möglicherweise zunächst in der Werkstatt von Francisco Ribalta ausgebildet, der eine wichtige Figur am Übergang vom Manierismus zu einem eher naturalistischen Stil war. Neuere Studien haben ergeben, dass Ribera 1606 aus Valencia nach Italien kam, um seine künstlerische Ausbildung zu vervollständigen; der Maler ließ sich in Rom nieder, wo er zehn Jahre lang blieb (siehe G. Porzio, A. d’Alessandro, Ribera between Rome and Naples: New Documentary Evidence, in: The Burlington Magazine, 157, 2015, S. 682 f.). 1616 zog der Künstler im Gefolge von Don Francisco Ruiz de Castro, der seit 1609 Botschafter Philipps III. am Heiligen Stuhl war und im Sommer 1616 das Amt des Vizekönigs von Sizilien antrat, nach Neapel. Ribera wurde schnell zum wichtigsten Maler der Stadt, betrieb eine florierende Werkstatt und hinterließ einen bleibenden Eindruck auf eine ganze Generation neuer neapolitanischer Künstler wie Giovanni Ricca, Francesco Guarino oder den sogenannten Meister der Verkündigung an die Hirten.

Bei der jüngsten Reinigung der vorliegenden Leinwand wurden die Signatur und die Jahreszahl 1648 entdeckt. Das Werk ist daher am Höhepunkt von Riberas Karriere anzusiedeln, kurz nachdem der Künstler die große, 1641 begonnene und 1647 fertiggestellte Kupfertafel Der heilige Januarius tritt unversehrt aus einem glühenden Ofen hervor an die Cappella del Tesoro di San Gennaro geliefert hatte. 1648 malte Ribera auch die Heilige Familie mit den Heiligen Anna und Katharina von Alexandria (New York, Metropolitan Museum of Art, Inv.-Nr. 34.73; siehe Abb. 2) und das Reiterbildnis des Don Juan von Österreich mit dem Golf von Neapel im Hintergrund (Madrid, Königspalast). Diese Gemälde sind in hellen und leuchtenden Farben ausgeführt und spiegeln den damaligen Einfluss der Werke Giovanni Lanfrancos in Neapel wider. In diesen Jahren schuf Ribera jedoch auch dunklere und dramatischere Bilder wie beispielsweise das Haupt des Täufers im Museo Filangieri in Neapel (Inv.-Nr. 1455), den Heiligen Simeon mit dem Jesuskind von 1647 in einer Privatsammlung (siehe N. Spinosa, Ribera. L’opera completa, Neapel 2003, S. 373, Nr. A317) und den vorliegenden Heiligen Franziskus im Gebet, der möglicherweise das letzte Gemälde des Künstlers zu diesem Thema war.

Das vorliegende Gemälde befand sich lange Zeit in der Sammlung der Marquesa von Casa Torres und ihrer Nachkommen, wie aus den Inventaren der Gemäldegalerie Casa Torres hervorgeht (siehe J. Lacoste [Hg.], Referencias Fotográficas de las obras de arte en España, Madrid 1914, Nr. 12169).

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

24.04.2024 - 18:00

Schätzwert:
EUR 600.000,- bis EUR 800.000,-

Jusepe de Ribera, gen. Spagnoletto


(Játiva 1591–1652 Neapel)
Der heilige Franziskus im Gebet,
rechts signiert und datiert: Jusepe de/Ribera/español/F./1648,
Öl auf Leinwand, 81,5 x 64,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Sammlung Cesáreo Aragón y Barroeta-Aldámar und seine Frau Blanca Carrillo de Albornoz y Elío, VI. Marquesa de Casa Torres, XVII. Vizcondesa de Baiguer, Madrid;
Weitergabe im Erbgang an deren Tochter, Marquesa de Casa Riera;
Weitergabe im Erbgang an deren Tochter, Duquesa de Medina de las Torres;
Weitergabe im Erbgang;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Wir danken Nicola Spinosa, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes bestätigt hat.

Die Darstellung des büßenden heiligen Franziskus, der mit einer rauen, abgetragenen Kutte bekleidet ist, war zur Zeit der Gegenreformation weit verbreitet und spiegelt ikonografisch den Zeitgeist wider (siehe S. Valenti Rodinò [Hg.], L'immagine di San Francesco nell'età della Controriforma, Ausstellungskatalog, Rom 1983).

Das vorliegende, unveröffentlichte Gemälde Jusepe de Riberas steht mit dem Gemälde Der Heilige Franziskus in Meditation von 1643, das im Palazzo Pitti in Florenz aufbewahrt wird (Inv. 1912 Nr. 73) in Beziehung, weist aber einige bedeutende Abweichungen auf. Auf dem Florentiner Franziskus hält der Protagonist einen Totenkopf in der Hand, ein Objekt der Meditation über die Sterblichkeit des Menschen, während der Heilige auf dem vorliegenden Gemälde mit der rechten Hand an der Brust einen Ausdruck der Reue zeigt – und in der linken Hand ein kleines Kruzifix hält.

Jusepe de Ribera stammte aus Játiva in Spanien und wurde als junger Mann möglicherweise zunächst in der Werkstatt von Francisco Ribalta ausgebildet, der eine wichtige Figur am Übergang vom Manierismus zu einem eher naturalistischen Stil war. Neuere Studien haben ergeben, dass Ribera 1606 aus Valencia nach Italien kam, um seine künstlerische Ausbildung zu vervollständigen; der Maler ließ sich in Rom nieder, wo er zehn Jahre lang blieb (siehe G. Porzio, A. d’Alessandro, Ribera between Rome and Naples: New Documentary Evidence, in: The Burlington Magazine, 157, 2015, S. 682 f.). 1616 zog der Künstler im Gefolge von Don Francisco Ruiz de Castro, der seit 1609 Botschafter Philipps III. am Heiligen Stuhl war und im Sommer 1616 das Amt des Vizekönigs von Sizilien antrat, nach Neapel. Ribera wurde schnell zum wichtigsten Maler der Stadt, betrieb eine florierende Werkstatt und hinterließ einen bleibenden Eindruck auf eine ganze Generation neuer neapolitanischer Künstler wie Giovanni Ricca, Francesco Guarino oder den sogenannten Meister der Verkündigung an die Hirten.

Bei der jüngsten Reinigung der vorliegenden Leinwand wurden die Signatur und die Jahreszahl 1648 entdeckt. Das Werk ist daher am Höhepunkt von Riberas Karriere anzusiedeln, kurz nachdem der Künstler die große, 1641 begonnene und 1647 fertiggestellte Kupfertafel Der heilige Januarius tritt unversehrt aus einem glühenden Ofen hervor an die Cappella del Tesoro di San Gennaro geliefert hatte. 1648 malte Ribera auch die Heilige Familie mit den Heiligen Anna und Katharina von Alexandria (New York, Metropolitan Museum of Art, Inv.-Nr. 34.73; siehe Abb. 2) und das Reiterbildnis des Don Juan von Österreich mit dem Golf von Neapel im Hintergrund (Madrid, Königspalast). Diese Gemälde sind in hellen und leuchtenden Farben ausgeführt und spiegeln den damaligen Einfluss der Werke Giovanni Lanfrancos in Neapel wider. In diesen Jahren schuf Ribera jedoch auch dunklere und dramatischere Bilder wie beispielsweise das Haupt des Täufers im Museo Filangieri in Neapel (Inv.-Nr. 1455), den Heiligen Simeon mit dem Jesuskind von 1647 in einer Privatsammlung (siehe N. Spinosa, Ribera. L’opera completa, Neapel 2003, S. 373, Nr. A317) und den vorliegenden Heiligen Franziskus im Gebet, der möglicherweise das letzte Gemälde des Künstlers zu diesem Thema war.

Das vorliegende Gemälde befand sich lange Zeit in der Sammlung der Marquesa von Casa Torres und ihrer Nachkommen, wie aus den Inventaren der Gemäldegalerie Casa Torres hervorgeht (siehe J. Lacoste [Hg.], Referencias Fotográficas de las obras de arte en España, Madrid 1914, Nr. 12169).

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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 24.04.2024 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 13.04. - 24.04.2024