Lot Nr. 297


Salvator Rosa


Salvator Rosa - Alte Meister

(Neapel 1615–1673 Rom)
Tobias und der Engel,
Öl auf Leinwand, 48,3 x 36,3 cm, gerahmt

Provenienz:
Sammlung Philip Stanhope, 4. Earl of Chesterfield;
Europäische Privatsammlung

Wir danken Caterina Volpi, die die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes nach dessen Prüfung im Original bestätigt hat.

Salvator Rosa hat sich dem Thema von Tobias und dem Engel wiederholt gewidmet – erstmals 1644 in den Fresken im Palazzo Pitti in Florenz und in weiterer Folge in Gemälden. Er mag diese biblische Episode gewählt haben, weil sie es ihm ermöglichte, eine Flusslandschaft als Hintergrundkulisse zu wählen. Landschaften waren schon in der neapolitanischen Frühzeit eine Spezialität des Künstlers, die sich später in der Toskana fortsetzte.

Nach seiner Reise nach Venedig 1662 malte Rosa die im Musée des Beaux-Arts in Straßburg aufbewahrte Fassung von Tobias und dem Engel (siehe C. Volpi, Salvator Rosa (1615–1673) “pittore famoso”, Rom 2014, S. 577, Nr. 298). Wie aus Briefen an seinen Freund Riccardi hervorgeht, entfernte er sich in den kommenden Jahren mehr und mehr von der Landschaftsmalerei. Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich so, dass er sie schließlich ganz aufgab und auch das Format seiner Historienbilder allmählich reduzierte, wobei er sich auf wenige Figuren – oft nicht mehr als eine oder zwei – beschränkte, die er vor einem dunklen, summarisch beschriebenen Hintergrund darstellte. Dieser allmähliche Erschöpfungsprozess wird deutlich, wenn wir die Reihe von Werken mit Tobias und dem Engel genauer betrachten, beginnend mit dem Meisterwerk in Straßburg, gefolgt von dem Bild in einer französischen Privatsammlung (siehe C. Volpi, ebd., S. 559, Nr. 265) und dem kleinen, fein gemalten Gemälde im Louvre (siehe C. Volpi, ebd., S. 569, Nr. 285) bis hin zum vorliegenden Werk. Dieses kleine Gemälde lässt große Sparsamkeit erkennen, die sich in den Werken des Künstlers der 1660er-Jahre findet, etwa in dem Bild David und Goliath in einer Privatsammlung (siehe C.Volpi, ebd., S. 576, Nr. 297). Hier erinnert die Figur des Tobias auch an jene des Achilles in dem Gemälde Achilles und der Kentaur Cheiron von 1666, das sich zum Zeitpunkt des Todes des Künstlers noch in seinem Haus befand (siehe C. Volpi, ebd., S. 582, Nr. 306).

Das vorliegende Gemälde wurde 1767 von R. Earlom und G. Smith für J. Boydell, den Herausgeber der berühmten Sammelwerke A Collection of Prints, Engraved after the Most Capital Paintings in England (hrsg. in 9 Bänden zwischen 1769 und 1792) und A Set of Prints Engraved after the Most Capital Paintings in the Collection of Her Imperial Majesty the Emperess of Russia Lately in the Possession of the Earl of Orford at Houghton in Norfolk (hrsg. zwischen 1773 und 1788), gestochen. Das Gemälde befand sich damals nach der Legende des Stichs in der Sammlung von Philip Stanhope, dem 4. Earl of Chesterfield: Honorable the Earl of Chesterfield/ Sal. Rosa pinxit/ R. Earlom delin./ Gabl. Smith sculpsit/ John Boydel excudit, London 1767/ 17 inc. x 14 inc.

Philip Stanhope, der 4. Earl of Chesterfield (1694–1773), war ein gebildeter Staatsmann, Redner und Politiker, dessen Karriere über viele Jahre an die seines Freundes, Sir Robert Walpole, gebunden war. Als junger Mann unternahm der 4. Earl of Chesterfield eine Bildungsreise durch Europa. Seine gesamte höfische, diplomatische und politische Laufbahn war von Erfolg gekrönt (siehe B. Heltzel, Chesterfield and the Tradition of the Ideal Gentleman, Chicago 1925; S. Shellabager Lord Chesterfield and His World, New York 1971; A. Quondam, Tre inglesi, l’Italia, il Rinascimento: sondaggi sulla tradizione di un rapporto culturale e affettivo, Neapel 2006). Lord Chesterfield übermittelte der Nachwelt die ästhetische und moralische Essenz seiner prägenden Jahre in dem überaus erfolgreichen Briefband Letters to His Son, der 1774 erschien und viel zur Beliebtheit der Grand Tour in Großbritannien beitrug. Während Chesterfield House zwischen 1747 und 1752 in Mayfair erbaut wurde, trug Chesterfield im Laufe seiner zahlreichen Reisen nach Italien, Frankreich und Holland eine Gemäldesammlung zusammen. Seine Kultiviertheit und sein Kunstsinn zeigen sich darin ebenso wie in den Beziehungen, die er zur literarischen Welt unterhielt, etwa zu Voltaire und Horace Walpole. Vermutlich entwickelte sich sein Kunstgeschmack durch seinen engen Kontakt mit dem eifrigen Sammler und Kenner Robert Walpole. So umfasste seine Sammlung neben Werken der führenden Porträtisten seiner Zeit Arbeiten von Peter Paul Rubens, Claude Lorrain und Salvator Rosa. Letzterer war in der Sammlung Walpole durch eine Gemäldeserie, die sich heute in der Eremitage in Sankt Petersburg befindet, besonders ausgiebig vertreten. Die Sammlung Chesterfield enthielt zwar keine Landschaften Rosas, dafür aber gleich drei religiöse Sujets: Die Befreiung Petrus’ aus dem Kerker (siehe C. Volpi, ebd., S. 568, Nr. 282), Die Predigt des heiligen Johannes des Täufers (siehe C. Volpi, ebd., S. 523, Nr. 219) und Tobias und der Engel. Alle drei Gemälde stammen aus der Spätzeit des Künstlers. Es war insbesondere der Verbreitung durch Boydells Stiche zu verdanken, dass Salvator Rosa während der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und im frühen 19. Jahrhundert in Großbritannien als Figurenmaler großes Ansehen genoss.

Das vorliegende Gemälde stellt eine Episode aus dem Buch Tobit dar (VI, 2–9), wonach Tobias, der Sohn des frommen Tobit, von seinem alternden blinden Vater zu einem Verwandten namens Gabaël nach Medien geschickt wurde, um zehn Goldstücke, die er diesem geliehen hatte, abzuholen. Auf der Reise wird Tobias von Erzengel Raffael begleitet und beschützt. Raffael führt ihn über den Fluss Tigris und rät ihm, einen Fisch zu fangen, dessen Galle den Vater bei seiner Rückkehr gesund machen würde.

18.10.2016 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 18.750,-
Schätzwert:
EUR 15.000,- bis EUR 20.000,-

Salvator Rosa


(Neapel 1615–1673 Rom)
Tobias und der Engel,
Öl auf Leinwand, 48,3 x 36,3 cm, gerahmt

Provenienz:
Sammlung Philip Stanhope, 4. Earl of Chesterfield;
Europäische Privatsammlung

Wir danken Caterina Volpi, die die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes nach dessen Prüfung im Original bestätigt hat.

Salvator Rosa hat sich dem Thema von Tobias und dem Engel wiederholt gewidmet – erstmals 1644 in den Fresken im Palazzo Pitti in Florenz und in weiterer Folge in Gemälden. Er mag diese biblische Episode gewählt haben, weil sie es ihm ermöglichte, eine Flusslandschaft als Hintergrundkulisse zu wählen. Landschaften waren schon in der neapolitanischen Frühzeit eine Spezialität des Künstlers, die sich später in der Toskana fortsetzte.

Nach seiner Reise nach Venedig 1662 malte Rosa die im Musée des Beaux-Arts in Straßburg aufbewahrte Fassung von Tobias und dem Engel (siehe C. Volpi, Salvator Rosa (1615–1673) “pittore famoso”, Rom 2014, S. 577, Nr. 298). Wie aus Briefen an seinen Freund Riccardi hervorgeht, entfernte er sich in den kommenden Jahren mehr und mehr von der Landschaftsmalerei. Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich so, dass er sie schließlich ganz aufgab und auch das Format seiner Historienbilder allmählich reduzierte, wobei er sich auf wenige Figuren – oft nicht mehr als eine oder zwei – beschränkte, die er vor einem dunklen, summarisch beschriebenen Hintergrund darstellte. Dieser allmähliche Erschöpfungsprozess wird deutlich, wenn wir die Reihe von Werken mit Tobias und dem Engel genauer betrachten, beginnend mit dem Meisterwerk in Straßburg, gefolgt von dem Bild in einer französischen Privatsammlung (siehe C. Volpi, ebd., S. 559, Nr. 265) und dem kleinen, fein gemalten Gemälde im Louvre (siehe C. Volpi, ebd., S. 569, Nr. 285) bis hin zum vorliegenden Werk. Dieses kleine Gemälde lässt große Sparsamkeit erkennen, die sich in den Werken des Künstlers der 1660er-Jahre findet, etwa in dem Bild David und Goliath in einer Privatsammlung (siehe C.Volpi, ebd., S. 576, Nr. 297). Hier erinnert die Figur des Tobias auch an jene des Achilles in dem Gemälde Achilles und der Kentaur Cheiron von 1666, das sich zum Zeitpunkt des Todes des Künstlers noch in seinem Haus befand (siehe C. Volpi, ebd., S. 582, Nr. 306).

Das vorliegende Gemälde wurde 1767 von R. Earlom und G. Smith für J. Boydell, den Herausgeber der berühmten Sammelwerke A Collection of Prints, Engraved after the Most Capital Paintings in England (hrsg. in 9 Bänden zwischen 1769 und 1792) und A Set of Prints Engraved after the Most Capital Paintings in the Collection of Her Imperial Majesty the Emperess of Russia Lately in the Possession of the Earl of Orford at Houghton in Norfolk (hrsg. zwischen 1773 und 1788), gestochen. Das Gemälde befand sich damals nach der Legende des Stichs in der Sammlung von Philip Stanhope, dem 4. Earl of Chesterfield: Honorable the Earl of Chesterfield/ Sal. Rosa pinxit/ R. Earlom delin./ Gabl. Smith sculpsit/ John Boydel excudit, London 1767/ 17 inc. x 14 inc.

Philip Stanhope, der 4. Earl of Chesterfield (1694–1773), war ein gebildeter Staatsmann, Redner und Politiker, dessen Karriere über viele Jahre an die seines Freundes, Sir Robert Walpole, gebunden war. Als junger Mann unternahm der 4. Earl of Chesterfield eine Bildungsreise durch Europa. Seine gesamte höfische, diplomatische und politische Laufbahn war von Erfolg gekrönt (siehe B. Heltzel, Chesterfield and the Tradition of the Ideal Gentleman, Chicago 1925; S. Shellabager Lord Chesterfield and His World, New York 1971; A. Quondam, Tre inglesi, l’Italia, il Rinascimento: sondaggi sulla tradizione di un rapporto culturale e affettivo, Neapel 2006). Lord Chesterfield übermittelte der Nachwelt die ästhetische und moralische Essenz seiner prägenden Jahre in dem überaus erfolgreichen Briefband Letters to His Son, der 1774 erschien und viel zur Beliebtheit der Grand Tour in Großbritannien beitrug. Während Chesterfield House zwischen 1747 und 1752 in Mayfair erbaut wurde, trug Chesterfield im Laufe seiner zahlreichen Reisen nach Italien, Frankreich und Holland eine Gemäldesammlung zusammen. Seine Kultiviertheit und sein Kunstsinn zeigen sich darin ebenso wie in den Beziehungen, die er zur literarischen Welt unterhielt, etwa zu Voltaire und Horace Walpole. Vermutlich entwickelte sich sein Kunstgeschmack durch seinen engen Kontakt mit dem eifrigen Sammler und Kenner Robert Walpole. So umfasste seine Sammlung neben Werken der führenden Porträtisten seiner Zeit Arbeiten von Peter Paul Rubens, Claude Lorrain und Salvator Rosa. Letzterer war in der Sammlung Walpole durch eine Gemäldeserie, die sich heute in der Eremitage in Sankt Petersburg befindet, besonders ausgiebig vertreten. Die Sammlung Chesterfield enthielt zwar keine Landschaften Rosas, dafür aber gleich drei religiöse Sujets: Die Befreiung Petrus’ aus dem Kerker (siehe C. Volpi, ebd., S. 568, Nr. 282), Die Predigt des heiligen Johannes des Täufers (siehe C. Volpi, ebd., S. 523, Nr. 219) und Tobias und der Engel. Alle drei Gemälde stammen aus der Spätzeit des Künstlers. Es war insbesondere der Verbreitung durch Boydells Stiche zu verdanken, dass Salvator Rosa während der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und im frühen 19. Jahrhundert in Großbritannien als Figurenmaler großes Ansehen genoss.

Das vorliegende Gemälde stellt eine Episode aus dem Buch Tobit dar (VI, 2–9), wonach Tobias, der Sohn des frommen Tobit, von seinem alternden blinden Vater zu einem Verwandten namens Gabaël nach Medien geschickt wurde, um zehn Goldstücke, die er diesem geliehen hatte, abzuholen. Auf der Reise wird Tobias von Erzengel Raffael begleitet und beschützt. Raffael führt ihn über den Fluss Tigris und rät ihm, einen Fisch zu fangen, dessen Galle den Vater bei seiner Rückkehr gesund machen würde.


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 18.10.2016 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 08.10. - 18.10.2016


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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